The Tools - wie Sie wirklich Selbstvertrauen, Lebensfreude, Gelassenheit und innere Stärke gewinnen

Leben zerstört?
    Es gibt einen Menschen, der diese Frage sachkundig beantworten kann: der berühmte österreichische Psychiater Viktor Frankl. Er besaß nicht nur durch seine akademische Ausbildung die nötige Autorität dazu, sondern vor allem auch durch seine Erfahrung des Undenkbaren. Er überlebte vier Vernichtungslager der Nazis, in denen seine Mutter, sein Vater, sein Bruder und seine Frau ermordet wurden. Er weigerte sich aufzugeben, wurde stattdessen Lagerarzt und setzte sich dafür ein, die Widerstandskraft der Gefangenen zu erhalten, die wie er alles verloren hatten, auch ihren Lebensmut. Seine Antwort auf die obige Frage ist in seinem Buch Der Mensch vor der Frage nach dem Sinn nachzulesen.
    Er kam zu dem erstaunlichen Schluss, dass selbst unter den unmenschlichsten Bedingungen – Schlafentzug, Hunger und ständige Todesangst – immer die Möglichkeit besteht, innere Stärke zu entwickeln. Im Grunde war dies das Einzige, was die Nazis einem Gefangenen nicht rauben konnten. In den Lagern herrschten sie unumschränkt – über den Besitz, über das Leben derer, die man liebte, und schließlich auch über das eigene Leben. Aber sie konnten einem nicht die Entschlossenheit nehmen, in der Zeit, die einem noch zur Verfügung stand, innerlich zu wachsen.
    So hart und trostlos das Leben in den Vernichtungslagern auch war, so Frankl, es bot stets auch Chancen und Herausforderungen. Man konnte aus diesen Erfahrungen siegreich hervorgehen und das Leben in einen inneren Triumph verwandeln, oder man nahm die Herausforderung nicht an und vegetierte einfach dahin. Laut Frankl gibt dem Menschen gerade eine so außergewöhnlich schwierige äußere Situation die Gelegenheit, spirituell über sich hinauszuwachsen. Die innere Stärke versetzte bisweilen auch weniger widerstandsfähige Gefangene in die Lage, das Leben im KZ besser zu überstehen als andere, die körperlich kräftiger waren.
    Frankl bestätigt, was auch wir inzwischen wissen, dass – egal, welche Ziele wir in der Außenwelt verfolgen – das Leben etwas anderes mit uns vorhat. Wenn zwischen beidem eine Diskrepanz besteht, trägt das Leben den Sieg davon. Frankl sagt, nicht was wir uns vom Leben erwarten, spiele eine Rolle, sondern eher das, was das Leben von uns erwartet. Man müsse entdecken, welche Herausforderung das Leben für einen bereithält, selbst wenn sie nur darin besteht, sein Leiden mit Würde zu tragen, sich für jemand anderen zu opfern oder sich keinen Tag länger der Hoffnungslosigkeit preiszugeben, und sich dann dieser Herausforderung stellen.
    Auf diesem Weg entwickeln wir, woran es in unserer nach außen orientierten Gesellschaft mangelt: innere Größe. Wir sind dazu erzogen worden, Größe mit Menschen in Verbindung zu bringen, die in der Außenwelt zu Macht oder Ruhm gelangt sind, wie Napoleon oder Thomas Edison. Innerer Größe , die jeder entwickeln kann, wo immer im Leben er auch steht, messen wir wenig Wert bei. Dabei ist es nur diese innere Größe, die unserem Leben seinen Sinn gibt; fehlt sie, verliert am Ende die ganze Gesellschaft ihren Sinn.
    Wenn äußerer Erfolg zu hoch eingeschätzt wird, fördert dies die Fixierung darauf, die eigenen Ziele zu verwirklichen. Innere Größe hingegen entwickelt sich nur, wenn das Leben diese Ziele vereitelt. Dann werden wir in den ganz persönlichen, privaten Kampf verwickelt, unsere eigenen Pläne mit dem, was das Leben mit uns vorhat, in Einklang zu bringen. Wir sind gezwungen, im besten Sinne des Wortes selbstlos zu werden und unser Leben einem Ziel zu widmen, das größer ist als wir selbst. Frankl beschreibt in seinem Buch diesen Triumph auch unter den lebensfeindlichsten Bedingungen. Seine wahre Größe offenbarte sich nicht unbedingt in seiner späteren Entwicklung zum erfolgreichen und berühmten Psychiater, sondern darin, sogar der extremsten Notsituation eines Konzentrationslagers einen Sinn abgewonnen zu haben.
    Angst und Mut
    Es gibt noch etwas, das die Umpolung des Verlangens für uns tun kann, und das ist vielleicht das Allerwichtigste – sie ermöglicht uns, Mut zu fassen. Mich hat immer irritiert, dass die Psychotherapie nie thematisiert hat, wie wichtig es ist, Mut zu entwickeln. Dabei wünschte sich jeder meiner Klienten nichts sehnlicher als das. Aber wie die meisten Menschen sehen die Therapeuten darin eine Art mythischer Kraft, die nur Helden zuwächst, die über die menschliche Angst erhaben sind – kein relevantes Thema für die Psychologie.
    Solche Helden gibt es