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The Stand. Das letze Gefecht

The Stand. Das letze Gefecht

Titel: The Stand. Das letze Gefecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Hilfskraft gewesen, und er war ihr ein guter Ehemann. Vielleicht nicht so lieb wie Henry und ganz sicher nicht so zäh, aber ein guter Mann, der meistens das gemacht hatte, was sie ihm sagte. Wenn eine Frau in die Jahre kam, war es tröstlich zu wissen, wer die Hosen anhatte.
    Ihre sechs Jungs hatten ihr eine Schar von zweiunddreißig Enkelkindern beschert. Ihre zweiunddreißig Enkel hatten wiederum einundneunzig Urenkel hervorgebracht. Es wären mehr gewesen ohne die Pille, die die Mädchen heutzutage nahmen, damit sie keine Babys bekamen. Es schien, als wäre Sex für sie nur ein Spielplatz, auf dem sie sich austobten. Abagail hatte nichts für die modernen Lebensweisen der Jungen übrig, sagte aber niemals etwas. Es lag an Gott zu entscheiden, ob sie mit diesen Pillen sündigten oder nicht (und nicht an diesem kahlköpfigen alten Furz in Rom - Mutter Abagail war ihr ganzes Leben lang Methodistin gewesen und verdammt stolz darauf, daß sie nichts mit diesen verklemmten Katholiken am Hut hatte), aber Abagail wußte, was ihnen entging: die Ekstase, die man empfindet, wenn man am Eingang des Tals der Schatten steht; die Ekstase, die man empfindet, wenn man sich seinem Mann und seinem Gott hingibt, wenn man sagt, dein Wille geschehe und Dein Wille geschehe; die endgültige Ekstase von Sex im Angesicht Gottes, wenn Mann und Frau die alte Sünde von Adam und Eva neu durchlebten, die jetzt aber vom Blut des Lammes reingewaschen und geläutert worden war.
    Ja, ja...
    Sie wollte ein Glas Wasser, sie wollte daheim in ihrem Schaukelstuhl sein, sie wollte in Ruhe gelassen werden. Jetzt konnte sie sehen, wie sich die Sonne im Dach des Hühnerstalles vorne links spiegelte. Eine Meile, mehr nicht. Es war Viertel nach zehn, und sie kam für ihre alten Tage gar nicht schlecht voran. Sie würde hineingehen und schlafen, bis der Abend kühler würde. Das war keine Sünde. In ihrem Alter nicht. Sie schlurfte an der Böschung entlang; inzwischen waren ihre schweren Schuhe von Straßenstaub überzogen. 
    Nun, sie hatte viele Verwandte als Trost ihres hohen Alters, das war immerhin etwas. Manche, wie Linda und der fahrende Händler, den sie geheiratet hatte, kamen nicht zu Besuch, aber es gab auch Gute wie Molly und Jim und David und Cathy, und die machten mehr als tausend Lindas und fahrende Händler wett, die von Tür zu Tür gingen und Kochtöpfe ohne Wasser verkauften. Luke, ihr letzter Bruder, war 1949 im Alter von achtzigundirgendwas gestorben, und das letzte ihrer Kinder, Samuel, 1974 im Alter von vierundfünfzig. Sie hatte alle Kinder überlebt, und das sollte eigentlich nicht sein, aber es schien, als hätte der Herr besondere Pläne mit ihr. 
    1984, als sie hundert geworden war, war ihr Bild in der Zeitung von Omaha abgebildet gewesen, und sie hatten einen Fernsehreporter geschickt, der einen Bericht über sie machte. »Welcher Tatsache schreiben Sie Ihr hohes Alter zu?« hatte der junge Mann sie gefragt, und er schien enttäuscht über die kurze, beinahe schroffe Antwort zu sein: »Gott.« Die Leute wollten hören, daß sie Bienenwachs aß oder kein gebratenes Schweinefleisch anrührte oder daß sie die Beine beim Schlafen hochlegte. Aber das alles machte sie nicht, warum sollte sie lügen? Gott gibt Leben und nimmt es, wenn es ihm gefällt. 
    Cathy und David hatten ihr einen Fernseher geschenkt, damit sie sich selbst in den Nachrichten sehen konnte, und sie bekam einen Brief von Präsident Reagan persönlich (auch nicht mehr der Jüngste), der ihr zu ihrem »fortgeschrittenen Alter« und der Tatsache gratulierte, daß sie, seit sie das Stimmrecht besaß, republikanisch gewählt hatte. Nun, für wen hätte sie sonst stimmen sollen? Roosevelt und seine Bande waren allesamt Kommunisten gewesen. Und als Abby die Hundert vollgemacht hatte, hatte ihr die Stadt Hemingford Home die Steuern »auf Dauer« erlassen, und zwar wegen demselben »fortgeschrittenen Alter«, zu dem Ronald Reagan ihr gratuliert hatte. Sie bekam eine Urkunde, auf der stand, daß sie die älteste lebende Einwohnerin von Nebraska wäre, als wäre das etwas, das kleine Kinder auch werden wollten, wenn sie gross wurden. Das mit den Steuern jedenfalls war gut, auch wenn der Rest reine Narretei gewesen war - hätten sie das mit den Steuern nicht getan, hätte sie das bißchen Land, das ihr geblieben war, auch noch verloren. Das meiste war sowieso schon lange fort; der Grundbesitz der Freemantles und die Macht der Farmervereinigung hatten beide im magischen Jahr

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