The Lucky One - Für immer der Deine/Film: Roman (German Edition)
ihn beiseite und bat ihn, auf Nana aufzupassen. Er wusste, was sie meinte. Dass Nana einen Schlaganfall erlitten hatte, war ihm sofort klar gewesen. Das morgendliche Training brachte sie stärker aus der Puste, als man erwarten sollte, und man konnte deutlich sehen, wie sie beim Gehen humpelte. Das beunruhigte ihn.
Er mochte Nana. Sie hatte eine unglaublich originelle Ausdrucksweise. Ihre Sprache amüsierte ihn, und er hätte gern gewusst, inwieweit sie das absichtlich machte. Exzentrisch oder nicht – auf jeden Fall war Nana hochintelligent, daran gab es keinen Zweifel. Oft hatte er das Gefühl, dass sie ihn kritisch musterte und bewertete, selbst bei einer normalen Unterhaltung. Sie hatte zu allem eine Meinung und keinerlei Hemmungen, diese zu äußern. Außerdem redete sie auch sehr gern über sich selbst. In den letzten Tagen hatte er schon einiges über sie erfahren. Sie erzählte von ihrem Mann und dem Zwinger,
von dem Training, das sie früher gemacht hatte, von ihren Reisen. Sie stellte ihm auch Fragen zu seiner Person. Pflichtbewusst berichtete er über seine Familie und seine Herkunft. Seltsamerweise fragte sie nie nach seiner Zeit beim Militär oder ob er im Irak gewesen sei. Das wunderte ihn. Aber von sich aus wollte er nicht davon anfangen.
Die Tatsache, dass Nana dieses Thema – und dadurch eine Vierjahreslücke in seinem Leben – betont mied, legte die Vermutung nahe, dass sie Verständnis für seine diesbezügliche Schweigsamkeit hatte. Vielleicht ahnte sie ja auch, dass der Irak-Aufenthalt etwas mit seiner Wanderung nach Hampton zu tun hatte.
Eine kluge Frau.
Offiziell arbeitete er von acht bis fünf. Inoffiziell kam er morgens immer schon um sieben und blieb meistens bis sieben Uhr abends. Er verabschiedete sich nur ungern, wenn er wusste, dass es noch so viel zu tun gab. Außerdem hatte Elizabeth auf diese Weise die Chance, ihn zu sehen, wenn sie von der Arbeit nach Hause kam. Nähe schuf Vertrauen, Vertrauen führte zu Sympathie. Und jedes Mal, wenn er sie sah, wurde er daran erinnert, dass er ihretwegen hier war.
Abgesehen davon waren die Gründe, weshalb er jetzt in Hampton wohnte, schwer greifbar. Auch für ihn selbst. Was wollte er eigentlich von ihr? Würde er ihr je die Wahrheit gestehen? Wohin sollte das alles führen? Wenn er während seiner großen Wanderung über diese Fragen nachgedacht hatte, hatte er immer angenommen, er werde die Antworten wissen, sobald er die Frau auf dem Foto gefunden hatte. Doch jetzt sah er sie vor sich, jeden Tag,
und er war immer noch nicht viel klüger als am Morgen seines Aufbruchs.
Ein paar Dinge wusste er inzwischen über sie. Beispielsweise, dass sie einen Sohn hatte. Das war eine kleine Überraschung – an diese Möglichkeit hatte er vorher nicht gedacht. Der Sohn hieß Ben und schien ein netter Junge zu sein, soweit er das bis jetzt beurteilen konnte. Nana hatte nebenbei erwähnt, dass Ben Schach spielte und viel las, aber das war auch schon alles. Thibault merkte, dass Ben ihn öfter durch die Gardinen beobachtete oder in seine Richtung schielte, wenn er bei Nana war. Aber er hielt sich demonstrativ von ihm fern. War das seine Entscheidung oder die seiner Mutter?
Vermutlich die seiner Mutter.
Bei ihrer ersten Begegnung hatte er bestimmt keinen besonders guten Eindruck auf sie gemacht. Dass er völlig erstarrt war, als er sie aus der Ferne sah, hatte ihr Misstrauen ihm gegenüber natürlich noch verstärkt. Dass sie attraktiv war, hatte er ja gewusst, aber die Wärme ihres Lächelns gab das verblasste Foto nicht richtig wieder, so wenig wie den ernsten Blick, mit dem sie ihn studierte, als forsche sie nach verborgenen Mängeln.
In Gedanken versunken kam er zum Trainingsareal hinter dem Büro. Der Mastiff hechelte jetzt noch stärker, deshalb brachte Thibault ihn zurück zum Zwinger, füllte seine Wasserschüssel und kontrollierte auch die Versorgung der übrigen Hunde, während Zeus draußen wartete. Anschließend holte er sich aus dem Büro das Lunchpaket, das er sich am Morgen gepackt hatte, und begab sich hinunter zum Fluss.
Wie gern er dort seine Mahlzeiten einnahm! Das langsam
fließende Wasser und die Eiche mit ihren niedrigen, schattenspendenden Zweigen verliehen dem Ort ein fast prähistorisches Flair, das ihm und auch Zeus gut gefiel. Etwas weiter entfernt hatte er ein Baumhaus und eine improvisierte Hängebrücke aus schiefen Brettern entdeckt. Die Brücke sah aus, als hätte sie ein eher unbegabter Bastler aus Holzresten
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