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The New Dead: Die Zombie-Anthologie

The New Dead: Die Zombie-Anthologie

Titel: The New Dead: Die Zombie-Anthologie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Brooks , Joe Hill , Tad Williams
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dem zu tun, was ich vorher gesagt hatte.
    „Wer sind Sie?“, fragte sie.
    „Der Besitzer“, erwiderte ich, und um mich nicht abspeisen zu lassen, wiederholte ich mich: „Es ist höchste Zeit, dass Sie von hier verschwinden.“
    Sie schüttelte den Kopf.
    Ich blinzelte. „Was meinen Sie mit ‚nein‘?“, fragte ich viel zu fassungslos, um verärgert zu sein. „Ich wohne hier, Schätzchen. Nicht Sie. Sie sind hier nicht erwünscht.“
    Die Frau zuckte nur mit den Schultern. „Aber es gefällt mir hier.“
    So, wie sie das sagte, wäre ich am liebsten nach unten gegangen, um ihr den Eimer Wasser über den Kopf zu schütten. Sie klang wie ein kleines Kind, das fragte, ob es nicht ein bisschen länger am Strand bleiben dürfe.
    „Wie kann es Ihnen gefallen?“, fragte ich jetzt wirklich ärgerlich. „Das ist doch nur ein verdammter Korridor. Gefällt es Ihnen etwa, auf dem nackten Beton zu schlafen?“
    „Das habe ich draußen auch gemacht“, erwiderte sie erstaunlich ruhig. „Zumindest gibt es hier keine Obdachlosen, die von mir einen Blowjob verlangen, damit ich mit ans Feuer darf.“
    „Denn hier gibt es kein Feuer.“
    „Aber Essen gibt es hier.“
    „Die Lebensmittel sind alle“, konterte ich barsch. „Das war das letzte Mal.“
    Sie legte ihren Kopf wieder zwischen die gefalteten Arme, als wollte sie mir damit sagen, dass die Unterhaltung beendet war.
    „Ich meine es ernst“, sagte ich. „Die Lebensmittel sind alle. Wenn Sie hierbleiben, verhungern Sie.“
    Sie antwortete nicht. Schön, sie wollte also in Ruhe gelassen werden. Ich schaltete das Mikrofon ab und überließ sie sich selbst.
    „Blöde Schlampe“, raunzte ich den Monitor an, obwohl sie mich jetzt nicht mehr hören konnte.
    Das war die erste einer ganzen Reihe noch folgender Beschimpfungen, doch ich merkte plötzlich, was gerade geschehen war. Ich war wütend. Ich hatte es irgendwie geschafft, wütend zu werden, obwohl ich nicht mehr das notwendige Rüstzeug dafür besaß.
    Aber wenn ich wütend werden konnte, dann bekam ich wahrscheinlich auch andere heftige Gefühlsregungen hin. Schnell ließ ich meine Computer hochfahren und loggte mich an meiner US-Devisenbörse ein. Fünf Stunden lang war ich völlig absorbiert, und als ich die Session beendete, lag ich mit dreihunderttausend in Führung.
    Der Nikolaus war zurück und hatte jedem einen Arschtritt mitgebracht.
    Nachdem ich die Rechner heruntergefahren hatte, sah ich noch einmal nach der Frau. Sie schien zu schlafen, doch sie regte sich, als ich das Mikrofon einschaltete.
    „Wie heißt du, Schätzchen?“, fragte ich.
    „Janine“, murmelte sie und schaute benommen in die Kamera.
    „Ich heiße Nick.“
    „Hallo, Nick.“
    „Du kannst heute Nacht hierbleiben“, erklärte ich. „Morgen reden wir miteinander.“
    Doch das taten wir nicht. Zumindest nicht sehr ausgiebig. Um sechs Uhr in der Früh stellte ich das Essen hin, noch bevor sie erwacht war, ging wieder nach oben und loggte mich ein. Der nächste Tag, an dem ich mich mit den unterschiedlichsten Börsen beschäftigte, verlief ebenso gut, und die Zeit verging wie im Fluge. Ich bestellte ein Klappbett und ein paar Decken und Kissen bei einem Laden in der Nähe, der versprach, sofort liefern zu können, ließ den ganzen Kram neben der Hintertür abstellen und schleifte alles selbst herein. Meine Haut kribbelte ein wenig, als ich mich an der frischen Luft befand, obwohl es kein warmer Tag war. Es handelte sich wohl um eine psychosomatische Reaktion.
    Im Laufe der nächsten Tage stattete ich Janines Korridor verschwenderisch aus. Sie übernahm das Einrichten: Ich kaufte den ganzen Krempel, brachte alles zu der Tür und ließ sie selber entscheiden, wo was stehen sollte. Inzwischen ließ ich das Mikrofon ständig eingeschaltet, sodass sie mir sagen konnte, was sie haben wollte: einen Stuhl und einen Tisch, einen Kessel, um sich Tee zu machen, eine chemische Toilette, ja sogar einen kleinen tragbaren DVD-Player und ein paar Filme, die sie sich anschauen konnte, während ich an der Börse beschäftigt war.
    Das Verrückteste an der ganzen Sache war jedoch, dass ich tatsächlich begann, mich mit ihr zu unterhalten, während ich meine Geschäftetätigte. Das schien meine Konzentrationsfähigkeit in einer Form zu steigern, die mir nicht nachvollziehbar war. Die meisten Themen, über die sie sich gern unterhielt, waren uninteressant und nervtötend: irgendwelche Berühmtheiten, die ihr besonders gefielen, frühere Big

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