Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
The Hood

The Hood

Titel: The Hood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Knight
Vom Netzwerk:
nicht vor Gericht.
    Es wird jedoch offensichtlich, dass die belastenden Beweise gegen Merlin letztlich nicht die Zeugenaussagen sind, sondern die Mobiltelefone. Die Anklage gegen ihn hängt von dem Beweis ab, dass er sich im Fahrzeug der Mörder befunden hat. Der Staatsanwalt präsentiert den Geschworenen die Strecke, die der Wagen gefahren ist, wie sie aus dem Filmmaterial von Überwachungskameras und Zeugenaussagen rekonstruiert werden konnte. Dann zeigt er ihnen, dass Anrufe, die etwa zur Zeit des Mordes von Merlins Mobiltelefon geführt wurden, exakt die Route des Wagens spiegeln. Durch Triangulation des Datenmaterials kann der genaue Aufenthaltsort zu bestimmten Zeiten ermittelt werden. Das Bild, das den Geschworenen bleibt, ist ein Merlin, der mehrfach telefoniert, unmittelbar nachdem er Kyle bei der Trauerfeier erschossen hat.
    Merlin berät sich mit seinen Verteidigern. Er tut es mit einem Achselzucken ab. Seine einzige Verteidigung ist, dass nicht er telefoniert hat. Er befand sich zu keinem Zeitpunkt in diesem Auto. Es ist nicht einmal sein Telefon.
    »Wie wollen Sie die Geschworenen denn davon überzeugen, dass es nicht mal Ihr Telefon ist?«, fragt sein Anwalt.
    Merlin denkt sich einen Haufen Ideen aus, doch sein Verteidigungsteam schüttelt nur den Kopf. Sie wissen nicht, ob etwas davon brauchbar sein könnte. Merlin funkelt sie über den Tisch hinweg an. Diese Leute arbeiten für ihn, aber sie ignorieren seine Anweisungen. Er ist es gewohnt, absolute Kontrolle auszuüben. Er foltert Menschen, die nicht spuren. Er hat in South Manchester ein riesiges kriminelles Imperium geleitet. Diese Weicheier in ihren Anzügen und Krawatten werden ihn nicht wie einen Schlafwandler in eine dreißigjährige Haftstrafe latschen lassen.
    Also feuert er alle.
    Von nun an wird er sich selbst verteidigen. Nun werden die Angehörigen der Toten es jeden Tag ertragen müssen, dass Merlin im Gerichtssaal herumstolziert, als wäre er Tom Cruise in Eine Frage der Ehre .
    Einen Monat nach Prozessbeginn beschreibt ein Augenzeuge den eigentlichen Mord. Kyles Familie hört eine sehr plastische Schilderung, wie Kyle starb, dass ihm Blut aus Mund und Nase lief. Für seine ältere Schwester Kemi ist das zu viel. Sie rennt durch die Tür hinaus auf den Korridor des Crown Court und bricht schluchzend auf einer Bank zusammen. Svensson folgt ihr. Inzwischen ist ihm Kemi näher als Talitha. Sie ist eher sein Typ, und er fühlt sich wohl in ihrer Gesellschaft. Auf dem Korridor begegnet er einem uniformierten Liverpooler Polizisten. »Keine Sympathie für die!«, raunt der Bulle ihm zu.
    Svensson baut sich vor ihm auf.
    »Sie sind mindestens genauso Opfer wie der Typ, der erschossen wurde«, sagt er durch zusammengebissene Zähne. »Sie verfluchter Wichser.«
    Er geht zu ihr hinüber und setzt sich neben sie.
    Zwei Monate vergehen, und Svensson verbringt so viel Zeit in Liverpool, dass er kein einziges Mal in der Zentrale erscheint. Eines Abends schaut er dann doch auf einen Sprung vorbei. Als er Svensson sieht, dreht sich ein junger Kerl auf seinem Schreibtischstuhl um und steht auf.
    »Ich weiß nicht, ob einer von euch DC Anders Svensson kennt. Darf ich also vorstellen …«
    Er macht eine ironische Vorstellungsrunde. Aber der Prozess zieht sich in die Länge. Es gibt achttausend kriminaltechnische Beweisstücke. Es dauert sechs Monate. Als es endlich vorbei ist, hat das Verfahren fünf Millionen Pfund gekostet.
    In den letzten Tagen erhebt Merlin sich zu seinem eigenen Schlussplädoyer, um alles zusammenzufassen, was bislang passiert ist. Er muss sich der Reihe nach mit den beiden Morden befassen, zuerst Antoine Gayle, dann sechs Wochen später Kyle.
    »Meine Damen und Herren«, beginnt er. »Ich habe Antoine Gayle nicht umgebracht.«
    Verdammte Scheiße, denkt Svensson. Das wird gut. Aber diese Eröffnung, wird er später Kollegen erzählen, war auch schon der Höhepunkt von Merlins Zusammenfassung. Er redet viereinhalb Tage. Seine wesentlichen Argumente, warum die Mobiltelefone nicht ihm gehören, werden vom Richter angezweifelt. Er behauptet, nicht im Auto gesessen zu haben, scheint aber doch exakt zu wissen, wer wen angerufen hat. Zu Beginn spricht er von Svensson als »dem vor Gericht anwesenden Officer«, einen Tag später wird es »Detective Constable Anders Svensson« und gegen Ende, etwa am vierten Tag, ist es einfach nur noch »Anders«. Der Richter und die anderen Mitglieder des Gerichts werden zunehmend ungeduldig. Am Morgen

Weitere Kostenlose Bücher