The Stand. Das letze Gefecht
Nebenstraßen, um Verkehrsstaus auszuweichen. Citizen Band, Kanal 14<«, las Olivia vor.
»Was soll das?« fragte June, die herüberkam. Sie nahm Gina auf den Arm, und sie sahen beide zu, wie Nick das Schild so aufstellte, daß es der Stelle zugewandt war, wo der Sandweg in Mutter Abagails Einfahrt überging. Er grub neunzig Zentimeter der Zaunlatte ein. Jetzt würde nur noch ein schwerer Sturm sie umwerfen. Selbstverständlich herrschten in diesem Teil der Welt schwere Stürme; er dachte an den, der Tom und ihn fast fortgerissen hätte, und die Angst, die sie im Keller ausgestanden hatten. Er schrieb eine Notiz und gab sie June.
»Dick und Ralph sollen in Columbus unter anderem ein CB Funkgerät besorgen. Jemand muß die ganze Zeit Kanal 14 überwachen.«
»Oh«, sagte Olivia. »Schlau.«
Nick tippte sich feierlich an die Stirn und lächelte. Die beiden Frauen gingen weg, um ihre Wäsche aufzuhängen. Gina hinkte auf einem Bein zu ihren Spielzeugautos. Nick ging über den Hof, stieg die Stufen zur Veranda hoch und setzte sich neben die schlafende alte Frau. Er sah über das Maisfeld und fragte sich, was aus ihnen werden sollte.
Aber wenn es so ist, wie du sagst, Nick, okay.
Sie hatten ihn zum Anführer gemacht. Das hatten sie, aber er hatte nicht die geringste Ahnung, warum. Man konnte von einem Taubstummen keine Befehle entgegennehmen; das war wie ein schlechter Witz. Dick hätte ihr Anführer sein müssen. Er selbst war nur ein Speerträger, der dritte von links, keine Streifen, den nur seine Mutter gelten ließ. Aber von dem Augenblick an, als sie Ralph Brentner getroffen hatten, der mit seinem alten Chevrolet die Straße entlangtuckerte, ohne zu wissen, wohin er fuhr, hatte es angefangen: Immer wenn jemand etwas sagte, sah er rasch Nick an, als ob er eine Bestätigung brauchte. Auf die Tage zwischen Shoyo und May, vor Tom und der Verantwortung, hatte sich jetzt schon ein Nebel von Nostalgie gelegt. Es war leicht, die Einsamkeit zu vergessen und die Angst, die ständigen entsetzlichen Träume könnten bedeuten, daß er den Verstand verlor. Und leicht, sich zu erinnern, wie man für sich selbst sorgen mußte, den Speerträger, dritter von links, ein Statist in diesem grauenhaften Stück.
Als ich dich sah, wußte ich es. Du bist es, Nick. Gott hat seinen Finger auf dein Herz gelegt...
Nein, das akzeptiere ich nicht. Ich akzeptiere auch Gott nicht, was das angeht. Mochte die alte Frau ihren Gott behalten; Gott war für alte Frauen so notwendig wie Einläufe und Teebeutel von Lipton. Er würde sich darauf konzentrieren, eins nach dem anderen zu erledigen, einen Fuß vor den anderen zu setzen. Er würde sie nach Boulder bringen und sehen, was dann kam. Die alte Frau hatte gesagt, den dunklen Mann gäbe es wirklich, er wäre nicht nur ein psychologisches Symbol, und auch das wollte er nicht glauben... aber in seinem Herzen glaubte er es doch. In seinem Herzen glaubte er alles, was die alte Frau gesagt hatte, und es machte ihm angst. Er wollte nicht ihr Anführer sein.
Du bist es, Nick.
Eine Hand drückte seine Schulter, er zuckte überrascht zusammen und drehte sich um. Sie mochte geschlafen haben, aber jetzt nicht mehr. Sie lächelte ihn aus ihrem Schaukelstuhl ohne Armlehnen an.
»Ich habe hier gesessen und über die große Wirtschaftskrise nachgedacht«, sagte sie. »Weißt du, daß dieses Land früher im Umkreis von vielen Meilen meinem Daddy gehört hat? Es stimmt. Keine Kleinigkeit für einen Schwarzen. Und ich habe neunzehnnullzwo im großen Saal der Farmervereinigung Gitarre gespielt und gesungen. Das ist lange her, Nick. Sehr, sehr lange.«
Nick nickte.
»Es waren schöne Zeiten, Nick - meistens jedenfalls. Aber ich schätze, nichts ist von Dauer. Nur die Liebe des Herrn. Mein Daddy starb, und das Land wurde unter seinen Söhnen aufgeteilt, auch mein erster Mann bekam ein Stück, nicht viel, nur vierundzwanzig Hektar. Dies Haus steht auf einem Teil dieser vierundzwanzig Hektar. Jetzt sind nur noch anderthalb Hektar übrig. O ja, jetzt könnte ich das ganze Land wieder beanspruchen, aber es wäre irgendwie nicht dasselbe.«
Nick tätschelte ihre knochige Hand, und sie seufzte tief.
»Brüder vertragen sich nicht immer gut, sie fangen fast immer an zu streiten; siehe Kain und Abel. Jeder wollte der Boß sein, keiner wollte auf dem Feld arbeiten! Dann kam 1931, und die Bank wollte ihr Geld. Da zogen sie plötzlich alle an einem Strang, aber es war schon fast zu spät. 1945 war alles weg, bis auf
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