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The New Dead: Die Zombie-Anthologie

The New Dead: Die Zombie-Anthologie

Titel: The New Dead: Die Zombie-Anthologie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Brooks , Joe Hill , Tad Williams
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„Formbildungsursachen“ nennt man so etwas, oder man findet andere blödsinnige Umschreibungen: Man sähe so aus, wie man meint, zumindest meistens aussehen zu müssen. Aber die Tierseele ist noch immer in einem drin, und wenn man gerade besonders geschwächt ist, wird das Tier versuchen, wieder die Oberhand zu gewinnen. So – das behaupten zumindest die sogenannten Wissenschaftler – würde sich das Phänomen der Werwölfe erklären.
    Geist, Zombie oder Werwolf, das waren die Möglichkeiten, die mir offenstanden, vorausgesetzt, ich „trat nicht einfach von der Bühne des Lebens ab“ wie irgend so ein passiver Schwachkopf. Also begann ich zwischen Infarkt zwei und drei zu planen. Ich besaß eine ganze Menge Geld, das ich beiseitegelegt hatte – Geld für einen Ruhestand, den ich ganz offensichtlich nicht mehr lebend würde genießen können. Alsoließ ich einen Teil dieses Geldes arbeiten. Zu diesem Zweck richtete ich als Erstes ein kompliziertes Geflecht aus Shelf Companys im Ausland ein, um mein Vermögen zu verwalten. Tote haben einen rechtmäßigen Anspruch auf gar nichts, aber Kapitalgesellschaften sind unsterblich. Ich kaufte viel Grundbesitz, denn der Immobilienmarkt war kurz vorher zusammengebrochen, und ich konnte ein paar wirklich nette Schnäppchen machen. Zum einen stellte ich meinen Besitz um, und zum anderen war ich zugleich auf der Suche nach einem Plätzchen, an dem ich mich post mortem einrichten konnte. Ich brauchte einen Zweitwohnsitz, der sowohl riesig als auch auf einem ein wenig abgelegenen Grundstück stand, denn neugierige Nachbarn würden das Letzte sein, was ich gebrauchen konnte.
    Ich entschied mich für ein leer stehendes Kino in Walthamstow, das Gaumont. Es war für einen Spottpreis zu haben, obwohl es Cecil Massey entworfen hat und der größte Teil der beweglichen und unbeweglichen Einrichtungsgegenstände noch vollkommen intakt war. Das Haus war in den 1930ern errichtet worden und nie abgebrannt oder in eine dieser unsäglichen Bingo-Hallen umgebaut worden. Kurze Zeit waren dort Pornofilme gezeigt worden, aber ich machte mir keine großen Gedanken wegen der eventuell verdreckten Auslegeware. Im Grunde machte ich mir überhaupt keine Gedanken wegen des Zuschauerraums. Ich räumte den Vorführraum aus und baute eine maßgeschneiderte Klimaanlage mit einigen Gefriergeräten ein. Eine perfekt abgestimmte Temperatur und die richtige Luftfeuchtigkeit waren der Schlüssel zum Erfolg.
    Das war ungefähr der Zeitpunkt, an dem mein Ableben erfolgte. Ruhe in Frieden, Nicholas Heath! Von Beileidsbekundungen am Grab bitten wir höflichst abzusehen! Aber ich hatte schon damit gerechnet. Es war nur eine Unebenheit in der Straße. Mehr nicht. Ich hatte mich bereits entschieden, welche Art Toter ich sein würde, und dafür gesorgt, dass das Beerdigungsinstitut sich mit der Beisetzung mindestens eine Woche lang Zeit lassen würde, damit ich nicht unter Zeitdruck geriet.
    Wenn ich ehrlich bin, muss ich gestehen, dass ich über diesen Teil der Geschichte nicht gern rede. Manche Leute erzählen, sie würden einen Tunnel sehen, blendend helles Licht, himmlische Boten oder sich bewegende Stufen. Ich sah nichts. Doch ich hatte das Gefühl, nicht alles unter Kontrolle zu haben, und das jagte mir eine Scheißangst ein.Denn letztendlich war es doch nur eine Lotterie. Vielleicht bekam man ja überhaupt nicht die Gelegenheit zu entscheiden, welchen Verlauf das Ganze nehmen sollte. Unter Umständen würde ich feststellen, dass ich wie Caspar, das idiotische Gespenst, aussah oder wie Lassie, oder mich in irgendeiner anderen dämlichen, nicht handlungsfähigen Gestalt wiederfinden. Oder auch gar nicht. Überhaupt nichts. Nicht alle Toten kehren zurück, nicht einmal heutzutage.
    Doch ich kehrte zurück, und zwar als ich selbst. Ich setzte mich auf dem Tisch in der Leichenhalle auf, entließ mich selbst, nahm meine persönliche Habe an mich und machte mich auf den Weg. Einige Dinge in meiner alten Wohnung zusammenzupacken und mitzunehmen war leider nicht möglich. Vergessen Sie, was Sie über gesetzliche Kündigungsfristen wissen, denn für Tote gelten keine Verträge: Ich hatte keinen Job mehr, meine Wohnung hatte jetzt einen neuen Besitzer, und der Vermieter hatte wahrscheinlich bereits das Schloss ausgetauscht. Ich ging auf direktem Wege zum Gaumont, verriegelte die Türen und setzte meine Arbeit fort.
    In gewisser Hinsicht war der Zeitpunkt gut gewählt: Die Klimaanlage arbeitete endlich störungsfrei und

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