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The Hood

The Hood

Titel: The Hood Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gavin Knight
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fuhren in einem Auto an mir vorbei. Und ich dachte, gottverdammte Scheiße, das will ich jetzt auch.«
    Sie lachen. Er ist ihr sympathisch. Ihr Blick fällt auf Davids Akte. Da klebt ein Post-it mit dem einen Wort: »Easterhouse«.
    »Schon mal in Easterhouse gearbeitet?«
    »Ich war auf Streife in Easterhouse. Das war super. 1986. Das war unmittelbar nach den Aufständen in Barlinnie.«
    »Haben Sie schon viele Kämpfe von Gangs erlebt?«
    »Das war normal.« Er setzt sich mit einer Pobacke auf die Kante ihres Schreibtischs, kommt in Fahrt, anscheinend ein ziemlicher Geschichtenerzähler. »Wir hatten Braune-Papiertüten-Tage. Ein Braune-Papiertüten-Tag war ein Samstag oder Sonntag. Wenn man zur Tagschicht reinkam, lagen auf der ganzen Treppe braune Papiertüten voller blutiger Kleidungsstücke, wissen Sie, mit raushängenden Schildern. Irgendwer sagte dann so was wie: ›Finger weg! Das gehört mir! Hab das noch nicht zugeordnet!‹ Dann kam man in den Wartebereich, und da lagen dann zwei Leute und schliefen, und es gab Zeugen, die viel zu besoffen waren, also behielt man sie zum Ausnüchtern da, damit man sie morgens vernehmen konnte.«
    Es ist immer in Verbindung mit zu viel Alkohol, denkt Karyn. Muss irgendwie mit Angeberei zu tun haben.
    »In der Nachtschicht haben wir nicht viel geschafft. Wir konnten nur auswählen und Feuerwehr spielen. Man war da und tat, was man tun konnte. Wenn es sich um eine schwere Körperverletzung oder einen Tötungsversuch handelte, fuhr man runter ins Krankenhaus, stellte die Kleidung sicher, versuchte eine Aussage des Opfers zu bekommen. Wenn sie einem sagten, man solle sich verpissen, ließ man sie noch im Notizbuch unterschreiben. So hatte man morgens immerhin einen Vermerk, aus dem hervorging, was man gemacht hatte, was noch getan werden musste und um wen es ging. Im Grunde versuchte man nur, seine Arbeit zu erledigen.«
    »Das hat der andere Typ auch gesagt«, meint Karyn. »Seine ­Arbeit erledigen.«
    Danach plaudert sie bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit John. Sie sind wie Yin und Yang, aber er ist beliebt und vorurteilsfrei. Er ist bereits sechsunddreißig Jahre dabei. Die Leute unterbrechen ihre Arbeit und hören John zu. Außerdem hat er jede Menge Abzeichen auf der Schulter. Sie arbeiten immer noch hart, ihre Abteilung, die ganze Kriminalpolizei, sie alle. Gegen Jahresende lässt sie eine Zeitung auf Johns Schreibtisch fallen und tippt mit einem Finger auf eine Überschrift. »Lies das«, sagt sie. »›Neuer Bericht der schottischen Regionalregierung veröffentlicht.‹«
    John nimmt die Zeitung in die Hand und schlägt sie auf. »›2003 hatte Glasgow die höchste Mordrate aller westeuropä­ischen Städte‹«, liest er laut vor.
    Es wird 2004, und die Zahl der Toten geht nicht zurück. In drei Monaten sind achtzehn Morde zu verzeichnen. Im März kommt es zu einem dermaßen brutalen Mord, dass die gesamte Polizei erschüttert ist.
    Der fünfzehnjährige Kriss Donald wird in Pollokshields auf offener Straße von einer Gang in ein Auto gezerrt. Sie fahren ihn zweihundert Meilen nach Dundee und wieder zurück, hängen dabei die ganze Zeit an ihren Handys auf der Suche nach einem Haus, zu dem sie ihn bringen können. Sie fahren ihn nach Glasgow zurück, zum Clyde Walkway in der Nähe des Stadions von Celtic Glasgow. Dann halten sie ihn fest und stechen dreizehn Mal auf ihn ein, wobei ein Lungenflügel und die Nieren verletzt werden. Er lebt noch. Während er stöhnend auf dem Boden liegt, überschütten sie ihn mit Benzin und zünden ihn an.
    Als der verkohlte Leichnam später gefunden wird, hält man ihn zunächst für ein Tier.
    Karyn legt die Akte aus der Hand, schüttelt den Kopf und sagt zu John: »Können Sie sich vorstellen, was dieser arme Junge durchgemacht hat? Er gehörte nicht mal einer Gang an. Hat einfach nur in der falschen Gegend gewohnt.« Sie steht auf und geht im Büro auf und ab. »Was tun wir hier eigentlich? Was richten wir wirklich aus? In dreißig Jahren hat sich nichts verändert. Wir leisten hervorragende Arbeit bei der Aufklärung von Straftaten, aber an unserer Mordrate haben wir nie wirklich etwas geändert.«
    Einen Monat später, im April, wird in einer Sackgasse in Springboig ein sechsundvierzigjähriger Drogenbaron zusammengesunken hinter dem Steuer seines silbernen Mercedes aufgefunden. Kopfschuss. Und freitagnachts gehen die Gangs immer noch mit Äxten und Tischlerhämmern aufeinander los.
    »Ich habe so eine dunkle Ahnung, dass

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