The Tools - wie Sie wirklich Selbstvertrauen, Lebensfreude, Gelassenheit und innere Stärke gewinnen
Arbeit. Aber so läuft es nicht in dieser Welt. Andere geben uns neue Möglichkeiten, weil sie sich mit uns verbunden fühlen. Dafür kann ich ein Beispiel anführen: Mein bester Freund ist Professor für theoretische Physik an einer angesehenen Universität, weltbekannt und Mitglied der renommierten Akademie der Wissenschaften unseres Landes. Er hat einen Kollegen, der ihm fachlich weit überlegen ist, aber nie für die Akademie nominiert wurde. Warum nicht? Weil er infolge seiner Unsicherheit zu Konkurrenzdenken und Neid neigt und im Umgang schwierig ist. Deshalb kommt er trotz seiner überragenden Fähigkeiten beruflich nicht weiter.
Auch Jennifer hatte Kontaktprobleme, aber aus weniger einsichtigem Grund. Bevor ich sie kennenlernte, hatte sie versucht, von ihrer Karriere als Model zur Schauspielerei zu wechseln. Sie hatte auch schnell einen Agenten gefunden, der ihr Talent erkannte, aber mit dem Vorsprechen war es eine ganz andere Sache. Beim Vorsprechen ist es am wichtigsten, eine Verbindung zu den Anwesenden herzustellen. Jennifer konnte zwar ihren Text fehlerfrei aufsagen, aber ihr Auftreten war so unnatürlich, dass die Zuschauer gelangweilt waren. Nach einer langen Reihe von Absagen trennte sich der Agent von ihr. »Du arbeitest hart und siehst klasse aus«, sagte er, »aber beim Vorsprechen verwandelst du dich in einen Roboter. Vielleicht solltest du zum Psychologen.«
Dazu war sie noch nicht bereit. Sie meinte, aus eigener Kraft über ihre Unsicherheit hinwegzukommen. Dabei ging sie fast genauso systematisch vor wie seinerzeit bei ihrem Sohn, als dieser in den Fußballclub aufgenommen werden sollte. Sie engagierte einen Schauspiellehrer. Dann schrieb sie all ihre ehrgeizigen Ziele auf und visualisierte sich selbst als Oscar-Preisträgerin. Nach diesem Rundumschlag gegen ihre Unsicherheit ging es ihr kurze Zeit besser. Aber nicht lange, dann kehrten die negativen Gefühle – »niemand mag mich« – mit unverminderter Stärke zurück.
Immer wieder haben wir gesehen, wie schwer es ist, die Unsicherheit loszuwerden. Fakten und Vernunft helfen nicht viel. Unsichere Menschen nehmen unglaubliche Mühen auf sich, um ein Ziel zu erreichen, von dem sie sich Besserung versprechen – sie halten Diät, erwerben akademische Abschlüsse oder arbeiten 24 Stunden sieben Tage die Woche, um aufzusteigen. Trotzdem stellt sich hinterher stets wieder das Gefühl der Unsicherheit ein. Die Unsicherheit scheint ein Eigenleben zu haben.
Warum wird man seine Unsicherheit nur schwer los?
Die Antwort wirkt auf den ersten Blick merkwürdig. In jedem von uns steckt ein zweites Ich , ein Wesen, dessen wir uns zutiefst schämen. Aber wie sehr wir uns auch bemühen, von diesem zweiten Ich können wir uns niemals befreien.
Der Schatten
Die Vorstellung eines zweiten Wesens in Ihrem Innern erscheint Ihnen vielleicht unglaubwürdig. Lassen Sie einfach Ihre Zweifel beiseite, und lesen Sie im Folgenden, wie es Jennifer erging.
Nachdem sie eingesehen hatte, dass ihre Unsicherheit irrational war, bat ich sie, die Augen zu schließen. »Gehen Sie im Geiste bis zu dem Elterntreffen zurück, bei dem Sie wie gelähmt waren, und vergegenwärtigen Sie sich noch einmal Ihre Unsicherheit.« Sie nickte. »Bringen Sie jetzt dieses Gefühl aus sich heraus und vor sich, und geben Sie ihm ein Gesicht und einen Körper. Diese Gestalt verkörpert alles, was Sie so verunsichert.« Ich machte eine Pause. »Wenn Sie fertig sind, sagen Sie mir bitte, was Sie sehen.«
Es trat eine lange Stille ein. Plötzlich zuckte Jennifer zusammen und öffnete blinzelnd die Augen. »Uuh«, sagte sie mit einer Grimasse. »Da stand dieses 13 oder 14 Jahre alte Mädchen, pummelig und ungepflegt. Sein Gesicht war teigig, die Haut mit Pickeln übersät … die totale Verliererin.«
Jennifer hatte gerade ihren Schatten gesehen.
Im Schatten ist all das, was wir an uns nicht mögen, aber fürchten, auf ein einziges Bild konzentriert. Es wird »Schatten« genannt, weil es uns überallhin folgt.
Der große Schweizer Psychiater C. G. Jung hat als Erster behauptet, jeder Mensch hätte einen Schatten, unabhängig von seinen Leistungen und Talenten oder seiner äußeren Erscheinung. Der Schatten ist einer von vielen »Archetypen«, mit denen wir geboren werden. Ein Archetyp ist ein bestimmtes Muster, wie man die Welt wahrnimmt. Jeder wird zum Beispiel mit einem Gespür dafür geboren, wie eine Mutter sein sollte. Jung würde in dem Fall von der »archetypischen« Mutter sprechen.
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