The Stand. Das letze Gefecht
bewegte sich unruhig in der Luft.
Das Summen eines Elektromotors drang Larry in die Ohren. Und aus der Menge hörte er wieder diesen seltsamen Namen, der jetzt von Mund zu Mund ging: Mann... Eimermann... Müll... Mülli... Wie in Antwort auf Flaggs Herausforderung drängte sich jemand durch die Menge.
Flagg spürte Entsetzen in die Kammern seines Herzens sickern. Es war das Entsetzen vor etwas Unbekanntem und Unerwartetem. Er hatte alles vorausgesehen, sogar Whitneys närrische Stegreifrede. Die Menge - seine Menge - teilte sich und schrak zurück. Ein markerschütternder Schrei stieg auf, klar und schrill. Jemand rannte davon. Dann noch jemand. Und dann brach die Menge auseinander, rannten die ohnehin emotional aufgewühlten Menschen davon.
» Bleibt stehen! « schrie Flagg, so laut er konnte, aber es war zwecklos.
Die Menge war jetzt wie ein starker Wind, und nicht einmal der dunkle Mann konnte dem Wind gebieten. Eine schreckliche, ohnmächtige Wut stieg in ihm auf und bildete mit seiner Angst eine neue, flüchtige Mischung. Wieder war etwas schiefgegangen, in letzter Minute schiefgegangen, wie bei dem alten Mann in Oregon und der Frau, die sich am Fensterglas die Kehle durchschnitt... und Nadine... Nadine, die vom Dach gestürzt war...
Sie rannten in alle Himmelsrichtungen, über den Rasen des MGM Grand Hotel, quer über die Straße und zum Strip hinüber. Sie hatten den letzten Gast gesehen, der wie eine gräßliche Vision aus einer Horrorgeschichte aufgetaucht war. Vielleicht hatten sie auch das häßliche Gesicht einer letzten, schrecklichen Vergeltung gesehen.
Und sie hatten gesehen, was der zurückgekehrte Wanderer mitgebracht hatte.
Als die Menge auseinandergestoben war, sah Randall Flagg es auch, genau wie Larry und Ralph und der vor Schreck erstarrte Lloyd Henreid, der noch immer die zerrissene Rolle in der Hand hielt. Es war Donald Merwin Elbert, jetzt als Mülleimermann bekannt, jetzt und immerdar, in alle Ewigkeit, halleluja, Amen.
Er saß am Steuer eines langen staubigen Elektrokarrens. Die schweren Batterien waren fast leer, und der Karren summte und dröhnte und ruckte. Der Mülleimermann hüpfte in der offenen Kabine wie eine Marionette hin und her.
Er war im letzten Stadium der Strahlenkrankheit. Sein Haar war ausgefallen. Seine Arme, die aus den Fetzen seines Hemdes herausstanden, waren von offenen Schwären bedeckt. Sein Gesicht war eine breiige rote Kraterlandschaft, aus der ein von der Wüste gebleichtes Auge mit einer fürchterlichen, jämmerlichen Intelligenz hervorstarrte. Er hatte keine Zähne mehr. Seine Fingernägel fehlten. Seine Augenlider waren zerfetzte Lappen.
Er sah aus wie ein Mann, der diesen Elektrokarren aus dem brennenden Schlund der Hölle herausgefahren hatte. Flagg sah ihn kommen und stand wie erstarrt. Seine frische Farbe war verschwunden. Sein Gesicht war plötzlich ein Fenster aus blassem, klarem Glas.
Begeistert stieg jetzt die Stimme des Mülleimermanns aus seiner dürren Brust: »Ich habe es gebracht... ich habe dir das Feuer gebracht... bitte... es tut mir leid...«
Jetzt war es Lloyd, der sich bewegte. Er ging einen Schritt vorwärts, dann noch einen. »Mülli... Müll, Baby...« Seine Stimme war ein Krächzen.
Mit seinem einzigen Auge suchte er Lloyd und hatte Mühe, ihn zu erkennen. »Lloyd? Bist du das?«
»Ich bin es, Müll.« Lloyd zitterte am ganzen Körper, wie vorhin Whitney gezittert hatte. »He, was hast du da? Ist es...?«
»Es ist die Große Bombe«, sagte Müll glücklich. »Es ist die ABombe.« Er schaukelte auf seinem Sitz hin und her wie ein Bekehrter bei einer Wiedererweckungsfeier. »Die Atombombe, das große Feuer, mein Leben für dich !«
»Bring sie weg, Müll«, flüsterte Lloyd. »Sie ist gefährlich. Sie... sie ist heiß. Bring sie weg...«
»Sag ihm, daß er sie wegschaffen soll, Lloyd«, winselte der dunkle Mann, der jetzt der blasse Mann war. »Er soll sie dorthin bringen, wo er sie geholt hat. Er soll...«
Mülleimers Auge blickte erstaunt. »Wo ist er?« fragte er, und seine Stimme stieg zu einem gequälten Heulen an. »Wo ist er? Er ist weg!
Wo ist er? Was hast du mit ihm gemacht?«
Lloyd unternahm eine letzte Anstrengung. »Müll, du mußt das Ding wegschaffen. Du mußt...«
Und plötzlich brüllte Ralph: » Larry! Larry! Die Hand Gottes! « Ralph war vor Freude wie von Sinnen. Seine Augen leuchteten. Er zeigte zum Himmel.
Larry blickte hinauf. Er sah die Feuerkugel, die Flagg von seinem Finger geschnippt
Weitere Kostenlose Bücher