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The Stand. Das letze Gefecht

The Stand. Das letze Gefecht

Titel: The Stand. Das letze Gefecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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höchst anmutige Art verwildert war. Fran hatte Kopfschmerzen und ein mulmiges Gefühl im Magen.
    »Wirklich?« fragte er sie.
    »Wirklich«, sagte sie, und dann fing sie an zu weinen - nicht gekünstelt, sie konnte einfach nicht anders -, ein gewaltiges, schüttelndes Schluchzen. Er legte einen Arm um sie und hielt sie scheinbar sehr lange fest. Als die Tränen allmählich versiegten, stellte sie die Frage, die sie am meisten gequält hatte.
    »Daddy, magst du mich jetzt noch?«
    »Was?« Er sah sie erstaunt an. »Ja. Ich mag dich sogar noch sehr, Frannie.«
    Das brachte sie wieder zum Weinen, aber diesmal ließ er sie allein damit fertig werden, während er seine Pfeife anzündete. Borkum Riff verwehte langsam in der leichten Brise.
    »Bist du enttäuscht?« fragte sie.
    »Ich weiß nicht. Ich hatte noch nie eine schwangere Tochter und weiß nicht, wie ich es aufnehmen soll. War es dieser Jess?«
    Sie nickte.
    »Hast du es ihm gesagt?«
    Sie nickte wieder.
    »Was hat er gesagt?«
    »Er hat gesagt, er würde mich heiraten. Oder die Abtreibung bezahlen.«
    »Heirat oder Abtreibung«, sagte Peter Goldsmith und sog an der Pfeife. »Der Junge fährt richtig zweigleisig.«
    Sie blickte auf ihre Hände, die sie gespreizt auf die Jeans gelegt hatte. In den kleinen Falten an den Knöcheln und unter den Fingernägeln war Erde. Eine Dame erkennt man an ihren Händen, sagte ihre Mutter im Geiste. Eine schwangere Tochter. Ich werde aus der Kirche austreten müssen. Eine Dame erkennt man... Ihr Vater sagte: »Ich will nicht persönlicher werden als unbedingt nötig, aber war er... oder warst du... nicht vorsichtig?«
    »Ich habe die Pille genommen«, sagte sie. »Hat aber nicht funktioniert.«
    »Dann kann ich keine Schuld zuweisen, höchstens beiden«, sagte er und blickte sie eingehend an. »Und das kann ich schon gar nicht. Mit vierundsechzig vergißt man leicht, wie es mit einundzwanzig war. Von Schuld wollen wir nicht reden.«
    Sie fühlte sich so erleichtert, daß ihr fast schwindlig wurde.
    »Deine Mutter wird eine Menge über Schuld zu sagen haben«, sagte er, »und ich werde sie nicht daran hindern, aber ich stehe nicht auf ihrer Seite. Hast du das verstanden?«
    Sie nickte. Ihr Vater versuchte nicht mehr, ihrer Mutter zu widersprechen. Jedenfalls nicht laut, wegen ihrer Zunge, die Gift versprühte. Widersprach man ihr, verlor sie manchmal die Beherrschung, hatte er einmal gesagt. Und wenn sie die Beherrschung verlor, wurde sie manchmal beleidigend und dachte so spät an Reue, daß es dem Beleidigten nichts mehr nützte. Es kam Frannie so vor, als hätte es für ihren Vater vor vielen Jahren zwei Möglichkeiten gegeben: fortgesetzte Opposition, die mit Scheidung geendet hätte, oder Kapitulation. Er hatte sich für letzteres entschieden - aber zu seinen Bedingungen. Sie fragte leise: »Bist du sicher, daß du dich da raushalten kannst?«
    »Soll ich für dich Partei ergreifen?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Was hast du jetzt vor?«
    »Wegen Mom?«
    »Nein. Wegen dir, Frannie.«
    »Ich weiß nicht.«
    »Ihn heiraten? Zu zweit lebt es sich so billig wie allein, heißt es jedenfalls.«
    »Ich glaube, das kann ich nicht. Ich glaube, ich liebe ihn nicht mehr, wenn ich ihn überhaupt je geliebt habe.«
    »Das Baby?« Seine Pfeife zog jetzt gut, und der Rauch hing süßlich in der Sommerluft. In den Vertiefungen des Gartens wuchsen Schatten, Grillen fingen an zu zirpen.
    »Nein, das Baby ist nicht der Grund. Es wäre sowieso passiert. Jessie ist...« Sie verstummte und versuchte, sich darüber klarzuwerden, was genau mit Jessie nicht stimmte, was sie bei der Belastung, den der Gedanke an das Baby verursachte, übersehen konnte, bei der Belastung durch den Versuch, aus dem drohenden Schatten ihrer Mutter wegzukommen, die momentan im Kaufhaus war und Handschuhe für die Hochzeit von Frans Jugendfreundin kaufte. Was jetzt begraben werden konnte, aber trotzdem unruhig warten würde - sechs Monate, sechzehn oder sechsundzwanzig -, um dann schließlich doch aus dem Grab aufzuerstehen und ihnen beiden das Leben schwerzumachen. Schnell gefreit hat lang gereut. Ein Lieblingssprichwort ihrer Mutter.
    »Er ist schwach«, sagte sie. »Besser kann ich es nicht erklären.«
    »Du bist nicht recht davon überzeugt, daß er der Richtige für dich ist, oder, Frannie?«
    »Stimmt«, sagte sie und dachte, daß ihr Vater der Wurzel des Übels eben nähergekommen war als sie selbst. Sie traute Jessie nicht, der aus einer reichen Familie kam und blaue

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