The Stand. Das letze Gefecht
ein eiskalter Wasserguß packte ihn die Angst. Charles Manson saß da, und das Kreuz auf seiner Stirn war zu einer weißen schiefen Narbe verheilt. Er klatschte und schrie. Und auch Richard Speck saß dort unten und schaute Larry unverschämt an, und zwischen seinen Lippen zitterte eine filterlose Zigarette. Hinter ihm saß John Wayne. Und Flagg führte den Chor an.
Morgen , dachte Larry wieder und stolperte unter den heißen Traumlichtern des Madison Square Garden von einem der hohen Mikrophone zum anderen. Wir sehen uns morgen.
Aber es war nicht am nächsten Tag und auch nicht am Tag danach. Am Abend des 27. September kampierten sie in der Stadt Freemont Junction, und es gab reichlich zu essen.
»Ich erwarte immer, daß es bald vorbei ist«, sagte Larry an diesem Abend zu Glen. »Und es wird jeden Tag schlimmer.«
Glen nickte. »Mir geht es ähnlich. Wäre schon komisch, wenn es sich nur um eine Fata Morgana gehandelt hätte, nicht wahr? Nichts als ein böser Traum in unserem kollektiven Bewußtsein.«
Larry sah ihn einen Augenblick überrascht und nachdenklich an. Dann schüttelte er langsam den Kopf. »Nein, ich glaube nicht, dass es nur ein Traum ist.«
Glen lächelte. »Ich auch nicht, junger Mann. Ich auch nicht.«
Am nächsten Tag war es soweit.
Morgens um kurz nach zehn gingen sie eine Steigung hoch, und unter ihnen im Westen, etwa fünf Meilen entfernt, parkten zwei Wagen Motorhaube an Motorhaube. Alles sah genauso aus, wie Larry es erwartet hatte.
»Unfall?« fragte Glen.
Ralph hielt die Hände über die Augen. »Das glaube ich nicht. Dann würden sie anders stehen.«
»Es sind seine Leute«, sagte Larry.
»Ja, das glaube ich auch«, sagte Ralph. »Was sollen wir jetzt tun, Larry?«
Larry nahm sein großes Taschentuch aus der Gesäßtasche und wischte sich damit das Gesicht. Entweder war heute wieder Sommer, oder sie spürten bereits die Hitze der Wüste, die im Südwesten lag. Es mochten knapp dreißig Grad sein.
Aber es ist eine trockene Hitze, dachte er. Ich schwitze nur ein wenig. Nur ganz wenig. Er steckte das Taschentuch wieder ein. Jetzt, wo es endlich soweit war, fühlte er sich gut. Wieder überkam ihn das seltsame Gefühl, daß es sich hier um einen Auftritt handelte, eine Show, die über die Bühne gehen mußte.
»Wir gehen hinunter«, sagte Larry. »Dann werden wir feststellen, ob Gott wirklich auf unserer Seite steht. Okay, Glen?«
»Du bist der Boß.«
Sie gingen weiter. Nach einer halben Stunde waren sie so nahe herangekommen, um erkennen zu können, daß diese Wagen früher der Utah State Police gehört hatten. Mehrere bewaffnete Männer warteten auf sie.
»Ob sie uns erschießen?« fragte Ralph im Plauderton.
»Das weiß ich nicht«, sagte Larry.
»Ein paar von ihren Gewehren haben Zielfernrohre. Die Sonne spiegelt sich in den Linsen. Wenn sie uns abknallen wollen, könnte es ziemlich bald passieren. Wir sind fast in Schußweite.«
Sie setzten ihren Weg fort. Die Männer an der Straßensperre teilten sich in zwei Gruppen auf. Fünf Männer standen vorn und richteten ihre Gewehre auf die drei Leute, die sich ihnen näherten, drei weitere knieten hinter dem Wagen.
»Sind es acht, Larry?«
»Ich zähle auch acht«, sagte Larry. »Wie fühlst du dich?«
»Okay«, sagte Glen.
»Und du, Ralph?«
»Solange wir nur wissen, was wir zu tun haben, wenn's soweit ist«, antwortete Ralph. »Das ist mein einziger Wunsch.«
Larry nahm seine Hand und drückte sie. Dann tat er bei Glen das gleiche.
Sie waren jetzt bis auf weniger als eine Meile herangekommen. »Sie werden uns nicht gleich erschießen«, sagte Ralph. »Sonst hätten sie es längst getan.«
Jetzt waren schon die Gesichter zu erkennen, und Larry schaute interessiert hinüber. Einer trug einen dichten Bart. Ein anderer war noch jung, aber schon fast kahl - schlimm für ihn , dachte Larry. Die Haare müssen ihm schon während der Schulzeit ausgefallen sein. Ein anderer trug ein knallgelbes T-Shirt mit einem grinsenden Kamel darauf, unter dem in altmodischen verschnörkelten Buchstaben das Wort SUPERHUMP - Superbuckel - stand. Wieder einer sah wie ein Buchhalter aus. Er fummelte mit einer 357er Magnum herum und wirkte dreimal so nervös, wie Larry sich jetzt fühlte; genau der Mann, der sich selbst in die Füße schießen würde, wenn er sich nicht endlich beruhigte.
»Sie sehen nicht anders aus als unsere Leute«, sagte Ralph.
»Doch«, antwortete Glen. »Sie tragen alle Gewehre.«
Sie näherten sich dem Wagen
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