The Hood
geschafft hat, anständig zu bleiben.
»Wie hast du es geschafft, da nicht reingezogen zu werden?«
»Diesen Typ Mann fand ich noch nie attraktiv«, antwortet sie achselzuckend. »Ich war schon immer mehr ein richtiges Mädchen. Ich lese beispielsweise gern.«
Oprah Winfrey ist ihr großes Vorbild, und sie orientiert sich an ihrem Buchclub. Wenn sie sonntags freihat, kann sie ein ganzes Buch lesen.
»Auf was stehst du?«
»Ich mag Autobiographien«, sagt sie. »Und Virginia Andrews. Kennen Sie Blumen der Nacht ?«
Svensson hatte schon von Julie Andrews gehört, aber nicht von dieser hier. Klingt nach einem Mädchenbuch. Er selbst liest viel True Crime. Sie erzählt ihm, wie es mit Kyle bergab ging, nachdem sein Bruder Dexter erschossen wurde. Sie versucht mit ihrem Verlust klarzukommen, indem sie entscheidet, dass es wohl eher ein männliches Ding ist, von der Spirale des Verlangens nach Rache heruntergezogen zu werden. Der Verlust von Dexter bestätigte ihr nur, dass es erheblich gefährlicher ist, ein junger Mann zu sein, bei all den Gefahren und Zwängen, denen sie ausgesetzt sind. Sie bewegt sich immer noch auf diesen Straßen und fühlt sich sicher, einfach weil sie ein Mädchen ist. Svensson weiß, dass Kyles Freund Wes mit einer kugelsicheren Weste auf der Toilette eines Stripperschuppens einen Kopfschuss bekommen hat. Wes’ Mutter macht seine Freunde für den Tod verantwortlich. Kyles Grab liegt nur ein Stück weit entfernt von Wes’ Grab. Als jemand es verunstaltete, richteten zwei Cops es wieder her. Das alles behält er für sich. Beim Rückweg zum Gerichtssaal bleibt er mit Talitha ein Stück hinter den anderen zurück.
Auf dem Parkplatz begegnen sie einer Gruppe Kids von den Gooch. Es sind Merlins Leutnants, die gekommen sind, um ihren General zu unterstützen. Sie entdecken die Familie und blicken finster. Einer schnipst eine Zigarette fort und verhöhnt sie. Sie kommen näher, drohen mit verzerrten Mündern. Ein Typ macht obszöne Handbewegungen, folgt ihnen. Svensson schiebt sich zwischen die Gruppen, versperrt ihnen den Weg. Er nennt ruhig ihre Namen. Sie kennen ihn. Er steht da wie aus Granit. Als sie fort sind, kommt er herüber.
»Letztlich«, sagt er, als er den Familienmitgliedern Feuer gibt, »gehöre ich zur größten Gang in ganz Manchester.«
Sandy sagt aus, dass Merlins Gang Waffen auf ihrem Dachboden gelagert hat, dass sie gesehen hat, wie sie in Tüten offenbar schwere Gegenstände von dort oben heruntergetragen haben. Ihr Bruder ist dann raufgegangen und hat ein Maschinengewehr entdeckt, das in Plastikfolie gewickelt war. Er war alles andere als erfreut und hat ihr gesagt, sie solle vorsichtig sein. Svensson beobachtet sie aufmerksam, wie sie mit zitternder Stimme ihre Aussage macht. Er geht davon aus, dass die Verteidigung ihre Glaubwürdigkeit in Frage stellen und sie als quasselnden alten Junkie darstellen wird. Weitere Kronzeugen sind unter bewaffnetem Schutz in einem nahe gelegenen Hotel untergebracht. Ein ständig einsatzbereiter Wagen mit bewaffneten Polizisten parkt in der Nähe. Die Kronzeugen sind ehemalige Komplizen der Angeklagten. Wie sehr können die Geschworenen sich auf die Aussage eines alten Gang-Bangers verlassen, der einen Groll hegt? Die Verteidigung wird ihre Aussagen auseinandernehmen.
Merlin und Flow erscheinen mit fünf weiteren Gangmitgliedern. Einer davon ist Trench, von dem Svensson hofft, dass er der Wackelkandidat ist. Seine Informationen legen nahe, dass Trench Merlins Autorität als Anführer nicht akzeptiert, und man hat ihn auch schon sagen hören, dass sie gleichrangig sind. Er stand mal einem Gangmitglied nahe, das jetzt genug Angst hat, um mit den Bullen zusammenzuarbeiten. Trench macht sich allmählich Sorgen, was dieser Zeuge vor Gericht sagen wird. Am Tag vor seiner Zeugenaussage geht er ein hohes Risiko ein. Er hat sich ein Mobiltelefon besorgt und ruft den Zeugen in seinem Hotelzimmer an.
»Scheiß auf Merlin«, flüstert er. »Das Arschloch interessiert mich nicht mehr. Er ist mir egal.«
Der Zeuge hört beklommen zu. Trench fährt fort, Merlin zu denunzieren. Der Zeuge wirft nervöse Blicke auf die digitale Anzeige des Aufnahmegeräts und die Kabel, die zu seinem Telefon führen. Die Bullen haben ihn mit diesem Hightech-Zeugs ausgestattet. Sie haben sich schon gedacht, dass Trench anrufen würde.
Das Band wird am nächsten Tag abgespielt. Merlin hört mit versteinerter Miene zu.
Trench behauptet, Grippe zu haben, und erscheint
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