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The Lost

Titel: The Lost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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Ich gehe jetzt schlafen. Gute Nacht, Ray. Mach’s gut.«
    Sie ließ den Hörer fallen. Dann nahm sie ihn wieder von der Gabel und legte ihn auf den Nachttisch.
    Er war noch nicht fertig. Er würde versuchen, sie anzurufen. Sie wusste, dass er es versuchen würde.
    Sie fragte sich, was sie von ihm zu befürchten hatte.
    Sie zitterte vor Anspannung. Trotz ihrer Erschöpfung war sie nicht sicher, ob sie heute Nacht überhaupt ein Auge zumachen würde. Sie dachte an den Brandy und den Whiskey unten in der Hausbar. Ein Drink würde sie beruhigen.
    Nein, dachte sie. Ray Pye würde sie nicht zu einem verdammten Alki machen. Sie wollte lieber schön heiß duschen. Aber bei dem Gedanken, sich unter die Dusche zu stellen, fiel ihr sofort Janet Leigh in Psycho ein. Und sie erinnerte sich daran, wie Ray aufs Dach geklettert und durch das Fenster in ihr Zimmer eingedrungen war.
    Überrasch mich.
    Oh Mann. Heute Abend würde eine heiße Dusche nicht reichen.
    Vielleicht sollte ich Deke anrufen, überlegte sie. Hören, was er darüber denkt. Es ist noch früh in Kalifornien. Der Typ erzählt, er hätte zwei Menschen umgebracht, und jetzt hat er mir am Telefon praktisch gedroht. Vielleicht sollte ich die Polizei rufen.
    Es war nicht ihre Art, sich wegen jeder Kleinigkeit an die Polizei zu wenden. Deke tat das auch nicht. Andererseits …
    Ein einziger Drink macht einen nicht zum Alkoholiker, dachte sie. Auch zwei oder drei nicht.
    Sie schloss und verriegelte das Fenster und ging nach unten.

32
Ray
    Ray konnte nicht schlafen. Obwohl er bei Katherines Anruf von den Resten seines Haschvorrats und ein paar Bierchen schon völlig zugedröhnt gewesen war. Er fragte sich, ob sie es gemerkt hatte und ob es sie in ihrem Entschluss, sich von ihm zu trennen, bestärkt hatte. Er glaubte nicht. Er hatte ganz normal geklungen.
    Was für ein Miststück. Ihre Entscheidung hatte schon festgestanden. Sie hatte ihm keine Chance gelassen.
    Er war gar nicht dazu gekommen, das Koks zu erwähnen.
    Und jetzt hatte sie den Hörer neben den Apparat gelegt. Es war ständig besetzt.
    Was zum Henker war hier los?
    Er trank ein weiteres Bier, dann wechselte er zu Scotch. Er saß vor dem Fernseher, ohne richtig hinzuschauen. Er sah nur Bilder von Katherine. Wie sie sich am mondbeschienenen See auszog, wie sie auf Bertrand’s Island über den Parkplatz schlenderte und versuchte, die Autos zu öffnen, wie sie dem Kerl im Spirituosenladen ihre Titte zeigte, wie sie ihn in New York City unter einem Baum voller Lampions anschaute, wie sie in ihrem Zimmer erst in ein Handtuch gehüllt und dann mit Jeans und einem übergroßen Hemd vor ihm stand, wie sie nackt unter ihm lag, wie sie sich anfühlte, wie ihr Mund schmeckte, wie ihr Haar duftete. Und zusammen mit diesem Wirbelsturm aus Bildern und Eindrücken durchströmten ihn ein rasender Zorn und eine schmerzliche Sehnsucht.
    Je mehr Scotch er trank, desto unschärfer und schemenhafter wurden die Bilder; sie zuckten jetzt kurz vor ihm auf, wie im Licht eines langsamen Stroboskops, wie ein blinkendes Messer, das durch ein Blatt Papier drang und wieder verschwand. Irgendwann schlief er ein.
    Im Traum war er im Turner’s Pool.
    Nachts, unter sich das tiefe Wasser.
    Er schwamm um sein Leben.
    Während er von den Händen einer seltsamen Seejungfrau in die Tiefe gezerrt wurde.

33
Sonntag, 17. August Jennifer/Katherine/Die Katze
    Es war elf Uhr, als Jennifer mit pochenden Kopfschmerzen zu sich kam, eine Nachwirkung des warmen Colt 45er Sechserpacks, das sie nach der Rückkehr vom See in der Nacht noch geleert hatte, um in ihrer dumpfen Wut überhaupt schlafen zu können. Unter der Dusche verflogen die Kopfschmerzen, aber nicht die Wut. Sie zog sich an, trank einen Kaffee und lieh sich das Auto ihrer Pflegeeltern. Es war ein grauer Tag, und ein sanfter Nieselregen benetzte die Windschutzscheibe. Die Häuser an der Poplar Avenue und der Ridge Road wirkten düster und verwaist. Einige Leute waren in der Kirche, andere saßen zu Hause und lasen die Sonntagszeitung. Und manche lagen noch im Bett.
    Alle diese Menschen hatten ein Leben, egal wie langweilig es war.
    Alle diese Menschen taten etwas.
    An der Rezeption saß wie jeden Sonntag Mrs. Pye. Jennifer fuhr an ihr vorbei zu Rays Apartment. Sie öffnete die Wagentür, stieg aus und lehnte sich auf die Hupe. Sie wollte nicht reingehen. Sie wollte, dass er rauskam, und es war ihr scheißegal, wen sie mit dem Lärm sonst noch störte. Der langgezogene Hupton hallte über den

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