The Lost
abgefeuert worden.
Fisher trat hinter ihn und erklärte, der Gerichtsmediziner sei schon unterwegs, außerdem wolle der Chief mit ihm sprechen. Er ging zum Streifenwagen hinüber und meldete sich am Funkgerät.
»Das ist echt ein beschissener Abend, Charlie, das muss ich schon sagen.«
»Ich höre.«
»Unsere Jungs fahren also bei den Griffiths vor, und die Haustür steht offen. Als sie reingehen, finden sie Harry Griffith erschossen in einem Sessel und seine Frau mit einem Bauchschuss bewusstlos am Küchenboden.«
»Was ist mit Jennifer Fitch?«
»Von ihr fehlt jede Spur. Allerdings wurde das Schloss ihrer Zimmertür aufgeschossen.«
»Wird die Frau überleben?«
»Kann man noch nicht sagen. Aber die Sanitäter sind optimistisch. Die gute Nachricht ist: Der Junge, Tim Bess, ist in Sicherheit.«
»Gut. Wo ist er jetzt?«
»Er und seine Eltern sitzen bei uns draußen im Gang. Wir hielten es für das Beste, sie herzubringen.«
»Weiß er schon, warum er dort ist?«
»Nein. Wir haben ihm nur gesagt, es sei zu seiner eigenen Sicherheit. Aber er und seine Eltern ahnen schon, dass es irgendwie mit Ray Pye zu tun hat. Und der Junge macht sich wahnsinnige Sorgen um Jennifer Fitch.«
»Dazu hat er auch allen Grund. Hören Sie, sobald ich mit dem Gerichtsmediziner gesprochen und einen Blick in den Wagen und die Handtaschen geworfen habe, komme ich sofort rüber. Das Haus der Griffiths versiegeln wir und kümmern uns später drum. Mit Tim Bess zu sprechen hat im Augenblick oberste Priorität. Wie steht es denn um Lenny und Clara?«
»Sie meinen die Eltern? Ein bisschen nervös, aber es geht ihnen gut.«
Er beendete die Unterredung, hängte das Gerät ein und ging zum VW zurück, als er sah, wie vor dem abgesperrten Bereich Ed Andersons Auto vorfuhr. Ed stieg aus und ging zu dem Beamten, der die Schaulustigen auf Abstand hielt, einem jungen Officer, den Schilling nicht kannte. Der Mann schüttelte den Kopf, und Ed zeigte vorwurfsvoll mit dem Finger auf ihn und dann auf den VW. Schilling lief zu ihnen hinüber.
»Ist in Ordnung, Officer. Lassen Sie ihn durch.«
Ed schob sich unter dem Absperrband hindurch.
»Bist du sicher, dass du dir das ansehen willst?«
»Natürlich würde ich es mir lieber nicht ansehen, ist doch klar. Aber mir bleibt nichts anderes übrig.«
Sie gingen auf den Wagen zu.
»Du trägst eine Waffe.«
»Hä?«
»Deine Jacke ist ein bisschen ausgebeult. Ich nehme nicht an, dass du tonnenweise Erdnüsse mit dir rumschleppst. Du hast doch eine Waffe dabei.«
»Richtig, Charlie. Und ich trage sie nicht zum Spaß. Ich will den Bären erlegen.«
»Eigentlich müsste ich sie dir abnehmen.«
»Ich weiß.«
»Hör mal, Ed, was ich vorhin gesagt habe …«
»Das war Schwachsinn. Das habe ich dir doch gesagt. Du bist nicht verantwortlich dafür, dass Pye jetzt ausflippt. Nicht im Geringsten. Hättest du ihn nicht dazu getrieben, hätte es jemand anders getan. Ich zum Beispiel. Schließlich habe ich dir den Tipp mit der Party gegeben, die du hochgenommen hast, schon vergessen? Aber wenn wir uns jetzt die Schuld für sein Verhalten geben, wäre das so, als würden wir die Polizei dafür verantwortlich machen, dass es überhaupt Verbrecher gibt. Das ist totaler Blödsinn. Wir haben Pye nicht zu dem gemacht, was er ist. Dafür ist er selbst verantwortlich und niemand sonst.«
Schilling fand, dass Ed grundsätzlich Recht hatte, aber seine Erklärung ging ihm nicht weit genug. Er fragte sich, ob sein Freund im Grunde seines Herzens nicht genauso dachte und ihn nur ein wenig schonen wollte. Denn als Polizist war es Schillings Job, Leute wie Pye unschädlich zu machen und nicht zu weiteren Gräueltaten anzustiften.
Sie blickten durch das Fenster in den Wagen.
»Sie war hübsch«, sagte Ed leise.
»Hast du sie gekannt?«
»Sally hat oft von ihr gesprochen. Sie war ihre beste Freundin. Sally fühlt sich ihretwegen bestimmt schrecklich.«
Er fand, dass dies genau die Art war, wie anständige Menschen fühlten. Menschen, die Respekt vor dem Leben hatten. Ed dachte an Sally, als wäre sie noch gesund und munter, obwohl sie vielleicht schon längst tot war, und ein Teil seiner Sorge betraf ihre Trauer um ihre erschossene Freundin. Den Toten konnte man nicht mehr helfen. Die Lebenden verdienten ein Höchstmaß an Mitgefühl, und genau das verspürte Ed. Das war es, was ihn von Menschen wie Pye unterschied. Schilling wurde klar, dass er an diesen Aspekt der Tat noch gar nicht gedacht hatte, und fragte
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