The Hunter - Die komplette erste Staffel
Mund stand offen. Unmöglich! Wie konnte das sein?
10
San Bernardino – Ruth
Alex parkte den BMW vor Medinas Haus, sein Herz schlug heftig, als er zur Haustür sah, und plötzlich erfasste ihn Unsicherheit. Eigentlich hatte sie ihm unmissverständlich klar gemacht, dass sie ihn nicht attraktiv fand, dass sie ihn nicht wollte und niemals begehren würde. Eigentlich...
Er fasste sich ein Herz, stieg aus und klingelte. Doch nichts passierte. Er klopfte, aber niemand öffnete. Traurig ließ er die Schultern hängen, umrundete das Haus, sah in die Fenster, aber Medina war allem Anschein nach nicht da. Hoffentlich war ihr nichts passiert?
„Sie ist nach New York geflogen.“
Erschrocken wandte sich Alex um. Ruth stand vor ihm, und heute sah sie noch mehr wie ein Paradiesvogel aus, als üblich. Grellgrüne Lockenwickler hingen im Haar, den sonst pinkfarbenen Lippenstift hatte sie gegen einen roten ausgetauscht. Die Leggins waren neongelb und betonten ihre Fettschichten. Dazu trug sie High Heels in orange und ein riesiges T-Shirt mit einem T-Rex aus Glitter vorne drauf. Alex musste unwillkürlich nach Luft schnappen.
„Nach New York? Wann?“
Ruth tat so, als müsse sie überlegen. Am liebsten hätte er sie geschüttelt. „Vor einigen Tagen. Sie meinte, wenn Sie zurückkommen, soll ich Ihnen das sagen.“ Wenn ich zurück komme? Das bedeutet, sie hat mich erwartet? In ihm keimte Hoffnung auf. Kurzerhand nahm er das schwabbelige Gesicht von Ruth in die Hände und drückte ihr einen Kuss auf die Wange. Mit großen Augen starrte sie ihn an. „Danke!“
Alex ließ sie stehen, rannte zu seinem Wagen und raste mit quietschenden Reifen die Straße hinunter. Seit einigen Tagen. Was zum Henker sucht sie in New York?
Wieder bemerkte er die Blicke nicht, die ihn verfolgten.
11
New York
Atemlos blickte sie in die Augen, die ihr so bekannt waren. Die sie vor zwölf Jahren zum letzten Mal gesehen hatte. Immer noch stand sie im Fahrstuhl. Der Mann nahm ihre Hand, zog sie sanft in den Flur. „Ich habe dich erwartet.“ Sanft, weise und ruhig drang seine Stimme an ihre Ohren.
„Was… wie… ist das möglich?“, stotterte sie, ließ sich von ihm durch den Flur führen.
„Ich werde dir alles erklären. Lass uns in mein Büro gehen.“ Immer wieder warf sie einen Blick auf ihn. So hatte sie sich immer ihren eignen Vater vorgestellt. Dunkelbraune, wellige Haare fielen ihm auf die Schultern, das Gesicht war sonnengebräunt und von Fältchen durchzogen. Stark und imposant ging er neben ihr her. Medina fühlte sich plötzlich klein und unscheinbar. Gemischte Gefühle stiegen in ihr hoch. Am Ende des Flurs bog er rechts ab, öffnete eine schwere, dunkle Holztür und schob sie sanft hinein. Von hier aus hatte man einen fantastischen Blick auf Manhattan, ein großer Tisch stand direkt vor der Glasfront, links und rechts standen Regale an der Wand, die mit Büchern gefüllt waren. In einer Ecke vor der privaten Bibliothek lud eine gemütliche Ledercouch mit passenden Sesseln zu entspannten Gesprächen ein.
„Möchtest du etwas trinken oder essen?“
Medina verneinte, zu viele Gedanken schwirrten ihr im Kopf herum.
„Med? Ist er das, was ich denke? Aber wie kann das sein?“, flüsterte Ross ängstlich, und in diesem Moment konnte sie ihn verstehen, ihm aber keine Antwort geben, ihre Kehle war wie zugeschnürt.
„Setz dich bitte“, bat er sie. Medina winkelte ein Bein an und setzte sich halb darauf. Alles an ihr war angespannt. Wollte sie hören, was er zu sagen hatte?
„Mein Name ist Scott McNeally. Ich war Ross’ leiblicher Vater.“ Bam! Sie hätte nicht wirklich überrascht sein dürfen, da sie es sogleich gewusst hatte, als sie ihm in die Augen geblickt hatte, aber dennoch war es noch einmal anders, jetzt, wo er es aussprach. Ihre gesamte Biographie fiel in sich zusammen. Ihr Vergangenheit, Herkunft, einfach alles war mit einem Mal nicht mehr existent. Ross schwirrte nervös um sie herum, sie begann zu frösteln.
„Geht es dir gut? Soll ich dir nicht doch etwas zu trinken holen?“ Nein, verflucht nochmal, mir geht es blendend, wollte sie schreien, starrte ihn aber nur sprachlos an. Ihr ganzes Leben war eine Lüge. Enttäuschung machte sich in ihr breit. „Wie soll es mir gehen, wenn du mir so was über mein verficktes Scheißleben einfach ins Gesicht sagst? Was hast du erwartet? Dass ich dich begeistert umarmen werde?“ Ihre Zähne klapperten aufeinander, weil ihr mittlerweile eiskalt war.
„Du bist ja
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