The Longest Way: 4646 Kilometer zu Fuß durch China (German Edition)
Fenster vorbeizieht.
Leute steigen ein und aus. Rentner, Schüler, Pendler, Hausfrauen. Der Himmel ist grau. Ich kenne dieses Grau gut.
Irgendwann sehe ich den dunklen Rücken des Waldes, und ich weiß, der Turm ist nicht mehr weit, auf dem ich damals auf das neue Jahr wartete. Irgendwo dort draußen liegt auch die Aue. Und unser Haus ist auch nicht mehr fern.
Eine Stimme aus dem Lautsprecher kündigt den Halt in Bad Nenndorf an.
Die Bahn wird langsamer, ihr summendes Fahrgeräusch wird tiefer. Dann kommt sie zum Stehen.
Der Knopf neben der Tür leuchtet grün. Ich drücke mit dem Finger darauf, die Tür öffnet sich.
Bad Nenndorf.
Ich habe die Kameras um und den Rucksack auf den Schultern.
Ich trete hinaus auf den Bahnsteig.
Außer mir sind noch ein paar andere Leute ausgestiegen, sie gehen an mir vorbei. Ich bleibe stehen und blicke mich um. Nichts hat sich verändert.
Ein kurzer Moment, dann geht die Zugtür hinter mir wieder zu, und die Bahn setzt sich summend in Bewegung.
Ich bin allein auf dem Bahnsteig. Die Herbstluft ist kühl und feucht.
Ich atme tief ein.
Ich nehme mein Handy heraus. Ich habe eine Nachricht gespeichert, von der ich nicht genau weiß, an wen ich sie schicken soll.
Es sind zwei chinesische Schriftzeichen, die zusammen ein Wort ergeben: Danke.
Rast in der Wüste Gobi. Das Straßenschild spendet weit und breit den einzigen Schatten.
Der Fernsehturm von Beijing ist knapp über 400 Meter hoch. Er weist mir den Weg aus der Stadt hinaus.
links: Zhu Hui, mein erster Freund auf dem Weg. Er transportiert meinen Rucksack einen Tag lang auf seinem Fahrrad.
rechts: Straßenkreuzung in Xinle, einer Stadt mit einer halben Million Einwohnern. »Auf Sicherheit achten« steht unter dem Polizisten.
Ein Wagen mit einer Lieferung Baustoffe verschwindet im Nebel.
Die Löwenstatuen auf der Marco-Polo-Brücke. Sie wachen schon lange hier.
Auf dem höchsten Punkt des Gufeng Shan, des »Berges des einsamen Gipfels«. Mir steht ein harter Abstieg bevor.
Landstraße im Schnee, ein Motorradfahrer und zwei Kinder. Sie haben ihre Einkäufe dabei.
Nach Mitternacht an einem Kiosk am Fuß des Hua Shan.
links oben: Das Wichtigste ist immer: Die Schuhe trocknen …
links unten: … und die Socken waschen.
rechts: In den Straßen der alten Kaiserstadt Xi’an.
Ländliches Begräbnis im Dorf Dingcun: Die Trauerkränze werden verbrannt.
links: Grabbeigaben aus Papier und Plastik.
rechts: Briefe mit Fotos von Leuten, die ich auf dem Weg kennengelernt habe.
Juli.
In einer konfuzianischen Halle in der Provinz Shanxi, dem »Land der Tempel«.
Eine neue Straße führt auf eine Fabrikanlage zu. Ich freue mich über den weichen Asphalt, aber nicht über die Luft.
links: Mittags in den Bergen von Ningxia. Hinlegen, die Füße in die Sonne, ausatmen.
rechts: Ruhetag am Straßenrand. Tee, Buch, Wörterbuch. Ich genieße den Schatten.
Auf dem Berg Kongtong, einem der heiligen Orte des Daoismus.
links: Es ist warm, und ich habe eine der beliebtesten chinesischen Eissorten der Achtziger gefunden – den kleinen Schneemann, auch »wawatou« genannt.
rechts: In der Industriestadt Lanzhou. Getragen werden ist manchmal besser als laufen.
Auf dem Land in Gansu: Nachdem ich das Foto gemacht habe, fällt mir auf, dass ich von allen ignoriert werde.
links: Der Frühling. Oder ist es schon der Sommer?
rechts: In der Höhle des Großen Buddha von Binxian. Er ist über zwanzig Meter hoch.
Die Große Mauer bei Shandan. Jemand hat einen Durchgang geschaffen. Mit meinem Gepäck passe ich schwer hindurch.
links: Lampions schmücken die Oasenstadt Wuwei. Die Banner bewerben eine Tumorklinik.
rechts oben: Unterwegs mit Onkel Shen. Er führt mich durch eine der berüchtigten »Windscharten« der Gobi.
rechts unten: Bäuerliches Abendessen im Hexi-Korridor. Es gibt fast jeden Tag Nudeln.
Ort der Entscheidung: Links geht es nach Tibet, rechts nach Xinjiang.
links: Tibetischer Mönch im Hochland von Tianzhu. Er umkreist einen Tempel, zweihundert Mal am Tag.
rechts: Ich habe meine Isomatte in einer buddhistischen Tempelhalle ausgerollt. Die Ruhe währt nicht lange.
Eine der Wüstenstraßen, die durch die Gobi führen. Oft sind sie über Dutzende von Kilometern schnurgerade.
Ausflug in die Sandwüste bei Dunhuang.
Lehrer Xie und ich brechen unser Lager ab. Um uns herum ist meilenweit nichts. Wir vertreiben uns die Zeit bis zum Abschied mit Scherzen.
Melonenstand an der Straße. Die Leute des chinesischen Nordwestens sind
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