The Hood
Freunde den Raum und vergewaltigen sie. Oder Mädchen müssen nacheinander einer ganzen Reihe von Gangmitgliedern einen blasen, und die filmen das Ganze mit ihren Handykameras.
Also verdrängte er das alles einfach. Er verdrängte eine Menge Dinge. In seinem Kopf ging er einfach an einen anderen Ort, genau wie er einfach so tat, als könnte er nichts hören. Das hatte er von klein auf gelernt. Er konnte einfach abschalten und darüber nachdenken, Geld zu machen. Über etwas anderes dachte er gar nicht nach. Nur übers Geldverdienen.
Es ging nicht lange gut bei seiner Schwester. Beide konnten nicht gut mit Menschen zusammen sein. Pilgrim war wie ein Reisender, er musste in Bewegung bleiben. Sie wollte ihn aus der Wohnung haben. Dem Wohnungsamt erzählte sie, sie habe medizinische und psychische Probleme. Sie erzählte ihnen, Pilgrims Vater sei gestorben.
Sie waren nicht in der Lage, ihm eine Wohnung zu besorgen, allerdings fand man für ihn ein Zimmer in einem Altersheim.
»Immerhin größer als die Besenkammer«, seufzte Pilgrim, als er sich umschaute. Er untersuchte das Bett. Ein weißes Metallbett mit einem Metallrahmen und obendrauf fünfzehn Zentimeter Matratze. Das ganze Ding war am Boden festgeschraubt. Er legte sich darauf. Es war ausgesprochen unbequem, die Sprungfedern bohrten sich ihm in den Rücken. Es war ein Gefängnisbett.
Er wohnte jetzt mit Alten zusammen. Seinen richtigen Namen verriet er nicht. Sie sahen alle aus, als könnten sie jeden Moment sterben.
»Ach, David, du gehst nicht zum Abendessen?«
»Nein, ich gehe duschen.«
»Komm und plaudere mit uns.«
Aber er wollte keinen Kartoffelbrei und grüne Erbsen essen. »Ich esse morgen mit euch.«
Der Typ im Zimmer neben Pilgrim legte jeden Morgen dieselbe Schallplatte auf. Es war ein Sänger mit einer tiefen, kehligen Stimme. Er sang schmachtend ein paar einsame Songs. Pilgrim steckte den Kopf ins Zimmer. Sein Nachbar, weiß, Engländer, gepflegt gekleidet mit glänzend polierten Schuhen, tanzte auf irgendeine altmodische Art durchs Zimmer, setzte einen Fuß zur Seite und zog dann den anderen nach. Immer rundherum.
Pilgrim plauderte mit ihm. Er kam aus dem East End, arbeitete früher an einem Obst- und Gemüsestand auf dem Markt in der Brick Lane. Er sagte, als er aufwuchs, hätte er die Krays gekannt und alles. Er musste in das eine oder andere Ding verwickelt gewesen sein, davon war Pilgrim überzeugt. Pilgrim musste lachen, wie er die Krays bewunderte. Wie kann man zu solchen Männern aufsehen? Pilgrim hatte nie eine Vaterfigur respektiert, auf der Straße gab es niemanden, dem er vertraute, es gab keinen General oder Chef, den er bewunderte. Er kam nur mit Solo zurecht, weil Solo ihn mit Respekt behandelte.
»Reiß nicht alle Brücken hinter dir ab, sonst wird dich niemand besuchen kommen wollen«, sagte der alte Mann ihm. »Lebe dein Leben auf die richtige Art und Weise, denn früher oder später wirst du so enden wie ich.«
Er erzählte Pilgrim, dass sich seine Familie nicht mehr um ihn kümmern konnte. »Ich will keinem zur Last fallen.«
Er wusste, dass Pilgrim nachts heimlich Mädchen auf sein Zimmer schmuggelte. »Hab dich letzte Nacht gesehen«, sagte er augenzwinkernd. »Wenn du schon nicht brav sein kannst, dann sei zumindest vorsichtig.«
In der Zelle denkt er an all diese Augenblicke zurück. Schließlich verweilt er bei seinem Vater. Viele der anderen Häftlinge sind vaterlos. Ihre Dads haben sich bereits in frühen Jahren davongestohlen. Sein Vater ist bei ihm geblieben. Er stellt sich die Hölle vor, in die er diesen Mann geschickt hat, als Gangster-Kind, das sich auf der Straße Geld verdient. Es schmerzt ihn.
Er sitzt seine sechs langen Jahre ab und beendet die Haftstrafe im Bullingdon Prison in Oxford, einem neuen Gefängnis mit Galerien. Es ist gefährlich überfüllt mit neunhundert Insassen, die dort vor sich hin brodeln. Die mit zwei Mann belegten Zellen sind extrem beengt. Die Fortbildungsmöglichkeiten sind ziemlich schlicht. In der Bibliothek gibt es keinen Platz. Ein Häftling erträgt das alles nicht mehr und bricht aus. Pilgrim ist ein Sträfling der Kategorie B, eine Stufe unter Kategorie A für die gefährlichsten Verbrecher, die in Hochsicherheitsgefängnissen untergebracht werden.
Schließlich wird er auf Bewährung entlassen. Er findet sich auf den Straßen von Hackney wieder. Es ist 2005. Im Knast hat er sich geschworen, sein Leben zu ändern. Jeder schaut gespannt auf seinen nächsten
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