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The Road of the Dead

The Road of the Dead

Titel: The Road of the Dead Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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kleines Stück Käse hervor.
    »Hier«, sagte er und bot mir das Essen an.
    Als ich mich nicht rührte, um es ihm abzunehmen, warf er es auf den Boden und schaute auf seine Uhr.
    »Du hast fünf Minuten«, sagte er. »Iss jetzt oder du hungerst eben. Es ist deine Entscheidung.«
    »Wo ist Cole?«, fragte ich ihn wieder. »Wann werdet ihr –?«
    »Fünf Minuten«, wiederholte er, dann wandte er sich ab und ging auf die andere Seite der Scheune.
    Sim folgte ihm.
    Ich rührte mich eine Weile nicht, sondern beobachtete sie nur. Sie setzten sich auf einen Ballen Stroh. Sie zündeten Zigaretten an. Sie redeten leise. Ich konnte nicht hören, was sie sagten. Aber sie |279| schienen mich nicht zu beachten und einen flüchtigen Moment überlegte ich, einfach wegzurennen.
    Ich schaute hinüber zur Luke. Sie wurde von einem hölzernen Stab offen gehalten. Höchstens zehn Meter von mir entfernt. Ich warf einen Blick zu Vince und Sim. Sie redeten noch, rauchten noch. Ich überlegte, ob ich die Luke erreichen konnte, ehe sie auf mich aufmerksam wurden. Sie waren näher an ihr dran als ich   … aber vielleicht, wenn ich sie überraschte   … vielleicht, wenn ich richtig schnell lief   … vielleicht, wenn ich   …
    Vielleicht gar nichts.
    Es war sinnlos. Ich konnte nicht schnell laufen. Ich konnte überhaupt nicht laufen. Ich wäre nicht mal auf die Füße gekommen.
    Ich griff nach der Wasserflasche und nahm einen langsamen tiefen Schluck, dann stellte ich die Flasche ab und fing an, die Scheiben Brot und den Käse herunterzuschlingen. Es war wunderbar – die Freiheit, das Wasser, der Geschmack des Essens. Das Brot war trocken und der Käse muffig und alles war demütigend schlecht zu schlucken   … aber es war trotzdem wunderbar.
    Ich verschluckte gerade den letzten Bissen Brot und spülte ihn mit einem weiteren tiefen Schluck runter, als Vince und Sim zurückkehrten. Sim kaute Kaugummi, zog einen blauen Plastikstreifen aus seiner Tasche und klatschte ihn gegen sein Bein, um ihn zu glätten. Plastikhandschellen. Ich spürte schon, wie sie mir in die Handgelenke schnitten.
    »Fertig?«, fragte mich Vince.
    »Sieht so aus«, sagte ich. »Und was gibt’s zum Nachtisch? Hast du Kuchen?«
    Vince nickte Sim zu. Sim zog das Messer heraus und bewegte |280| sich wieder um mich herum nach hinten.
    »Gib ihm deine Hände«, erklärte mir Vince.
    »Wie lange noch –?«
    »Leg einfach die Hände auf den Rücken.«
    Ich sah ihn an und überlegte, ob es irgendetwas gab, das ich sagen konnte, irgendetwas, um ihn zu überreden, mir zu helfen   … aber dann packte Sim meine Hände, riss die Arme zurück um den hölzernen Pfosten und der brennende Schmerz schoss wieder durch mich hindurch und bewirkte, dass mir schlecht wurde. Ich konnte an nichts mehr denken. Ich spürte, wie mir die Handschellen in die Gelenke schnitten, dann zog sie Sim stramm, schloss sie ab und ich war wieder genau da, wo ich angefangen hatte – absolut nirgends.
    Vince hob jetzt die leere Wasserflasche auf, machte sich zum Gehen bereit und ich spürte, wie Sim hinter mir aufstand und das Schnappmesser zusammenklappte. Ich wusste, dass ich gleich wieder allein sein würde – verletzt, mit Schmerzen, zitternd, weinend   –, und ich war nah dran, in Tränen auszubrechen. Ich
wollte
weinen. Ich wollte weinend zusammenbrechen und um Gnade bitten. Ich wollte sie
anbetteln
, mich gehen zu lassen   …
    Und ich weiß nicht, warum ich es nicht tat.
    Aber ich tat es nicht.
     
    Nachdem sie weg waren, schämte ich mich eine Zeit lang ein bisschen. Ich wusste, dafür gab es keinen Grund. Ich hatte nichts Unanständiges getan und auch nichts Verkehrtes. Es ist nichts verkehrt daran, Angst zu haben. Es ist nichts verkehrt daran, weinen, bitten und betteln zu wollen. Es ist nichts verkehrt an irgendwas. Ich mochte nur einfach die Vorstellung nicht, dass mein Vertrauen |281| in Cole erschüttert wurde, das war alles. Ich wusste, auch daran war nichts verkehrt, trotzdem konnte ich nicht verhindern, dass ich mich beschissen fühlte.
    Und ich wollte mich nicht beschissen fühlen.
    Fühl dich nie wegen irgendwas schuldig
, hatte mein Dad mir einmal gesagt.
Scham und Schuld sind Zeitvergeudung. Tu einfach das, was du tust – und komm damit zurecht.
    Also tat ich genau das.
    Ich versuchte, damit zurechtzukommen.
    Dann schloss ich die Augen, ließ los und glitt zurück ins Moor.
     
    Es ist jetzt früher Abend. Der Regen hat aufgehört, aber die Wolken hängen noch tief und

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