The Road of the Dead
Geräusch nistete sich in meinem Kopf ein und hypnotisierte den Bereich meines Gehirns, der lieber alles vergessen hätte, worüber ich mit Cole reden musste.
Ich weiß nicht, wie lange es dauerte – vielleicht fünf Minuten –, aber schließlich merkte ich, dass ich ihn eingeholt hatte und ohne die Angst neben ihm herlief, die seit Tagen an mir genagt hatte.
Er wandte den Kopf und sah, wie ich ihn anblickte. »Was ist?«, fragte er. »Was ist mit dir?«
»Nichts – ich muss mit dir über was reden.«
»Und über was?«
»Als ich heute mit Jess zusammen war, hat sie Billy McGinley erwähnt.«
»Wen?«
Ich lächelte. »Ja, das hab ich sie auch gefragt. Aber sie hat sich genauso wenig täuschen lassen. Wir wissen doch beide, was passiert ist.«
»Ja? Und?«
»Ich bin nicht blöde, Cole.«
»Hab ich auch nie behauptet.«
»Nur weil ich nicht drüber rede, heißt das noch lange nicht, dass ich nicht Bescheid weiß.«
»Worüber?«, sagte er gereizt. »Wie soll ich wissen, wovon du redest, wenn du es mir nicht sagst?«
»Na gut«, seufzte ich, »wenn du willst.« Ich sah ihn an. »Ich rede von Dads Kampf gegen Tam Docherty – okay?«
|177| »Was ist damit?«
»Es war alles abgekartet, nicht?«
Er zögerte kurz, dann nickte er. »Ja, die Puhler waren wegen jeder Menge Sachen hinter Dad her, die er vor Jahren begangen hatte – Blanko-TÜ V-Bescheinigungen , geklaute Autos, der vertrackte Range-Rover-Deal, den er am Laufen hatte …« Er schüttelte den Kopf. »Alles Kleinkram, aber er war schon so lange ungestraft davongekommen, dass die ihn unbedingt endlich festnageln wollten. Als sie dann von dem Kampf hörten –«
»Wer hat es ihnen gesteckt? Die Dochertys?«
»Wahrscheinlich.« Er sah mich an. »Sie konnten Dad nie leiden.«
»Wieso nicht?«
»Keine Ahnung … wahrscheinlich einfach so eine Familienfehde-Geschichte. Die Dochertys und die Fords hassten sich schon seit Jahren. Das geht so lange, dass sich niemand mehr erinnert, wie es eigentlich angefangen hat.«
Ich sah ihm in die Augen. »Das ist doch Bullshit, Cole, das weißt du genau.«
Er blieb stehen und starrte zurück. »Wie bitte?«
»Es gibt keine Familienfehde«, erklärte ich ihm. »Es hat auch nie eine gegeben. Die Dochertys haben es den Bullen doch nur aus einem einzigen Grund gesteckt: Sie wollten Dad heimzahlen, dass er Billy McGinley zur Strecke gebracht hat.«
Cole schüttelte den Kopf. »Ich weiß überhaupt nicht, wovon du redest.«
»Doch, das weißt du«, erklärte ich ihm. »Billy hat sich auf einem Gelände in Norfolk ein kleines Mädchen geschnappt und sie zwei Tage in seinem Wohnwagen eingesperrt. Das Mädchen war |178| die Tochter von Jem Rooney – Jem war Dads bester Freund.« Ich sah Cole an. »Du hast ihn immer Onkel Jem genannt – erinnerst du dich?«
Cole sagte nichts.
»Ich weiß nicht genau, was passiert ist«, fuhr ich fort, »aber ein paar Tage später hat man Billy McGinley in einem Feld bei Cambridge tot aufgefunden. Jemand hatte ihm von hinten in den Kopf geschossen.«
»Und?« Cole zuckte die Achseln.
»Und an dem Abend, als Billy umgebracht wurde, seid ihr, du und Dad, losgezogen und erst spät nachts wiedergekommen. Als ihr auf den Hof kamt, hast du irgendwas im Kofferraum des Volvo verstaut, in dem Dad seine zwielichtigen Gelder und so was versteckt.«
»Du
weißt
davon?«
»Ich weiß es seit Jahren. Als ich noch klein war, hab ich regelmäßig den Kofferraum aufgemacht und ein paar Fünfer für mich abgezweigt.« Ich sah ihn an. »Darum weiß ich auch, dass du in der Nacht dort die Pistole versteckt hast. Ich hab sie am nächsten Tag gesehen.«
Cole wollte etwas sagen, dann entschloss er sich anders und schwieg.
»Ich weiß, dass du die Pistole im Rucksack hast«, sagte ich zu ihm. »Ich hab gesehen, wie du sie rausgenommen hast, ehe du von unserm Hof runter bist.«
Er zuckte wieder die Schultern und ging weiter, den Blick fest auf das Dorf vor uns gerichtet. Wir waren inzwischen fast da, gingen gerade an dem alten Natursteinhaus am Ende der Straße vorbei. Die Laternen waren eingeschaltet, aber das Licht nützte nicht |179| viel. Das Grau des Dorfs saugte den schwachen orangefarbenen Strahl einfach auf, so wie es alles andere aufsaugte – Geräusche, Farben, das Leben, den Tod. Alles verwischte einfach zu Grau.
»Dann leugnest du es also nicht?«, sagte ich zu Cole.
»Was leugne ich nicht?«
»Die Pistole …«
»Nein«, sagte er unumwunden. »Ich leugne sie
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