Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
The Road of the Dead

The Road of the Dead

Titel: The Road of the Dead Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
Vom Netzwerk:
über die fernen Berge und verdunkeln das Moor mit ihren Schatten. Ich höre das Flüstern eines aufkommenden Windes. Cole zittert. Die Wiesen mit dem blassen Gras fangen an sich zu rühren.
    »Weißt du, er meint wirklich, was er gesagt hat«, sagt Jess leise.
    »Wer?«
    »Mein Onkel. Wenn du Hilfe brauchst   –«
    »Warum solltet ihr mir helfen wollen?«, sagt Cole auf einmal. »Was hab ich denn je für euch getan?«
    »Es geht nicht um eine Gegenleistung«, sagt Jess. »Wir bieten dir nur unsere Hilfe an.«
    »Warum?«
    Sie zuckt die Achseln. »Ist das wichtig?«
    »Geht’s dir um Red, weil er deinen Hund getötet hat? Ist es das?«
    Ihre Stimme wird eisig. »Der hat es schon lange verdient. Dass er Tripe getötet hat, war nur der letzte Tropfen. Red sollte schon immer ordentlich was verpasst kriegen, bevor wir hier weggehen, Hund hin oder her.«
    Cole sieht sie an. »Ihr geht weg?«
    Sie nickt. »Ja, morgen.«
    »Wohin geht ihr?«
    »Dahin   … dorthin   …« Sie zuckt die Achseln. »Solange es nicht hier ist, ist es mir ziemlich egal.«
    »Gefällt’s dir hier nicht?«
    »Was sollte mir hier denn gefallen?«
    Cole nickt mit dem Kopf. »Ich hab mich ja sowieso gefragt   …«
    »Was?«
    »Nichts   … geht mich nichts an.«
    |270| »Du hast dich gefragt, was wir hier machen?«
    »Na ja   …« Er schaut herum in die Leere. »Ich meine, es gibt hier nicht gerade viel, oder?«
    Jess lächelt ihn an. »Keine Arbeit, kein Ort, wo man irgendwas verkaufen kann. Keine Jahrmärkte. Es ist ja nicht mal ein besonders schöner Platz.«
    Cole starrt sie mit halb offenem Mund an.
    Jess lacht leise. »Um die Wahrheit zu sagen, ich weiß wirklich nicht, was wir hier machen. Es war die Idee von meinem Onkel. Er hat den Ort in einem Traum gesehen.«
    »In einem Traum?«
    »Er hat manchmal welche – Träume von Reisen, Träume von
    Orten. Er weiß zwar nicht, was sie bedeuten, aber er glaubt, dass sie etwas bedeuten.«
    »Und bedeuten sie was?«
    »Wer weiß?« Sie zuckt die Schultern. »Wahrscheinlich bedeuten sie genauso viel wie alles andere.«
    Cole schüttelt den Kopf. »Und ihr folgt
echt
diesen Träumen? Ihr geht an Orte, von denen dein Onkel
träumt

    »Manchmal – wenn wir uns langweilen oder nichts Besseres zu tun haben. Es passiert nicht oft, aber wenn es nirgendwo Arbeit gibt oder wir keine Arbeit brauchen   …« Ihre Stimme verliert sich und sie schaut auf das Moor. »Ich weiß, es ist keine besonders schöne Gegend«, sagt sie, »aber zumindest mal eine Abwechslung zu dem Leben in irgendeinem Dreckloch, das sich Stadt nennt und aussieht und riecht wie jedes andere Dreckloch, wo du schon mal gewesen bist.«
    Cole nickt wieder. »Aber die Menschen sind auch hier nicht anders.«
    |271| »Menschen sind überall gleich.«
    Sie sitzen eine Weile schweigend da. Cole sieht sich um, atmet die Luft, denkt über Träume und Möglichkeiten nach, Jess starrt traurig auf Finn. Er liegt im Gras zu ihren Füßen – den Kopf am Boden, die sanften braunen Augen ins Leere gerichtet. Jess möchte ihn trösten, aber sie weiß, dass das nicht möglich ist – man kann niemanden trösten, der nicht begreift. Sie seufzt tief und schaut in die Sonne, die schnell hinter die sich immer mehr zuziehenden Wolken sinkt – eine Sonne, die den Himmel mit einem schwelenden schwarzen Licht erfüllt, das die Welt in Asche legt.
    »Glaubst du, Ruben ist okay?«, fragt Jess leise.
    »Das will ich hoffen.«
    Sie sieht ihn an. »Was hast du vor?«
    »Ihn finden.«
    »Wie denn?«
    »Er ist mein Bruder   … ich finde ihn.«
    »Aber was ist mit Quentin? Der blufft nicht, Cole. Wenn du hierbleibst und nach Ruben suchst, wird Quentin ihn umbringen.«
    »Dann geh ich eben.«
    »Aber du hast doch gerade gesagt   –«
    »Ich finde ihn.«
    »Du kannst doch nicht beides.«
    Cole sieht sie an. »Er ist mein Bruder, Jess. Ich kann alles.«

|272| Siebzehn
    I ch war jetzt müde. Mein Kopf dröhnte. Ich hatte Hunger und Durst und mir war kalt. Schwarze Lichter blitzten in meinen Augen und der betäubende Schmerz in meinen Armen war in die Schultern gewandert und über den Hals bis hinunter in die Brust. Ich winselte wie ein Tier. Mein Rücken tat weh vom Sitzen auf dem harten Holzfußboden und der Schmerz in meiner angeschwollenen Blase war so schlimm geworden, dass ich nachgeben musste und mir in die Hose machte.
    Ich wusste nicht, was ich tat.
    Als sich das Licht zu einer empfindungslosen Dämmerung verlor, ließ ich mich wieder

Weitere Kostenlose Bücher