Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
The Road of the Dead

The Road of the Dead

Titel: The Road of the Dead Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
Vom Netzwerk:
sag ich zu ihm und seufze erleichtert,
du
musst dir keine Sorgen machen. Das ist Jess.
    Aber er kann mich nicht hören. Er müht sich jetzt, ihr Gesicht zu sehen, versucht seine Augen vor der Sonne abzuschirmen, doch ein Arm ist unter dem Körper eingeklemmt, der andere drückt gegen die Grabenwand.
    »Bleib liegen«, sagt Jess zu ihm. »Beweg dich nicht.«
    »Wer bist du?«, fragt er, sich immer noch abmühend. »Was willst du?«
    »Halt einfach nur eine Minute still.«
    »Ich
will
nicht stillhalten«, giftet er. »Ich will aus dem stinkigen Graben raus.«
    »Du tust dir nur weh, wenn du so weitermachst.«
    »
Weh
tut mir auch so schon alles«, sagt er und blinzelt wütend in die Sonne. »Wenn ich noch länger hier liegen bleibe, bin ich erfroren.«
    »Ich versuch nur zu helfen«, sagt Jess eingeschnappt.
    »Also, dann tu was.«
    »Was denn?«
    »Keine Ahnung, irgendwas. Hol mich einfach hier raus.«
    Jess zögert einen Moment, dann schiebt sie sich vor und fasst hinunter in den Graben. Als sie es tut, bewegt sich ihr Kopf zur Seite und schiebt sich vor die Sonne, sodass Cole zum ersten Mal ihr Gesicht sieht.
    »Jess«, murmelt er leicht überrascht. »Jess Delaney.«
    Sie lächelt und zieht vorsichtig an seinem eingeklemmten Arm. Als Cole hinauf in ihre Augen sieht, spüre ich wieder die seltsame |261| Erregung in seinem Innern – diese prickelnde Erregung, die er spürte, als er zum ersten Mal einen Blick auf sie warf. Es kommt mir immer noch nicht ganz richtig vor, das Gefühl zu teilen, aber diesmal kann ich es einfach nicht ändern.
    Es ist zu schön.
    »Ich bin Cole Ford«, sagt er zu ihr, »Rubens Bruder. Ich hab deinen Onkel getroffen   –«
    »Ja, ich weiß«, sagt sie und versucht wieder seinen Arm zu befreien. »Meinst du, du könntest ein bisschen mithelfen? Mein Rücken wird langsam steif.«
     
    Nach jeder Menge weiterem vorsichtigem Ziehen und Wälzen, Rucken und Wuchten schafft es Jess schließlich, Cole aus dem Graben zu helfen, und beide sinken zu Boden – schwer atmend, feucht und schmutzig, erschöpft. Während Jess alles tut, um sich zu säubern, schaut Cole sich um und versucht herauszufinden, wo er ist. Vor ihm gibt es eine Weißdornhecke, dann folgen ein Streifen verkümmertes Gras und eine niedrige Steinmauer. Hinter der Mauer verläuft die Straße, die von der Bushaltestelle hinunter ins Dorf führt. Das Dorf ist weit weg links von ihm und schlummert still am Fuß des Berges, rechts sieht er in einigem Abstand die Tankstelle, die trübe im Morgenlicht schimmert.
    »Wer hat das getan?«, fragt Jess.
    »Was meinst du wohl?«
    Sie nickt. »Du musst ins Krankenhaus. Du bist ja überall verletzt.«
    »Hast du Ruben gesehen?«, unterbricht er sie.
    Sie schüttelt den Kopf und schaut irritiert. »Wieso – was ist passiert? Hat Quentin –?«
    |262| »Ich muss zurück ins Dorf«, sagt Cole und versucht aufzustehen. Er stolpert, ihm ist noch schwindelig. Jess streckt die Hand aus und hält ihn.
    »In diesem Zustand kannst du nirgendwohin«, sagt sie. »Du brauchst   … was ist das?«
    »Was?«
    Sie greift nach unten und hebt etwas vom Boden auf. »Das hier   … es ist eben aus deinem Hemd gerutscht.«
    Sie reicht Cole einen einfachen weißen Umschlag, der mit Matsch bespritzt ist. Er sieht ihn an, öffnet ihn und zieht ein einzelnes Blatt heraus, das in der Mitte geknickt ist. Er faltet das Blatt auseinander und fängt an zu lesen. Die Worte sind in feiner schwarzer Tinte geschrieben:
     
    Sehr geehrter Mr Ford
, liest er,
Ihr Bruder ist in Sicherheit und wohlauf. Damit das für ihn so bleibt, werden Sie das Dorf heute verlassen und nach London zurückkehren. Ein Bus fährt um 14.32   Uhr nach Plymouth und erreicht dort den Bahnhof um 15.21   Uhr. Der Zug nach Paddington geht um 15.40   Uhr. Ihre Reise wird überwacht. Sobald Ihre Ankunft in London bestätigt ist, wird Ihr Bruder unverletzt freigelassen und nichts weiter unternommen.
    Ich bin sicher, Sie verstehen, dass die Konsequenzen jedweder Weigerung unwiderruflich sein werden.
    Hochachtungsvoll Ihr
     
    Die Nachricht ist unterzeichnet mit dem Symbol eines Kruzifixes.
     
    Ich ließ Cole und Jess eine Weile allein und kehrte im Kopf in die Einsamkeit meiner Scheune zurück. Ich wollte allein sein. Ich |263| wollte nachdenken. Ich wollte Klarheit über die Fakten gewinnen und die Möglichkeiten abwägen.
    Fakten: Es war früher Sonntagmorgen. Ich war in einer Scheune gefesselt und konnte nicht raus. Cole wusste nicht, wo ich war.

Weitere Kostenlose Bücher