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The New Dead: Die Zombie-Anthologie

The New Dead: Die Zombie-Anthologie

Titel: The New Dead: Die Zombie-Anthologie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Brooks , Joe Hill , Tad Williams
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verzweifelt, Tom zu beißen,was den jedoch nicht zu stören schien. Benny hingegen hatte eine höllische Angst vor diesen grauen, vergammelten Zähnen.
    Mit einer geschickten Drehung aus dem Handgelenk warf Tom dem Zombie die Schlinge um den Kopf, sodass sie unter dessen Kinn lag, und zog sie dann mit einem festen Ruck zu. Der Kiefer der Kreatur schlug hörbar aufeinander, und es war ihr nun unmöglich, den Mund wieder zu öffnen. Tom wickelte die Seidenschnur so um den Zombiekopf, dass sie um den Kiefer herum und über die Schädeldecke verlief. Als er sie drei Mal so um den Kopf des Zombies geschlungen hatte, verknotete er sie. Anschließend arbeitete er sich weiter den Körper des Zombies entlang, kniete sich auf dessen Beine und band die Knöchel zusammen.
    Nachdem er sich noch einmal vergewissert hatte, dass alle Knoten fest zugezogen waren, stand Tom auf, verstaute die Schnur in der Tasche und schob das Messer in die Lederscheide, die an seinem Gürtel befestigt war. Während er sich zu Benny umdrehte, klopfte er sich bereits den Staub von seiner Jacke.
    „Danke für die Warnung, Kleiner, aber ich hatte alles im Griff.“
    „Ähm … verdammte Sch…!“
    „Nicht solche Ausdrücke!“, unterbrach Tom ihn ruhig.
    Tom ging zum Fenster und sah hinaus. „Draußen sind acht Zombies.“
    „W-wollen wir … Ich meine, sollten wir nicht die Fenster verbarrikadieren?“
    Tom lachte. „Du hast wohl zu viele Gruselgeschichten gehört. Wenn wir jetzt Nägel einschlagen, würde das jeden lebenden Toten in der ganzen Stadt anlocken. Sie würden uns belagern.“
    „Aber wir sitzen in der Falle.“
    Tom sah ihn an. „ In der Falle sitzen ist relativ. Wir können nicht durch die Vordertür raus, das ist klar. Ich nehme aber an, dass es eine Hintertür gibt. Wir bringen das hier zu Ende, stehlen uns dann schön leise davon und machen uns wieder auf den Weg.“
    Benny starrte erst ihn und dann den auf dem Teppich liegenden und sich noch immer windenden Zombie an.
    „Du … du willst…“
    „Erfahrung, Benny. Das hab ich schon öfter gemacht. Na los, hilf mir, ihn aufzurichten.“
    Sie knieten sich rechts und links neben den Zombie, doch Benny mochte ihn nicht anfassen. Er hatte noch nie eine Leiche berührt und wollte nun nicht gerade mit einem Zombie anfangen, der nach seinem Bruder geschnappt hatte.
    „Benny“, beruhigte Tom ihn, „er kann dir nichts mehr tun. Er ist völlig hilflos.“
    Der Ausdruck hilflos traf Benny zutiefst. Er ließ Erinnerungen wach werden an den alten Roger ohne Augen, Zähne und Finger und an die beiden jungen Frauen, die sich um ihn kümmerten. Und nicht zuletzt an die arm- und beinlosen Zombies auf dem Wagen.
    „Hilflos“, sagte er leise. „Gott …“
    „Komm schon“, ermutigte Tom ihn sanft.
    Gemeinsam hoben sie den Zombie hoch. Er war leicht – viel leichter, als Benny erwartet hatte –, und sie trugen und zogen ihn abwechselnd ins Esszimmer und weg vom Wohnzimmerfenster. Durch die mottenzerfressenen Vorhänge fiel das Sonnenlicht schräg in den Raum. Die Überreste einer Mahlzeit, die noch auf dem Tisch standen, waren schon vor langer Zeit zu Staub zerfallen. Sie setzten den Zombie in einen Sessel, und Tom nahm erneut die Schnur zur Hand, um ihn daran festzubinden. Der Zombie wehrte sich noch immer, doch Benny hatte verstanden. Der Zombie war tatsächlich hilflos.
    Hilflos .
    Das Wort hing geradezu in der Luft, hässlich und mit einer neuen, schrecklichen Bedeutung.
    Tom holte den Umschlag aus einer Jackentasche. Außer dem gefalteten Erosionsporträt hielt er nun noch einen cremefarbenen Briefbogen mit einigen handgeschriebenen Zeilen in der Hand. Tom las sie schweigend durch, seufzte und wandte sich dann seinem Bruder zu.
    „Den Toten Einhalt zu gebieten, Benny, ist nicht der schwierigste Teil.“ Er hielt den Brief hoch. „Das hier ist es.“
    Benny nahm den Brief entgegen.
    „Meine Kunden – die Leute, die mich beauftragen, hierherzukommen – wünschen für gewöhnlich, dass noch etwas gesagt wird. Meist sind es Dinge, die sie gerne selber sagen würden, es jedoch nicht können. Sie brauchen das, um mit etwas abzuschließen. Verstehst du?“
    Benny las den Brief. Sein Atem stockte, und er nickte, während ihm die ersten Tränen über die Wangen liefen.
    Sein Bruder nahm den Brief wieder an sich. „Ich muss ihn laut vorlesen, Benny, verstehst du?“
    Benny nickte noch einmal.
    Tom hielt den Brief in das Sonnenlicht, in dem Tausende Staubteilchen umherschwebten, und

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