The Road of the Dead
weiter, während Nate und Bohne sie von beiden Seiten bewachten, dann schlug Quentin Red auf die Schulter und ging fort, die Straße hinauf. Nate und Bohne wollten gerade hinter ihm her, doch Quentin entließ sie mit einer abweisenden Handbewegung.
Ich spürte, wie sich Cole neben mir innerlich spannte.
|195| Ich dachte, wir würden uns jetzt mal wieder bewegen. Ich dachte, wir würden Quentin die Straße hoch folgen. Aber Cole rührte sich nicht. Er blieb einfach stehen, den Blick auf die andern fixiert. Sie lungerten jetzt bloß herum – zündeten sich Zigaretten an, machten Späße und rempelten sich gegenseitig. Sie wirkten viel entspannter, nachdem Quentin gegangen war.
»Cole?«, flüsterte ich. »Was machen wir?«
Er hob die Hand –
sei still
.
Ich war still.
Ich hörte jemanden einen bellenden Laut von sich geben, dann winseln, dann lachen – und als ich wieder über die Straße schaute, sah ich, wie Red, Bohne und Nate den Tod von Jess’ Hund nachmachten. Ich sah leblose Pfoten, verdrehte Augen, heraushängende Zungen … dumm grinsende Gesichter. Ich sah tiefes Rot und Schwarz und knochenweiße Wut … ich sah Gewalt … Schmerz … ich sah mich Dinge tun, die ich nie für möglich gehalten hatte.
»Bist du so weit?«, flüsterte Cole.
»Was?«
»Komm, sonst verlieren wir sie.«
Die drei Männer hatten sich jetzt getrennt. Red fuhr in seinem Toyota Pick-up davon, Nate und Bohne überquerten die Straße und gingen auf einen dunkelblauen Astra Caravan zu. Cole hatte den Rucksack vom Rücken genommen und hielt ihn vor sich, die rechte Hand im Innern.
»Jetzt
komm
«, zischte er und zog mich am Arm.
Der Astra parkte auf unserer Seite der Straße, ungefähr zehn Meter entfernt. Als Nate und Bohne die Türen öffneten und einstiegen, folgte ich Cole in gebücktem Lauf zum Heck des Wagens. |196| Ich sah ihn durchs Rückfenster schauen, dann gab er mir Zeichen, die linke Seite zu nehmen, und als der Motor stotternd ansprang und Auspuffgase in unsere Gesichter bließ, jagte Cole nach rechts, riss die hintere Tür auf und sprang hinein. Bis ich das Gleiche getan hatte und links eingestiegen war, hatte Cole schon die Pistole aus dem Rucksack gezogen und rammte sie Nate in den Hinterkopf.
»Fahr«, erklärte er ihm.
Bohnes Kopf schwang auf dem Beifahrersitz herum, doch bevor er etwas sagen konnte, hatte ihm Cole schon den Pistolenlauf ins Gesicht geknallt und dann schnell wieder zurück gegen Nates Kopf gestoßen. Während Bohne auf dem Sitz nach vorn sackte und sich den Kopf mit den Händen hielt, beugte sich Cole vor, ganz dicht an Nates Ohr.
»Fahr«, sagte er noch einmal.
Und diesmal fuhr der Wagen los.
Nates Hände zitterten auf dem Lenkrad, als wir langsam die Straße hinauffuhren. Schweiß glänzte in seinem Nacken und im Rückspiegel sah ich, wie sich die Angst in seinen Augen weiß abzeichnete. Es war eine tierhafte Angst – gedankenlos und stumm – und ein Teil von mir hatte Mitleid mit ihm. Es war aber nur ein kleiner Teil und es fiel mir nicht schwer, ihn zu ignorieren. Auf dem Beifahrersitz neben ihm stöhnte und fluchte Bohne, Gesicht und Hände blutüberströmt.
»Verdammt«, spie er, »scheiße … meine Nase ist gebrochen –«
»Halt die Klappe«, sagte Cole.
Bohne drehte sich langsam wieder um, zuckte jedoch mit einem |197| erstickten Schrei schnell zurück, als Cole ihm noch einmal eins mit der Pistole überzog, diesmal mit einem gewaltigen Schlag quer über den Mund. Bohne knickte auf seinem Sitz ein, die Augen zusammengepresst vor Schmerz, und ich nehme an, er hatte jetzt nicht nur eine gebrochene Nase, sondern auch ein paar ausgeschlagene Zähne.
»Am Ende der Straße umdrehen«, sagte Cole zu Nate.
Nates Blick sprang nervös im Spiegel hin und her. »Was?«
»Bist du jetzt nicht nur blöd, sondern auch noch taub?«
Nate schaute finster. »Ich hab nicht –«
»Dreh einfach um.«
Wir waren am Ende des Dorfs angekommen. Als Nate den Wagen abbremste und zu wenden begann, sah ich Henry Quentins großes Haus durch die Nacht auf uns herableuchten. In einem Fenster des oberen Stockwerks brannte hell leuchtend ein einsames Licht, doch der Rest des Hauses war dunkel. Im Lichtschein des Fensters entdeckte ich die Schattenformen gewundener Bäume in einem riesigen wuchernden Garten hinter dem Haus. Ein halbes Dutzend Autos parkte auf der heruntergekommenen Zufahrt draußen vorm Haus. Darunter waren auch einige Land Rover – einer davon hätte der
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