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The Lost

Titel: The Lost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Ketchum
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Apartment über der Tankstelle brannte wie erwartet noch Licht. Er stieg die wackeligen Holzstufen hinauf und klopfte an. Drinnen lief ein Donovan-Song, »Mellow Yellow«. Er hasste dieses Gesülze. Roger stand auf Donovan, aber wie man ein Lied über wirkungslose Drogen klasse finden konnte, war Ray unbegreiflich. Vielleicht war Rogers Musikgeschmack ja Teil des Problems, das ihre Band hatte.
    Er wartete kurz, dann klopfte er noch einmal etwas kräftiger, und schließlich machte Roger die Tür auf, blinzelte ihn an und grinste. Er war barfuß und mit nacktem Oberkörper, er trug eine ölverschmierte Jeans, und sein langes strähniges Haar war wie immer völlig verfilzt.
    »Super. Komm rein, Alter.«
    Roger redete so. Super. Irre. Spitze. Und vielleicht war das ebenfalls Teil des Problems ihrer Band.
    »Wir pudern uns gerade die Nase, Alter. Willste auch was? Du müsstest mir kohlemäßig nur etwas unter die Arme greifen. Danski, der Sack, bezahlt mich erst am Samstag, und ich bin jetzt schon fast blank. Hey, Cheryl, Sylvia, Harvey, guckt mal, wer da ist. Kennst du Stevie Ray und seine Braut Marie? Nee, klar kennst du sie nicht. Stevie Ray kommt aus Morristown. Er ist der beste Kumpel meines Bruders. Ist gerade aus Vietnam zurück. Seit zwei Monaten. Oh Mann, das ist echt guter Stoff. Probier mal. Willst du ein Bier, Alter?«
    »Hey, Ray.«
    »Hey, Ray.«
    »Hey, Alter.«
    Sie hockten im Schneidersitz um einen Tisch, der wahrscheinlich schon zu Eisenhowers Amtszeit alt und abgewetzt gewesen war. Die Beine waren abgesägt, so dass sich die Platte nur etwa fünfzig Zentimeter über dem gleichermaßen abgewetzten Teppich befand. Cheryl, Sylvia und Harvey kannte er. Ja, die beiden Mädels hatte er irgendwann mal gevögelt und Harvey hatte er in der siebten Klasse eine Tracht Prügel verpasst; warum, wusste er nicht mehr. Die Mädchen taten mehr oder weniger, was man ihnen sagte. Stevie Ray war ein stiernackiger Bursche mit langen Haaren, er trug eine Jeans und ein ärmelloses Arbeitshemd aus Baumwolle. Sein Armumfang war nur unwesentlich geringer als der seines Kopfes. Seine Freundin Marie war blond und schlank, und unter ihrem Grateful-Dead-T-Shirt steckten ein paar große Titten; sie war eine Granate.
    Mann!
    Auf einem stumpfen Spiegel befanden sich mehrere Lines; daneben lagen ein zusammengerollter Dollarschein und die Klinge eines Exacto-Messers.
    Roger reichte ihm ein Bier.
    »Wie viel?«
    »Zehn, Alter.«
    »Wie viel krieg ich dafür?«
    Roger setzte sich zwischen Cheryl und Sylvia und grinste. »Ist doch egal, Alter, bedien dich einfach. Ich schätze, es sind noch ungefähr vier Gramm übrig. Ein halbes Gramm reicht, um dir hübsch die Birne durchzupusten. Wir haben heut Nacht schon drei Gramm von dem Zeug durchgezogen.«
    Er zog zwei Fünfer aus der Brieftasche, gab Roger das Geld und hockte sich neben Marie. Der Platz neben ihr schien ihm nicht ganz ungefährlich, denn sie lächelte ihn aufreizend an, und Stevie Ray saß ihm direkt gegenüber. Aber es war der einzige freie Platz am Tisch.
    Marie roch nach Patschuli-Öl.
    Das war besser als der allgegenwärtige Benzingestank.
    »Ihr kommt also aus Morristown, ja?«
    Er sprach mit Stevie Ray. Das Mädchen sah er nicht mal an. Er hatte keine Lust, sich eine zu fangen. Nicht wegen irgendeiner Braut. Er nahm den Dollarschein und schnupfte die Line weg, zog kräftig die Nase hoch, rieb sich mit dem Zeigefinger übers Zahnfleisch und schnupfte die zweite Line. Sofort brannte der Koksrausch eine Schneise in sein Hirn.
    »Ja.«
    Stevie Ray starrte auf sein rotes Hemd, als ob damit etwas nicht stimmte, als hätte er sich vollgekotzt oder so.
    »Nette Stadt. Ich hab Freunde in Morristown. Du warst also in Vietnam, ja?«
    »Ja.«
    »Wie war’s denn so, Alter? Ist es schlimm dort drüben?«
    Stevie Ray starrte weiter auf sein Hemd.
    »Darüber spreche ich nicht gerne. Verstehst du das, Ray ? Ich will’s hoffen.«
    Er sah, wie Stevie Ray und seine Freundin einen Blick wechselten. Marie wirkte besorgt.
    Was für ein Problem hatte der Bursche?
    Wenn er nicht aufpasste, würde er sich tatsächlich noch eine fangen.
    »Klar, Alter. Versteh ich.« Er nahm die nächste Nase.
    Das Koks brachte ihn auf eine Idee. Auf eine großartige Idee. Es war eine echte Eingebung. Gute Drogen hatten manchmal diese Wirkung.
    »Hey, Roger, wie viel willst du für ein ganzes Gramm von dem Zeug? Zwanzig?«
    Roger zögerte und strich sich über die Stelle, die wohl sein Kinn war. Er schüttelte den

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