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The Stand. Das letze Gefecht

The Stand. Das letze Gefecht

Titel: The Stand. Das letze Gefecht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Halluzinationen.«
    »Glaubst du, daß Mutter Abagail uns in die Wüste geschickt hat, damit wir hier Visionen haben?« fragte Ralph.
    »Vielleicht, um durch einen Reinigungsprozeß Kraft und Frömmigkeit zu erlangen«, sagte Glen. »Ihr müßt wissen, daß es hier symbolisch darum geht, Dinge abzuwerfen. Es ist eine Art Magie. Wenn man Dinge abwirft, wirft man auch andere Dinge ab, die symbolisch mit ihnen verbunden sind. Man beginnt einen Reinigungsprozeß. Man beginnt, das Gefäß zu entleeren.«
    Larry schüttelte langsam den Kopf. »Das ist mir zu hoch.«
    »Stellt euch doch einmal einen intelligenten Menschen aus der Zeit vor der Seuche vor. Schlag ihm das Fernsehgerät kaputt. Was tut er dann abends?«
    »Er liest ein Buch«, sagte Ralph.
    »Er besucht seine Freunde«, sagte Stu.
    »Er beschäftigt sich mit seiner Stereo-Anlage«, sagte Larry und grinste.
    »Genau. Irgend etwas in dieser Richtung«, sagte Glen. »Aber er wird auch sein Fernsehgerät vermissen. Wo das Fernsehgerät früher war, ist jetzt ein Loch in seinem Leben. Immer noch denkt er: Um neun Uhr trinke ich ein paar Flaschen Bier und sehe mir in der Glotze die Boston Red Sox an. Und wenn er dann das leere Gehäuse sieht, ist er fürchterlich enttäuscht. Ein Teil des Lebens, wie er es gewohnt war, ist verschwunden. Ist es nicht so?«
    »Stimmt schon«, sagte Ralph. »Als unser Fernsehgerät mal zwei Wochen lang kaputt war, hatte ich keine Ruhe, bis es wiederkam.«
    »Wenn er viel ferngesehen hat, reißt es natürlich ein größeres Loch«, sagte Glen. »Ein kleineres, wenn er das Gerät wenig benutzt hat. Aber etwas fehlt. Jetzt nehmt ihm auch noch seine Bücher, seine Freunde und seine Stereo-Anlage. Und nehmt ihm sein Essen weg. Er soll nur essen, was er am Wege findet. Das ist ein Prozess der Ausleerung und der Verkleinerung des Ego. Euer Selbst, Gentlemen - es verwandelt sich in Fensterglas. Oder besser noch, in leere Gläser. «
    »Aber was hat das alles zu bedeuten?« fragte Ralph. »Was soll das ganze Geschwätz?«
    »Wenn du deine Bibel gelesen hast«, sagte Glen, »dann wirst du wissen, daß es für die Propheten Tradition war, von Zeit zu Zeit in die Wildnis zu gehen - die Magical Mystery Tour des Alten Testaments. Die Zeitspanne für solche Vergnügungsreisen wird gewöhnlich mit vierzig Tagen und vierzig Nächten angegeben. Damit meinten die Hebräer: >Kein Mensch weiß, wie lange er weg war, aber es muß sehr lange gewesen sein.< Erinnert dich das an jemanden?«
    »Ja, an Mutter«, sagte Ralph.
    »Jetzt stell dir mal vor, du wärst eine Batterie. Du bist nämlich in Wirklichkeit eine. Dein Gehirn funktioniert auf der Basis chemisch umgewandelter elektrischer Ströme. Übrigens funktionieren deine Muskeln ähnlich - eine Acetylcholin genannte Chemikalie läßt diese winzigen elektrischen Aufladungen frei, wenn du dich bewegen mußt, und wenn du die Bewegung steuern willst, wird eine weitere Chemikalie hergestellt, die sogenannte Cholinesterase. Sie zerstört das Acetylcholin, und deine Nerven leiten dann nicht mehr richtig. Das ist auch gut so, denn sonst würdest du dir einmal die Nase reiben und könntest nie mehr damit aufhören. Okay, es geht darum: Alles, was du denkst, und alles, was du tust, wird von deiner Batterie gespeist. Wie das Zubehör in einem Auto.«
    Alle hörten aufmerksam zu.
    »Ob man fernsieht, Bücher liest, sich mit Freunden unterhält oder ein gutes Essen zu sich nimmt... alles geht von dieser Batterie aus. Ein normales Leben - wenigstens in dem, was früher die westliche Zivilisation war - glich der Fahrt in einem Wagen mit elektrisch verstellbaren Fenstern und Sitzen, mit Servobremsen und Servolenkung und wie alle diese schönen Dinge heißen. Aber je mehr von diesen schönen Dingen man hat, um so weniger kann die Batterie aufladen. Stimmt's?«
    »Ja«, sagte Ralph. »Selbst eine große Delco-Batterie wird nie überladen, wenn sie in einem Cadillac steckt.«
    »Okay. Wir haben uns also sozusagen des Zubehörs entledigt, um unsere Batterien zu entlasten. Jetzt werden wir wieder aufgeladen.«
    »Wenn man eine Autobatterie zu lange auflädt«, sagte Ralph besorgt, »kann sie explodieren.«
    »Ja«, stimmte Glen zu. »Und so ist es auch bei den Menschen. Man wirft die Dinge ab, bis nichts mehr da ist. Die Bibel berichtet uns von Jesaja und Hiob und den anderen, aber sie sagt nicht, wie viele Propheten geistesgestört aus der Wildnis zurückgekehrt sind, weil sie Visionen hatten. Es muß einige gegeben haben.

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