The New Dead: Die Zombie-Anthologie
du, was ich tun musste, damit du in Sicherheit warst … damit wir in Sicherheit waren. Du hast nicht den blassesten Schimmer, was ich …“
Tom brach mitten im Satz ab und stieß Benny von sich, der unsanft zwischen dem Unkraut und den alten Knochen auf seinem Hintern landete. Seine Augen waren weit aufgerissen vor Schreck. Tom stand über ihm, und sein Gesicht spiegelte die unterschiedlichsten Empfindungen wider: Wut, Erschütterung darüber, wie er sich benahm, brennende Verzweiflung und … Zuneigung.
„Benny …“
Benny stand auf und klopfte sich den Staub von der Hose. Er blickte noch einmal in die Richtung, aus der sie gekommen waren, trat zu Tom und starrte seinen Bruder an. Dieselben Gefühle, die Tom bewegten, waren auch in seinem Blick zu erkennen.
„Es tut mir leid“, platzten beide heraus.
Sie starrten sich an.
Benny lächelte als Erster.
Toms Lächeln kam etwas zögerlicher.
„Du bist eine ganz schöne Nervensäge, kleiner Bruder.“
„Und du bist echt ein Idiot.“
Eine heiße Brise strich über sie hinweg. „Wenn du umkehren möchtest, kehren wir um“, meinte Tom.
Benny schüttelte den Kopf. „Nein.“
„Warum nicht?“
„Muss ich darauf eine Antwort geben?“
„Nicht sofort. Aber irgendwann wirst du das müssen.“
„Okay“, erwiderte Benny. „Ich denke, damit kann ich leben. Aber eines möchte ich noch wissen. Ich weiß, du hast es mir schon gesagt, aber ich möchte eine ganz ehrliche Antwort, Tom.“
Tom nickte.
„Du bist nicht wie die anderen. Stimmt das? Schwör auf irgendwas.“ Benny zog seine Brieftasche hervor und hielt das Foto hoch. „Schwör beim Andenken von Mom und Dad.“
Tom nickte. „Okay, Benny. Ich schwöre.“
„Bei Moms und Dads Andenken.“
„Bei Moms und Dads Andenken.“ Tom berührte das Bild und nickte ernst.
„Dann lass uns gehen.“
Der Nachmittagssonne brannte erbarmungslos auf sie herab, während sie der zweispurigen Straße um den Fuß des Berges herum folgten. Eine geraume Zeit lang sprach keiner der beiden ein Wort, bis Tom schließlich sagte: „Wir sind nicht nur so zum Vergnügen unterwegs, Kleiner. Ich habe einen Job zu erledigen.“
Benny warf ihm einen überraschten Blick zu. „Du musst einen Zombie erlegen?“
Tom zuckte die Schultern. „Ich würde es zwar anders ausdrücken, aber ja, im Grunde genommen ist es das.“
Sie gingen noch einen Kilometer.
„Wie läuft das eigentlich ab? Der … Job, meine ich.“
„Ein wenig hast du ja schon mitbekommen, als du dich als Erosionskünstler beworben hast“, antwortete Tom. Er kramte einen Briefumschlag aus einer seiner Jackentaschen, öffnete ihn und nahm einen Zettel heraus, den er entfaltete und Benny reichte. An eine Ecke des Blattes war ein kleines Farbfoto geheftet worden, das einenlächelnden Mann von circa dreißig Jahren mit rotblonden Haaren und einem spärlichen Bart zeigte. Auf dem Blatt war ein großes Porträt desselben Mannes als Zombie abgebildet. Jemand hatte von Hand den Namen Harold darunter geschrieben.
„ Das machen sie also mit diesen Fotos?“
„Nicht immer, aber meistens. Die Leute lassen Bilder anfertigen von ihren Ehefrauen, Ehemännern, Kindern … von jedem, den sie geliebt und verloren haben. Manchmal können sie sich sogar noch daran erinnern, was der Gesuchte in der Ersten Nacht anhatte. Das erleichtert mir die Sache ungemein, da sich die Toten – wie ich bereits sagte – nur selten weit von dem Ort entfernen, an dem sie gewohnt oder gearbeitet haben. Leute wie ich spüren sie auf.“
„Und bringen sie um?“
Tom beantwortete diese Frage lediglich mit einem Achselzucken. Als sie um eine Kurve bogen, erblickten sie die ersten Häuser einer sich an den Berghang schmiegenden kleinen Stadt. Sogar aus einem halben Kilometer Entfernung konnte Benny die in den Höfen und auf den Gehwegen stehenden Zombies deutlich ausmachen. Eine dieser unheimlichen Gestalten stand mitten auf der Straße und hielt das Gesicht in die Sonne.
Nichts regte sich.
Tom faltete das Erosionsporträt zusammen, verstaute es wieder in seiner Tasche und betupfte seine Kleidung mit ein wenig Diaminopentan. Er reichte Benny das Mittel und gab ihm auch das Minzgel, nachdem er sich selbst die Oberlippe damit eingerieben hatte.
„Bist du bereit?“
„Nicht im mindesten.“
Tom zog seine Pistole und ging voran. Benny schüttelte den Kopf. Er konnte nicht glauben, was ihm dieser Tag schon alles gebracht hatte.
XI.
„Werden sie uns nicht angreifen?“, fragte
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