The Hood
sich auf einen oder zwei Kriminelle konzentrieren sollte. Merlin und Flow waren Svensson zugeteilt. Sie sind sein Lebenswerk. Seine Augen wandern weiter zu Merlin, der seinen Blick eiskalt erwidert. Er hat mehr als ein Jahrzehnt eine mörderische Herrschaft ausgeübt, denkt Svensson. Er kann nicht glauben, dass es jetzt zu Ende gehen könnte.
Wieder wird der Sprecher der Geschworenen um seinen Urteilsspruch gebeten.
»Schuldig.«
Merlin wendet seinen Blick nicht ab, sieht Svensson weiter unverwandt an. Er hat eine Botschaft für ihn. Deutlich artikuliert er die Worte: »Und? Bist du jetzt glücklich?«
Svensson hört das Blut in seinen Schläfen pochen. Er kann die Urteilssprüche für Trench und die anderen Associates nicht im Gerichtssaal abwarten. Er geht hinaus auf den Korridor und wandert wie benommen auf und ab. Er geht durch die schwere zweiflügelige Tür hinaus ins Tageslicht. Dann nimmt er sich eine Zigarette und steckt sie an. Er inhaliert den Rauch und lässt ihn zwischen zusammengebissenen Zähnen an den Mundwinkeln wieder austreten. Fünfzehn Jahre Arbeit, und jetzt verschwinden sie endgültig von der Straße. Sein Telefon klingelt. Es ist einer seiner Vorgesetzten, der sich auf dem Weg in eine Konferenz befindet und die Urteile hören will. Der Officer hat seit über einem Jahr nicht mehr mit Svensson gesprochen. Die Familien der Opfer kommen der Reihe nach durch die zweiflügelige Tür heraus.
»Schuldig«, sagen sie ihm. »Alle.«
Merlin und Flow werden jeweils zu fünfunddreißig Jahren verurteilt. Flow wird Berufung einlegen.
Als Svensson sich auf den Heimweg macht, ist es dunkel. Er macht die kargen Berge von Buxton aus, wo ihn ein leeres Haus erwartet. Seine zweite Ehe, die acht Jahre gehalten hat, ist gescheitert. Seine Frau hat ihn mit ihrer gemeinsamen Tochter verlassen. An manchen Abenden geht Svensson jetzt in die Stadt und trinkt bis tief in die Nacht. An einem Abend, als ein anderer Cop mit achtundvierzig in den Ruhestand geht, lassen Svensson und ein Kollege sich dermaßen volllaufen, dass sie am Ende in einer Karaoke-Bar ein Duett singen. Der andere Bulle torkelt nach Hause zu seine Ehefrau und Tochter. Svensson bleibt allein zurück und schleppt ein Mädchen ab. Zu Hause, in seinem Bett, sieht er, dass ihr Rücken vom Nacken bis zum Po komplett mit einem Drachen tätowiert ist. Er ist so fasziniert, dass er mit seinem Mobiltelefon ein Foto macht und es am nächsten Tag Kollegen zeigt.
An manchen Abenden geht er nicht nach Hause, sondern zum Trinken in ein Striplokal in der Stadt.
Er fühlt sich weiter beklommen. Noch Monate später sieht er im Dunkeln Merlins Gesicht, wie er ihn quer durch den Gerichtssaal anstarrt und fragt: »Und? Bist du jetzt glücklich?« Er steht auf und schließt das Fenster. Er hört im Nachbarzimmer seinen Klingelton, der, den er für Informanten reserviert hat. Als er drangeht, plärrt ihm dröhnender Rap ins Ohr. Ein Mädchen schreit. Es klingt, als befände sie sich in einem Auto. Dann erkennt er Chanelle. Ihr neuer Freund, ein 18-jähriger Drogendealer und Gangster, hat anscheinend die Stereoanlage lauter gedreht, um ihre Stimme zu übertönen. Sie brüllt Svensson zu, er solle ihr helfen, doch ihre Worte werden von dem Höllenlärm verschluckt. Svensson weiß, dass ihr Freund gerade mit ein paar Freunden einen Actionfilm geschaut hat. Er wurde sauer wegen irgendwas, verprügelte sie und drückte eine brennende Zigarette auf ihren Hals. Er drohte damit, den Gooch zu erzählen, dass sie mit den Bullen geredet hat. Plötzlich ist die Verbindung weg. Er muss ihr das Handy weggenommen und aus dem Fenster geworfen haben.
Svensson steckt sein Mobiltelefon weg und legt sich hin. Er macht sich Sorgen um sie, wegen dieses neuen Schlägers. Er denkt auch über Whippet nach, der mal wieder wegen eines Drogendelikts vor Gericht steht. Er hat eine Menge Arbeit investiert, ihn zur Rechenschaft zu ziehen. Nach der Verfolgungsjagd mit dem Auto ist er auch noch dran wegen gefährlichen Fahrverhaltens, aber nur mit einem Schuldspruch in dem Drogen-Verfahren wird er aus dem Verkehr gezogen. Das Flurlicht brennt. Svensson steigt wieder aus dem Bett und starrt aus dem Fenster auf die Umrisse der Bäume. Kann er denn nie aufhören?
Svenssons Ex erlaubt ihm, eine Geburtstagsparty für seine Tochter Jessica zu veranstalten, die vierzehn wird. Eine Horde Teenager taucht auf und dreht Miley Cyrus voll auf. Jessica nimmt einen Schluck Smirnoff Ice und geht zu ihrem
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