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The Road of the Dead

The Road of the Dead

Titel: The Road of the Dead Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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regenüberströmten Fenster hinten, aber ich spüre nichts von ihm. Er ist nur ein Schemen, ein Schatten, ein Anti-Bruder   … der nach Hause fährt   …
    Und jetzt ist er weg und das Einzige, was ich sehe, sind die im Regen verschwimmenden Busrücklichter, die langsam in der empfindungslosen Dunkelheit verschwinden.
     
    »Wach auf«, sagte die Stimme.
    Ich spürte, wie etwas gegen meinen Fuß stieß, und dachte einen Moment, die Ratte wäre zurückgekommen. Ich verstand allerdings nicht, warum sie mir klarzumachen versuchte, ich solle aufstehen.
    |276| »Hey, Arschloch«, sagte die Stimme. »Wach
auf

    Ich spürte, dass jemand mich trat, und da wusste ich, es war nicht die Ratte. Ratten treten nicht. Sie reden auch nicht. Ratten haben plinkernde Augen, zuckende Nasen und gelbe Zähne. Ratten haben kein Problem damit, mich schlafen zu lassen.
    »Vielleicht ist er ja tot«, sagte eine andere Stimme.
    »Das will ich nicht hoffen. Quentin würde uns umbringen. Tritt ihn noch mal.«
    Diesmal spürte ich es richtig. Ein waschechter Stiefel gegen meinen Oberschenkel, doch ich war zu müde und betäubt, um zu reagieren. Das Einzige, was ich schaffte, war die Augen zu öffnen und auf den Stiefel zu starren – einen abgestoßenen alten Timberland-Stiefel mit abgewetzten Lederschnürsenkeln – und danach langsam hochzuschauen, um herauszufinden, wem er gehörte. Teilnahmslose Augen blickten mich an, ein dumpfes Gesicht, mürrisch und derb   … ich wusste nicht, wer das war. Es war einfach ein Mann. Ein junger Typ. Eine Tiermenschen-Figur in einem braunen Diesel-Oberteil.
    »Lebst du noch?«, fragte er grinsend.
    Sein gesträhntes blondes Haar war zu einem modischen Durcheinander gegelt, das nicht zu ihm passte. Es sah aus wie das Haar von jemand anderem. Ein kleines silbernes Kruzifix hing ihm am Ohr. Seine Lippe war mit einem mattgoldenen Stift gepierct.
    »Nett«, murmelte ich.
    Er ruckte mit seinem Kopf auf mich zu wie ein verrücktes Huhn.
    »
Was
ist?«
    Sein Atem roch süßlich nach Marihuana.
    |277| »Was hast du gesagt?«, zischte er mir entgegen.
    Ich konnte nicht sprechen, ich sah ihn nur an. Ein dünner Speichelfaden zitterte in einer Lücke zwischen seinen Zähnen. Ich wusste, er würde mich wieder treten, aber das war mir ziemlich egal. Ich war zu müde, als dass es mich hätte interessieren können. Ich senkte den Kopf und wartete auf den groben Stiefeltritt, doch plötzlich sprach wieder die andere Stimme.
    »Lass das, Sim – nimm nur die Hände.«
    »Hä?«
    »Seine Hände   … tu einfach, was Henry gesagt hat.«
    Ich hob wieder den Kopf und sah, wie Vince mit einer Flasche Wasser und einer zusammengeknüllten Supermarkttüte in den Händen an meinen Füßen stand. Sein Haar war feucht vom Regen, glänzte ölig in dem gebrochenen Licht und seine Haut war bleich und gespannt. Er sah nicht aus, als ob er sich besonders wohlfühlte. Seine Augen wirkten gequält von der Angst, die man spürt, wenn man weiß, dass man zu weit gegangen ist. Er wollte raus, doch er wusste, dafür war es jetzt zu spät. Er steckte viel zu tief drin.
    »Gefällt dir das hier?«, hörte ich mich sagen.
    Einen Moment starrte er mich an, dann wandte er sich an Sim. »Mach schon«, sagte er, »lass es uns schnell erledigen und dann raus hier.«
    Ich hörte ein scharfes metallisches Schnappen, dann bückte sich Sim zu mir nieder, ein Schnappmesser mit Horngriff in seiner Hand. Ein instinktives Einatmen der Leere verfing sich in meiner Kehle, doch ehe ich Zeit hatte, drüber nachzudenken, war Sim schon um mich herum nach hinten abgetaucht und schnitt die Fesseln an meinen Händen durch. Er machte das nicht besonders |278| behutsam, und obwohl meine Arme taub waren, spürte ich, wie mir die Klinge in die Haut schnitt. Aber das war nichts verglichen mit dem Schmerz, der in meine Hände schoss, als er schließlich die Fessel durchtrennt hatte und das Blut wieder anfing zu fließen. Es war fast nicht auszuhalten – meine Schultern, die auseinanderfuhren, mein Fleisch, das plötzlich wie Feuer brannte, meine Haut, die mit tausend glühenden Nadeln weggerissen wurde.
    Als mir die Tränen übers Gesicht liefen, trat Vince heran und stellte eine Flasche Wasser neben mich auf den Boden.
    »Bist du okay?«, fragte er.
    »Klar, mir geht’s großartig.«
    Er nickte zu der Flasche hin. »Trink was.«
    »Wo ist Cole?«, fragte ich.
    Statt mir zu antworten, öffnete er die Tragetüte und zog ein paar Scheiben trockenes Weißbrot und ein

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