The Stand. Das letze Gefecht
kühl wie seit Wochen nicht mehr.
Tom Cullen lief den ganzen Vormittag mit ausgebreiteten Armen durch die Maisreihen und scheuchte ganze Schwärme Krähen auf. Gina McCone saß zufrieden bei der Reifenschaukel im Sand und spielte mit einer Vielzahl von Papierpuppen, die Abagail ganz unten in einer Truhe in ihrem Schlafzimmer gefunden hatte. Eine Weile vorher hatten sie schon mit Autos, Lastwagen und der Garage von Fisher-Price gespielt, die Tom aus dem Five-and-Dime in May, Oklahoma, mitgenommen hatte. Tom befolgte Ginas Anweisungen nur allzu bereitwillig.
Dick Ellis, der Tierarzt, kam zögernd zu Mutter Abagail und fragte sie, ob jemand in der Gegend Schweine gehalten hatte.
»Sicher, die Stoners haben immer Schweine gehabt«, sagte sie. Sie saß im Schaukelstuhl auf der Veranda, schlug Akkorde auf der Gitarre an und beobachtete Gina mit ihrem geschientes Bein beim Spielen im Hof.
»Glauben Sie, es könnten noch welche leben?«
»Da müßtest du nachsehen. Könnte sein. Könnte auch sein, daß sie ihre Pferche umgestürzt haben und wild geworden sind.« Ihre Augen funkelten. » Und es könnte sein, daß ich einen Mann kenne, der gestern nacht von Schweinekoteletts geträumt hat.«
»Könnte schon sein«, sagte Dick.
»Schon mal ein Schwein geschlachtet?«
»Nein, Ma'am«, sagte er und grinste breit. »Ein paar entwurmt, aber geschlachtet noch keins. Bin schon immer Pazifist gewesen.«
»Glaubst du, du und Ralph würdet mit einer Vorarbeiterin klarkommen?«
»Gut möglich«, sagte er.
Zwanzig Minuten später waren die drei unterwegs. Abagail sass zwischen den beiden Männern im Führerhaus des Chevy und hatte den Stock fest zwischen die Knie geklemmt. Bei den Stoners fanden sie zwei einjährige Schweine im Pferch hinten im Hof, die gesund und wohlgenährt waren. Es schien, als hätten sie sich an ihren schwächeren und nicht so glücklichen Artgenossen gütlich getan, als das Futter zu Ende ging.
Ralph stellte Reg Stoners Flaschenzug auf, und Dick gelang es auf Geheiß von Mutter Abagail schließlich, einem Einjährigen ein Seil fest um die Hinterbeine zu schlingen. Es wurde quiekend und um sich tretend in den Hof gezogen und mit dem Kopf nach unten an den Flaschenzug gehängt.
Ralph kam mit einem siebzig Zentimeter langen Schlachtermesser aus dem Haus. Das ist kein Messer, das ist, bei Gott, ein regelrechtes Bajonett, dachte Abby.
»Wissen Sie, ich weiß nicht, ob ich das kann«, sagte er.
»Dann gib her«, sagte Abagail und streckte die Hand aus. Ralph sah Dick zweifelnd an. Dick zuckte die Achseln. Ralph gab ihr das Messer.
»Herr«, sagte Abagail, »wir danken Dir für die Gabe, die wir aus Deiner Güte empfangen. Segne dieses Schwein, daß es uns nähren möge. Amen. Weg da, Jungs, es wird gleich spritzen.«
Mit geübtem Schwung schnitt sie dem Schwein die Kehle durch - es gibt Dinge, die man nie vergißt, wie alt man auch wird - und wich, so schnell sie konnte, zurück.
»Hast du das Feuer unter dem Kessel angezündet?« fragte sie Dick.
»Ein schönes, heißes Feuer draußen auf dem Hof?«
»Ja, Ma'am«, sagte Dick, der kein Auge von dem Schwein nehmen konnte.
»Hast du die Bürsten?« fragte sie Ralph.
Ralph zeigte zwei große Scheuerbürsten mit steifen gelben Borsten.
»Nun denn, tragt es rüber und werft es rein. Wenn es eine Weile gekocht hat, lassen sich die Borsten leicht abschrubben, und dann könnt ihr Mr. Schwein abschälen wie eine Banane.«
Bei dieser Vorstellung nahmen die Gesichter der beiden eine leicht grünliche Färbung an. »Los doch«, sagte sie. »Ihr könnt es nicht essen, solange es noch seinen Mantel anhat. Vorher müßt ihr es ausziehen.«
Ralph und Dick Ellis sahen einander an, schluckten und ließen das Schwein langsam am Flaschenzug herunter. Nachmittags um drei waren sie damit fertig, um vier erreichten sie mit einer Wagenladung Fleisch Abagails Haus und aßen frische Schweinekoteletts zum Abendessen. Die Männer aßen nicht viel, aber Abagail verzehrte allein zwei Koteletts und genoß es, wie die fette Kruste zwischen ihrem Gebiß knackte. Es gab nichts Schöneres als frisches Fleisch aus eigener Schlachtung.
Es war kurz nach neun Uhr. Gina schlief, und Tom Cullen war auf der Veranda in Mutter Abagails Schaukelstuhl eingenickt. Fern im Westen zuckte Wetterleuchten über den Himmel. Die anderen Erwachsenen hatten sich in der Küche versammelt, außer Nick, der einen Spaziergang machte. Abagail wußte, womit der Junge kämpfte, und ihr Herz war bei
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