Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

The Lost

Titel: The Lost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
Vom Netzwerk:
über die andere Sache.
    Das Mädchen war gestorben. Neuigkeiten verbreiteten sich schnell in dieser Stadt, und er vermutete, dass es inzwischen die ganze Schule wusste. Er hatte den Nachmittag mit Jennifer auf dem Parkplatz verbracht und auf Suzy, Dan und Sheila und all die anderen gewartet, die Lust auf einen Joint hatten, und die ganze Meute hatte von nichts anderem geredet.
    Er erinnerte sich an jene Nacht vor vier Jahren, als wäre es gestern gewesen. In bestimmten Situationen stiegen immer wieder die gleichen Bilder in ihm auf. In einem Augenblick saß er mit einer Cherry-Cola am Tresen der Eisdiele und wartete auf Ray, und im anderen sah er vor sich, wie er mit Jennifer in den Wald zurückkehrte. Ray und eines der Mädchen waren verschwunden, und dann fanden sie die Nachricht mit der Aufforderung zu warten. Und er erinnerte sich an Jennifers Panik, weil sie nicht wusste, was passiert war. Sie hatten sich nicht getraut, einfach abzuhauen, denn vor Ray hatten sie genauso viel Angst wie davor, bei der Leiche des fremden Mädchens auszuharren. Sie hatten nicht gewusst, was sie tun sollten, ob sie das Zelt und die anderen Sachen in den Wagen packen sollten oder nicht, also hatten sie gar nichts getan und neben den kalten Überresten des Feuers auf Ray gewartet.
    Ein andermal marschierte er mit einem halben Dutzend vorgedrehter Joints in der Tasche auf das Schulgebäude zu und sah plötzlich vor sich, wie Ray alleine, ohne das andere Mädchen zurückkehrte. Irgendwie hat sie es bis zur Straße geschafft, hatte Ray erklärt, und dort sei sie vor einem Auto zusammengebrochen. Er habe sich im Gebüsch versteckt und beobachtet, wie zwei Männer das Mädchen auf die Rückbank eines Mercury gelegt hätten und davongefahren seien. Er war außer sich, rasend vor Wut. Und Tim sah, dass Ray jetzt ebenfalls Schiss hatte.
    An all das erinnerte er sich in flüchtigen, bruchstückhaften Momenten, die ihn jedes Mal völlig unvorbereitet trafen. Die Panik, als sie die Sachen der Mädchen im Kofferraum verstaut hatten. Die lange Fahrt nach Westen zur Müllhalde in Delaware. Die Rückfahrt. Jennifers nicht enden wollender Weinkrampf. Ray, der hinterm Lenker herumzappelte und sich ärgerte, weil er nicht die Laterne behalten hatte, die brandneue, teure Laterne. Das lange bedrückende Schweigen.
    Seither vermied er längere Pausen während einer Unterhaltung.
    Pausen wie diese jetzt.
    »Und? Schon drüber nachgedacht?«
    »Worüber? Über Brian Wilson?«
    »Nee. Wo du heute Abend hinwillst. Ich bin immer noch für Don’s. «
    Don’s war ein Drive-In-Restaurant gleich hinter der Stadt, eines der letzten in der Gegend. Wohl auch eines der letzten im ganzen Bundesstaat. Es gab dort extrem leckeres Schoko-Sahne-Eis, was eine willkommene Abwechslung nach dem Bier war. Klasse Hamburger hatten sie dort ebenfalls. Er sah dabei zu, wie Jennifer die Flasche austrank und unter die Tribüne ins Gras warf.
    Er überlegte, ob er die Flasche holen und in die Packung zurücklegen sollte, entschied sich aber dagegen. Das war viel zu spießig.
    »Ist doch egal, wo ich hinwill«, sagte sie. »Oder wo du hinwillst. Entscheidend ist, was Ray will.«
    »Sicher.«
    »Stimmt doch.«
    »Ach was. Er fragt immer nach unserer Meinung.«
    »Ja. Und dann läuft der Abend trotzdem so, wie er es will.«
    Er betrachtete sie, wie sie am Fangzaun lehnte und ins Mondlicht hinaufstarrte. Wenigstens griff sie nicht gleich nach dem nächsten Bier.
    »Scheiße. Sei’s drum«, sagte er.
    Er bückte sich und versuchte, ein weiteres Zementstück aus dem Sockel herauszubrechen. Es war gar nicht so leicht, denn mit seinen abgekauten Fingernägeln bekam er den Zement nicht richtig zu fassen. Schließlich richtete er sich auf und trat ein paarmal mit der Ferse dagegen, bis ein Brocken abbrach. Er schleuderte ihn zum Wurfhügel. Ihm war sterbenslangweilig. Er hatte nicht mal Lust auf ein Bier. Dann wäre er nachher nur wieder müde.
    Für welches nachher? Was passierte nachher schon?
    Immer das Gleiche. Er verdrängte den Gedanken.
    Komm schon, Ray, dachte er. Würdest du dich bitte ein bisschen beeilen?
    »Scheiß auf Brian Wilson«, sagte Jennifer. »Hast du dir schon mal Gedanken über Twiggy gemacht?«
    Er grinste und schüttelte den Kopf. Endlich sagte sie mal was.
    »Nein. In letzter Zeit nicht.«
    »Weißt du, wie sie wirklich heißt? Lesley Hornly. Oder Hornsby. Irgend so was. Kein Arsch, keine Titten, spindeldürre Arme und Beine. Deshalb nennt man sie Twiggy. Sie

Weitere Kostenlose Bücher