The Hunter - Die komplette erste Staffel
„Danke, Kassandra für diese Ausführungen. Möchte noch jemand seine Geschichte erzählen?“
Kassandras Gedanken wirbelten durch ihren Kopf, wieder blendete sie die Umgebung aus und stierte auf den Boden. Leere machte sich breit, denn sie wusste, sie würde diese Angst niemals überwinden.
Leicht genervt spürte sie, dass ihr jemand auf die Schulter tippte und sie drehte ihren Kopf nach rechts. Fragend hob sie eine Augenbraue, als sie eine wunderschöne, junge Frau erblickte. Was will die Tussi denn hier? Welche Ängste sollte die schon haben? Ihr schwarzes, glänzendes Haar fiel glatt den Rücken hinab. Der Pony endete gerade über den geschwungenen Brauen und ihre Augen waren so blau, diese Farbe würde man für Knöpfe niemals hinkriegen. Die Haut sah aus wie Porzellan und verriet nichts über ihr Alter.
„Ich habe die gleiche Phobie, wie du“, flüsterte die Fremde. Und sie nahm Kassandras Hand in ihre und drückte sie teilnahmsvoll.
5.
„Nein, Frank. Du darfst nicht gehen, bitte“, jammerte Kassandra. Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
Frank seufzte, legte die Hände auf ihre Schultern und sah sie mit gequältem Blick an. „Engelchen, ich habe es dir doch erklärt. Sandy und ich sind nur für eine Nacht weg. Wir fahren nach L.A. zu einer Party, übernachten dort und sind zum Mittagessen wieder da, okay?“
Nein, nein. Gar nichts ist okay , dachte sie. Ihr Herz klopfte bis zum Hals. Frank streichelte ihr über den Kopf und küsste sie auf die Haare. „Denk einfach, ich wäre auf der Arbeit. Dann wird es schon gehen, mein Engel“, murmelte er und schob sie sanft von sich. Mit einem letzten Seufzer hob er seine kleine Reisetasche vom Boden auf und drehte sich zur Tür. Dann ging er und ließ sie im Flur stehen.
Kassandra fühlte sich kalt und leer, alles war so unrealistisch. Nervös begann sie, die kleinen Porzellanfiguren auf einem Regal zu sortieren. Dabei zitterten ihr die Finger aber so sehr, dass ihr eine kleine Katze runterfiel. Hektisch ging sie in die Küche, öffnete den Kühlschrank, schloss ihn wieder. Was mach ich nur? Ich bin allein! Sie hatte das Gefühl, die Wände würden auf sie zukommen und sie erdrücken. Panisch rannte sie die Treppe hinauf in ihr Zimmer und ließ sich aufs Bett fallen. Lange hielt sie das Stillliegen nicht aus und schlenderte an ihren Regalen entlang und strich über die freien Flächen, bis sie ein knirschendes Geräusch vernahm. Da sie es nicht orten konnte, wirbelte sie mehrmals nervös um sich selbst. Das Geräusch wurde lauter und als sie sah, woher es kam, riss sie geschockt die Augen auf. Das Regal war aus der Wand gerissen und fiel genau auf sie. Die Zwischenböden flogen durch den Aufprall heraus, die Bücher verteilten sich auf ihr. Schließlich merkte Kassandra, dass nur noch der Rahmen auf ihr lag und sie zu Boden drückte. Ihre Hand- und Fußgelenke schauten rechts und links darunter heraus. Der Druck war so enorm, dass sie sich anfühlten, als würden sie gleich absterben. Heftig bewegte sie die Gelenke, schrie und versuchte sich aus dem Gefängnis zu befreien. Was ist denn los? Das ist nur ein Holzregal . Es fühlte sich an, als würde Blei auf ihr liegen. Je mehr sie darunter zappelte, desto mehr quetschte es ihr das Blut ab. Und dann kam die Panik. Frank war nicht da. Niemand konnte ihr helfen. Was, wenn sie bis morgen Mittag hier so liegen müsste? Die Schmerzen an ihren Händen und Füßen waren kaum noch auszuhalten, dazu die Panik, die ihr die Luft abschnürte und ihr Magen, der revoltierte.
Das Gewicht des Regals schien immer schwerer zu werden, die linke Hand konnte sie nun gar mehr bewegen, es fühlte sich an, wie … als wäre … sie nicht mehr da. Kassandra schaute nach links und kniff die Augen zusammen. Ihr blieb die Luft weg: Es hatte ihr die Hand abgequetscht. Im selben Moment verlor sie das Bewusstsein.
6.
Die Befragung der Zeugin durch Alice verlief ohne weitere Hinweise. Die hübsche Frau gab wider, dass sie sich gewundert hatte, wo ihr Freund sei und geglaubt, er wäre in der Küche. Als sie ihn dann im Badezimmer auf dem Boden vorgefunden hatte, kümmerte sie sich sofort um ihn, aber er reagierte nicht auf sie. Sie sei, sagte sie, in Ausnahmesituationen immer ruhig. Der Schock käme erst später, meinte sie. Weitere Informationen gab es nicht. Als dann der Arzt gekommen war, hatte Alice ihr eine Karte gegeben. Falls ihr noch etwas einfiele, könne sie sich melden.
Nun saßen sie im Auto und fuhren ins
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