The Hunter - Die komplette erste Staffel
verstellt wurde, bemerkte er eine angelehnte Tür an der gegenüberliegenden Wand, die aus dem Bad in einen weiteren Raum führte. Seine Bestandsaufnahme endete, als einer der Kriminaltechniker sich vom gefliesten Boden erhob und ihm damit die Sicht verstellte. Er kam zur Tür, um Detective Matt Wilson, die Hand zu geben, nachdem er seine Gummihandschuhe abgestreift hatte.
„Ey Mann. In letzter Zeit häufen sich die skurrilen Todesfälle“, antwortete David Thornton, rieb sich die Schweißperlen von der Stirn und grinste ihn schief an. Matt mochte den bulligen Farbigen, der gerne ab und zu provokant im Gangster-Slang redete, obwohl es überhaupt nicht zu ihm passte.
David wollte ursprünglich Fallanalytiker – Profiler – werden und hatte sich beim FBI in Quantico ausbilden lassen. Die Voraussetzungen brachte er alle mit, denn er war ehrgeizig, überdurchschnittlich intelligent und überaus respektiert. Man sagte ihm eine steile Karriere voraus. Bis er verarscht wurde. Jemand hatte ihm Alkohol aufs Zimmer geschmuggelt und das hatte seinen Rauswurf bewirkt. Niemand hatte seinen Beteuerungen geglaubt, denn seine Gegner hatten Davids Vergangenheit durchwühlt und herausgefunden, dass er aus einem Ghetto stammte. Er wurde abgestempelt. Fast hätte er das Handtuch geschmissen, aber mit seinem Abschluss in Kriminalistik bewarb er sich im Police Departement in Los Angeles und bekam ein Angebot für San Bernardino.
Matt ging öfter mit ihm nach Dienstschluss einen trinken und dabei hatte er nach und nach seine Geschichte erzählt bekommen. Sie mochten einander. Vielleicht, weil sie beide Singles waren und längere Beziehungen ihnen bislang verwehrt geblieben waren. Deswegen war Matt einigermaßen überrascht, als er David plötzlich verlegen von einem Bein aufs andere treten sah. Er folgte seinem Blick, der genau auf Alice traf, die soeben hinter ihm in das Wohnzimmer hereinspaziert kam.
„Guten Morgen, Alice“, sagte David höflich und sanft wie ein Lämmchen.
Matt schaute von einem zum anderen, doch Alice Miene regte sich nicht. Vor wenigen Tagen hatte sie ihm erzählt, was ihr Entsetzliches zugestoßen sei. „Morgen“, murmelte sie.
„Tja, dann guckt euch das Prachtstück mal an“, forderte David sie grinsend auf, trat zur Seite und gab den Blick auf das Badezimmer frei. Die beiden Detectives warfen einen Blick hinein. Ein Mann mittleren Alters lag nackt auf dem Rücken vor dem Waschbecken. Sein Penis stand steil aufgerichtet und war rot angeschwollen. Seine Haut war übersät mit dicken Pusteln, die an manchen Stellen aufgesprungen waren. Eiter war herausgelaufen und klebte mit Blut vermengt an mehreren Stellen des Körpers.
„What the fuck!“, rief Matt aus. „War das hier ein perverses Todesspielchen mit Viagra?“
„Genaueres kann uns erst Dr. Pawlok sagen. Er hat schon alles für die Ankunft im Rechtsmedizinischen Institut vorbereitet. Draußen sitzt die Zeugin. Miss Shanoa …“
„Was soll das heißen, Zeugin?“, unterbrach ihn Alice unwirsch. David sah sanft zu ihr rüber. „… Twains. Sie hat ihn morgens gefunden und uns verständigt.“
Alice hob eine Augenbraue, schluckte den Kommentar aber hinunter. David deutete mit dem Kinn in die Richtung der anderen Tür, ging dann die wenigen Schritte hin und drückte sie sanft ganz auf. Es eröffnete sich den Detectives der Blick auf eine junge Frau, die im Schneidersitz auf einem King Size Bett saß. Sie hatte die Hände vor dem Gesicht und wimmerte leise.
„Hat jemand einen Arzt gerufen?“, raunte Matt David zu. Der nickte, streifte sich die Handschuhe wieder über und untersuchte den Boden rund um die Leiche.
„Matt, ich mach das schon. Halt dich im Hintergrund“, forderte Alice ihn auf, als er einen Schritt auf das Bett zumachte. Ihre Augen blitzten ihn mit freundlicher Warnung an. Matt zuckte mit den Schultern und blieb stehen.
4.
„Hallo mein Name ist Kassandra Johnson.“
„Hallo Kassandra.“
„Und ich habe Klaustrophobie.“
Nervös ließ sie ihren Blick über die Anwesenden schweifen, knetete ihre Hände und holte tief Luft.
„Ich habe Angst vor engen Räumen, Fahrstühlen, Duschkabinen, aber auch kleine Kellerräume meide ich, wo es nur geht. Nun … wann hat es angefangen?“ Sie richtete die Frage eher an sich, blendete die Menschen um sie herum aus. Was tue ich eigentlich hier?, schoss ihr durch den Kopf. Wieso habe ich mich von Frank dazu überreden lassen? Weil er sie immer überzeugen konnte, gab sie sich
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