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The New Dead: Die Zombie-Anthologie

The New Dead: Die Zombie-Anthologie

Titel: The New Dead: Die Zombie-Anthologie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Brooks , Joe Hill , Tad Williams
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Sein Gesicht befand sich im Schatten, doch als er in die Sonne trat, hätte Benny beinahe aufgeschrien. Der Mann hatte keine Augäpfel mehr, und die Augenhöhlen waren tiefe dunkle Löcher. Das Ächzen drang aus einem zahnlosen Mund mit ausgedörrten Lippen unter eingefallenen Wangen. Als der Zombie seine Hände nach ihnen ausstreckte, sah Benny – und das erschütterte ihn am meisten –, dass alle seine Finger am ersten Gelenk abgetrennt waren.
    Benny würgte und wich entsetzt zurück. Seine Muskeln spannten sich an – sein Körper machte sich bereit zur Flucht –, doch Tom legte ihm beruhigend eine Hand auf die Schulter.
    „Warte“, sagte er.
    Einen Augenblick später öffnete sich die Tür der Tankstelle, und zwei verschlafen dreinblickende junge Frauen kamen heraus, gefolgt von einem nur wenig älteren Mann mit langem braunem Bart. Sie alle waren extrem dünn und in alte Bettlaken gekleidet, die sie sich wie eine Tunika über den Körper geworfen hatten. Auch sie trugen schwere Blumengirlanden. Das Trio sah erst Benny und Tom und schließlich den Zombie an.
    „Lasst ihn in Ruhe!“, rief die jüngere Frau, während sie durch den Staub zu dem toten Mann lief und sich mit ausgebreiteten Armen schützend zwischen ihm und den Imura-Brüdern aufbaute.
    Tom hob eine Hand und nahm seinen Hut ab, damit sie sein Gesicht erkennen konnte.
    „Nur die Ruhe, kleine Schwester“, sagte er. „Niemand will ihm etwas zuleide tun.“
    Der Bärtige fischte eine Brille aus einer Tasche unter seiner Tunika, setzte sie auf und blinzelte durch die schmutzigen Gläser.
    „Tom …?“, fragte er. „Tom Imura?“
    „Hey, Bruder David.“ Er legte eine Hand auf Bennys Schulter. „Das ist mein Bruder Benjamin.“
    „Was machst du denn hier?“
    „Ich bin auf der Durchreise“, antwortete Tom. „Da wollte ich euch wenigstens Hallo sagen und Benny zeigen, wie es in dieser Welt läuft. Er war noch nie hinter dem Zaun.“
    Benny fiel auf, wie Tom das Wort dieser betonte.
    Bruder David kam näher und kratzte sich am Bart. Von nahem konnte man sehen, dass er älter war, als es anfänglich den Anschein gehabt hatte. Er war vielleicht vierzig Jahre alt und hatte dunkelbraune Augen und einige Zahnlücken. Seine Kleidung war ärmlich, aber sauber. Er roch nach Blumen, Knoblauch und Pfefferminz. Der Mann betrachtete Benny eine ganze Weile aufmerksam, während Tom einfach nur dastand und Benny nervös von einem Bein auf das andere trat.
    „Er ist kein Gläubiger“, stellte Bruder David fest.
    „Den Glauben findet man heutzutage nur schwerlich“, sagte Tom.
    „Du bist gläubig.“
    „Sehen heißt glauben.“
    Der Rhythmus ihres Wortwechsels erinnerte Benny an eine Litanei, so als habe es ihn schon einmal in dieser Form gegeben und als würde er auch in Zukunft weitere Male so stattfinden.
    Bruder David beugte sich zu Benny hinüber. „Sag mal, junger Bruder, bist du hierhergekommen, um den Kindern Gottes etwas anzutun?“
    „Äh … nein.“
    „Oder um den Kindern von Lazarus etwas anzutun?“
    „Ich weiß nicht, von wem Sie da sprechen, Mister, aber ich begleite nur meinen Bruder.“
    Bruder David drehte sich zu den Frauen um, die den Zombie gerade mit sanfter Gewalt um die hintere Ecke des Gebäudes schoben. „Der alte Roger da hinten ist ein Kind von Lazarus.“
    „Wie? Soll das heißen, er ist gar kein Zombie …“
    Tom räusperte sich, um Benny zu bedeuten, dass er besser den Mund hielt.
    Ein nachsichtiges Lächeln glitt über Bruder Davids Gesicht. „Diesen Ausdruck verwenden wir nicht, kleiner Bruder.“
    Benny wusste nicht, was er erwidern sollte, doch glücklicherweise kam Tom ihm zu Hilfe.
    „Der Name geht auf Lazarus von Bethanien zurück, einen Mann, den Jesus von den Toten auferweckte.“
    „Ja, ich erinnere mich, davon schon einmal in der Kirche gehört zu haben.“
    Als das Wort Kirche fiel, huschte ein freudiger Ausdruck über Bruder Davids Gesicht. „Du glaubst an Gott?“, fragte er hoffnungsvoll.
    „Ich denke schon …“
    „Heutzutage“, sagte Bruder David, „ist das mehr als bei den meisten Menschen.“ Verstohlen zwinkerte er Tom zu.
    Benny blickte an ihm vorbei den Frauen hinterher, die den Zombie fortgebracht hatten. „Ich krieg das nicht auf die Reihe. Dieser Mann ist ein … Er ist tot, richtig?“
    „Ein lebender Toter“, korrigierte Bruder David.
    „Genau. Warum hat er nicht versucht … Na, Sie wissen schon.“ Benny tat so, als wollte er jemanden packen und beißen.
    „Er hat keine

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