The Hood
ein regelmäßiges Ereignis an Freitagabenden, wenn sich Kids aus den weiter draußen liegenden Sozialsiedlungen in der Glasgower Innenstadt oder auf Brücken über den Clyde treffen. Sie bekämpfen sich mit Beilen und Gerüststangen, die sie von Baustellen holen, oder mit Samurai-Schwertern und Macheten, die normalerweise einen Ehrenplatz über dem Kamin einnehmen. Auf dem Bildschirm stürmt eine Truppe Jungs über die Sauchiehall Street, Glasgows Hauptstraße, drischt vor einer belebten Einkaufspassage auf ihre Rivalen ein und läuft zurück. Ein Opfer sinkt hinter einem Auto zu Boden. Fünf Typen stehen über ihm. Machetenhiebe regnen auf ihn nieder. Karyn sieht mit grimmiger Miene zu. Es sieht so aus, als versuchten sie, ihm den Kopf abzuhacken.
»Sehen Sie sich diese Kerle an«, sagt Margaret ruhig und tippt seitlich auf den Monitor. Karyns Blick wandert von dem Angriff auf den Bürgersteig direkt daneben. Ältere Passanten schlendern mit Einkaufstüten in der Hand vorbei, plaudern auf ihrem Nachhauseweg. »Wie bei einem Sonntagsspaziergang.«
Karyn beugt sich weit in ihrem Stuhl vor, als die Kamera auf einen einzelnen Jungen mit Baseballmütze zoomt. Er hat ein Messer in der Hand. Irgendwer rennt an ihm vorbei, und er zieht ihm das Messer quer über die Brust. Der Junge sieht das Blut auf seinem Messer an, dann reckt er jubelnd seine Faust in die Luft. Er ist blutverschmiert, hat sich seine Sporen verdient. Karyn registriert das alles.
»Das Opfer erhielt einen Stich in den Oberkörper«, erläutert Margaret. »Er hat nichts mit dem eigentlichen Kampf zu tun. Ist nicht mal ein Gangmitglied. Einfach nur ein unschuldiger Passant. Er starb noch am Tatort.«
»Und was ist mit diesem Jungen?«
»David«, sagt Margaret. »Er hat das Messer schon früher an jenem Abend benutzt, um jemandem die Baseballkappe abzunehmen. Er bekommt sieben Jahre wegen Totschlags.«
Karyn sitzt da und sagt nichts.
»Es war nicht sonderlich schwierig, den Fall aufzuklären«, fährt Margaret fort, »mit dem Filmmaterial der Überwachungskameras, der DNA und den Augenzeugen.«
»Nicht schwierig aufzuklären«, sagt Karyn schließlich. »Aber schwierig zu verhindern.«
»Jep.« Margaret zuckt die Achseln. Sie schaut auf die Uhr.
»Ich will alles über das Leben dieses Jungen wissen«, sagt Karyn. »Familiärer Hintergrund. Seine komplette Geschichte, seit er ein kleiner Junge war.«
Margaret nickt und geht. Einige Tage später erscheint sie in Karyns Büro und legt einen braunen Ordner auf ihren Schreibtisch. Sie zieht sich einen Stuhl heran und stellt ihn energisch neben Karyns Schreibtischsessel, blättert schnell durch die Ergebnisse ihrer Nachforschungen.
»Sein Bezirk steht auf Platz vierzehn der am meisten benachteiligten Wohngegenden Schottlands. Es gibt dort jede Menge Gangs, die massiv ihr Revier verteidigen und ausnahmslos nur zum Spaß Gewalt ausüben. Mit Messern, Golfschlägern, Ziegeln oder Flaschen – was immer gerade zur Hand ist. David hat mit einer dieser Gangs zu tun. Mit zwölf ist er zweimal angeklagt wegen Ruhestörung. Vermutlich haben seine Eltern jegliche Kontrolle über ihn verloren. Mit dreizehn Anklagen wegen Einbruch, Körperverletzung, Ladendiebstahl und Diebstahl. Zwischen vierzehn und fünfzehn klaut er Autos, trinkt mehr, schnüffelt Lösungsmittel.«
»Mit anderen Worten, er ist ein Ned«, sagt Karyn trocken. »So würde es die Boulevardpresse ausdrücken. Ein gewalttätiger Schläger, ein Hooligan, ein Halbstarker, Abschaum, Asozialer, verwildertes Kid. Nur ein weiterer außer Kontrolle geratener Jugendlicher, der vor nichts und niemandem Respekt hat.«
»Aye.«
»Fahren Sie fort.«
»Geboren ist er Mitte der achtziger Jahre. Seine Mum ist Alkoholikerin und lebt von der Sozialhilfe. Er hat eine Schwester. Im Alter von drei Jahren zieht er wegen häuslicher Gewalt mit seiner Mutter aus. Im darauffolgenden Jahr ziehen er und seine Mum wegen anhaltender Belästigungen durch den Expartner der Mutter wieder um, diesmal in den Bezirk, der auf Platz neun der Liste der schlimmsten sozialen Brennpunkte liegt. Drei Jahre später ziehen sie erneut um. David ist sieben. Als David acht wird, kommt seine Mutter nicht mehr mit ihm zurecht, und David zieht unter der Woche zu seiner Großmutter. In diesem Haushalt leben drei erwachsene Onkel, die es zusammen auf einhundertzwanzig Vorstrafen bringen, in erster Linie wegen Drogen und gewalttätiger Übergriffe. Ein Jahr später wird Davids Familie ein
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