The Stand. Das letze Gefecht
Laute ihres Kummers und Schmerzes.
Frannie und Peter sahen einander bestürzt an, und die Großvateruhr tickte gleichgültig weiter.
»Das renkt sich wieder ein«, sagte Peter ruhig. »Sie fängt sich wieder.«
»Glaubst du wirklich?« fragte Frannie. Sie ging langsam zu ihrem Vater und lehnte sich an ihn; er legte den Arm um sie. »Ich glaube es nicht.«
»Vergiß es. Wir wollen jetzt nicht daran denken.«
»Ich sollte gehen. Sie will mich nicht hier haben.«
»Du solltest bleiben. Du solltest hier sein, wenn - falls sie sich besinnt und feststellt, daß sie dich immer noch hier braucht .« Pause.
»Ich jedenfalls brauche dich, Fran.«
»Daddy«, sagte sie und legte den Kopf an seine Brust. »O Daddy, es tut mir so leid, so furchtbar leid...«
»Still«, sagte er und strich ihr übers Haar. Er konnte über ihren Kopf hinweg das Licht der Abendsonne sehen, das staubig durch die Bogenfenster hereinfiel, wie immer, golden und still, so wie Licht in Museen und Leichenhallen fällt. »Still, Frannie. Ich hab' dich lieb. Ich hab' dich lieb.«
13
Das rote Licht ging an. Die Pumpe zischte. Die Tür öffnete sich. Der Mann, der den Raum betrat, trug keinen weißen Anzug, sondern einen kleinen, glänzenden Nasenfilter, der ein wenig an eine zweizinkige silberne Gabel erinnerte, wie die Kellnerin sie auf dem kalten Büffet läßt, damit man die Oliven aus dem Glas bekommt.
»Hi, Mr. Redman«, sagte er, während er durch den Raum schlenderte. Er streckte eine durch einen dünnen, durchsichtigen Gummihandschuh geschützte Hand aus, die Stu, vor Überraschung in die Defensive gedrängt, sofort ergriff. »Ich bin Dick Deitz. Denninger sagt, daß Sie nicht mehr mitspielen wollen, wenn Ihnen nicht jemand sagt, was Sache ist.«
Stu nickte.
»Gut.« Deitz setzte sich auf die Bettkante. Er war ein kleiner brauner Mann, und wie er da saß, die Ellbogen über den Knien angewinkelt, sah er aus wie ein Zwerg in einem Disney-Film. »Was wollen Sie wissen?«
»Ich glaube, als erstes will ich wissen, warum Sie keinen Raumanzug tragen.«
»Weil Geraldo dort sagt, daß Sie nicht ansteckend sind.« Deitz deutete auf ein Meerschweinchen hinter der Scheibe aus Doppelglas. Das Meerschweinchen saß in einem Käfig, und hinter dem Käfig stand mit ausdruckslosem Gesicht Denninger selbst.
»Geraldo, hm?«
»Geraldo hat seit drei Tagen via Konvektor die gleiche Luft wie Sie geatmet. Die Krankheit, die Ihre Freunde haben, wird leicht von Menschen auf Meerschweinchen übertragen, und umgekehrt. Wären Sie ansteckend, müßte Geraldo inzwischen nach menschlichem Ermessen tot sein.«
»Aber Sie gehen kein Risiko ein«, sagte Stu trocken und deutete mit dem Daumen auf den Nasenfilter.
»Das «, sagte Deitz mit einem zynischen Lächeln, »steht nicht in meinem Arbeitsvertrag.«
»Was habe ich?«
Aalglatt, wie einstudiert, sagte Deitz: »Schwarzes Haar, blaue Augen, eine tolle Sonnenbräune...« Er sah Stu eingehend an. »Nicht komisch, hm?«
Stu sagte nichts.
»Wollen Sie mir eine runterhauen?«
»Ich glaube nicht, daß das was nützen würde.«
Deitz seufzte und rieb sich den Nasenrücken, als würden die Stöpsel in den Nasenlöchern schmerzen. »Wissen Sie«, sagte er, »ich mache immer Witze, wenn es ernst aussieht. Andere rauchen oder kauen Kaugummi. So verhindere ich, daß ich durchdrehe. Ich bezweifle, ob viele Leute eine bessere Methode haben. Und was Ihre Krankheit betrifft, soweit Denninger und seine Kollegen feststellen konnten, haben Sie gar keine.«
Stu nickte gleichgültig. Dennoch hatte er den Eindruck, als hätte dieser kleine Gnom von einem Mann hinter sein Pokerface gesehen und die plötzliche gewaltige Erleichterung erkannt.
»Was haben die anderen?«
»Tut mir leid, das ist geheim.«
»Wie hat dieser Campion die Krankheit bekommen?«
»Das ist ebenfalls geheim.«
»Ich nehme an, daß er in der Armee war. Und dort hat es irgendwo einen Unfall gegeben. Wie damals vor zwanzig Jahren mit diesen Schafen in Utah, nur viel schlimmer.«
»Mr. Redman, ich könnte schon hinter Gitter wandern, wenn ich Ihnen nur heiß oder kalt sage.«
Stu rieb sich nachdenklich mit der Hand über den frischen Stoppelbart.
»Sie sollten froh sein, daß wir Ihnen nicht mehr erzählen«, sagte Deitz. »Das wissen Sie, oder nicht?«
»Damit ich meinem Land besser dienen kann«, sagte Stu trocken.
»Nein, das ist ausschließlich Denningers Masche«, sagte Deitz. »In dieser Angelegenheit sind Denninger und ich nur kleine Fische, aber
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