The New Dead: Die Zombie-Anthologie
Zähne“, erklärte Tom. „Und seine Hände hast du ja gesehen.“
Benny nickte. „Habt ihr das etwa getan?“, wollte er von Bruder David wissen.
„Nein, kleiner Bruder“, antworte Bruder David mit einem mitleidigen Gesichtsausdruck. „Nein, das waren andere Leute, die dem alten Roger das angetan haben.“
„Wer?“, hakte Benny nach.
„Meinst du nicht eher, warum ?“
„Nein, wer . Wer kann so etwas tun?“
Bruder David erklärte: „Der alte Roger ist nur eines der Kinder, die auf diese Weise gequält wurden. Im ganzen Land kann man sie finden. Männer und Frauen, denen die Augen ausgestochen, die Zähne herausgerissen oder die Unterkiefer weggeschossen wurden. Den meisten von ihnen fehlen einige Finger oder eine, manchmalsogar beide Hände. Und ich möchte gar nicht von den all den anderen Dingen sprechen, die ich gesehen habe. Dafür bist du noch zu jung, kleiner Bruder.“
„Ich bin fünfzehn“, entgegnete Benny mit leichtem Trotz in der Stimme.
„Du bist noch zu jung. Ich kann mich noch gut an die Zeit erinnern, als man mit fünfzehn noch als Kind galt.“ Bruder David wandte sich um und sah zu den beiden jungen Frauen hinüber, die ohne den alten Zombie zurückkehrten.
„Er ist im Schuppen“, sagte die Blonde.
„Und er ist noch sehr aufgeregt“, ergänzte die Rothaarige.
„Nach einem Weilchen wird er sich wieder beruhigen“, erklärte Bruder David.
Die Frauen standen neben der Zapfsäule und blickten Tom an, dessen Aufmerksamkeit plötzlich den Wolken galt. Normalerweise hätte Benny nun einen Scherz auf Toms Kosten gemacht, doch jetzt war ihm ganz und gar nicht danach zumute. Er wandte sich wieder dem Bärtigen zu.
„Wer tut denn so etwas einem alten Mann an? Und all den anderen, die Sie erwähnten. Was sind das für Drecksäcke, die sich hier draußen herumtreiben und so etwas machen?“
„Kopfgeldjäger“, antwortete die Rothaarige.
„Killer“, sagte die Blonde.
„Warum?“
„Wenn ich das wüsste“, seufzte Bruder David, „wäre ich ein Heiliger und kein Mönch an einer Zwischenstation.“
Benny drehte sich zu Tom um. „Ich kapier das nicht … Du bist doch auch ein Kopfgeldjäger.“
„Kann schon sein, dass ich das für manche Leute bin.“
„Machst du auch so etwas?“
„Was glaubst du?“
Benny schüttelte bereits den Kopf.
Tom sagte: „Was weißt du eigentlich über Kopfgeldjäger?“
„Sie töten Zombies“, antwortete Benny und zuckte zusammen, als er die entsetzte Reaktion Bruder Davids und der beiden Frauen bemerkte. „Na ja, so ist es doch. Genau dafür gibt’s Kopfgeldjäger. Sie kommen hierher und jagen die … äh … Sie wissen schon … die lebenden Toten.“
„Wieso?“, wollte Tom wissen.
„Wegen des Geldes.“
„Wer bezahlt sie?“, fragte Bruder David.
„Die Leute aus der Stadt. Die Leute aus anderen Städten“, antwortete Benny. „Ich habe gehört, dass sie manchmal auch Geld von der Regierung bekommen.“
„Von wem hast du das denn?“, erkundigte sich Tom.
„Von Charlie Matthias.“
Bruder David warf Tom einen fragenden Blick zu. Der erklärte: „Charlie Pink-Eye.“
Die Gesichter des Mönchs und der beiden Frauen wurden ganz blass. Bruder David schloss die Augen und schüttelte bedächtig den Kopf.
„Was ist los?“, fragte Benny.
„Ihr könnt zum Abendessen bleiben“, verkündete Bruder David steif und mit noch immer geschlossenen Augen. „Gott verlangt von all seinen Kindern Gnade und Nächstenliebe. Aber ich möchte, dass ihr geht, sobald ihr aufgegessen habt.“
Tom legte dem Mönch eine Hand auf die Schulter. „Wir gehen sofort weiter.“
Die Rothaarige trat vor Tom. „Es war ein netter Tag, bis ihr gekommen seid.“
„Nein“, widersprach Bruder David in scharfem Tonfall, um dann etwas sanfter hinzuzufügen: „Nein, Sarah … Tom ist unser Freund, und wir benehmen uns nicht gerade sehr nett.“ Er öffnete die Augen, und Benny hatte das Gefühl, dass der Mann nun aussah wie ein Siebzigjähriger. „Es tut mir leid, Tom. Bitte verzeih Schwester Sarah, und verzeih auch mir, dass ich …“
„Nein“, unterbrach ihn Tom. „Es ist schon in Ordnung. Sie hat ja Recht. Es war ein netter Tag und nicht richtig, dass ich den Namen dieses Mannes hier ausgesprochen habe. Ich entschuldige mich bei dir, bei ihr, bei Schwester Claire und beim alten Roger. Es ist für Benny das erste Mal, dass er hier draußen in Zerfall und Zerstörung ist. Er hat … diesen Mann … getroffen und eine Menge Geschichten
Weitere Kostenlose Bücher