The Vampire Diaries - Stefan's Diaries - Schatten des Schicksals: Band 5 (German Edition)
dass sie sich nach den Ereignissen der vergangenen Nacht geradezu bewundernswert verhielt. Tapfer, mutig und entschlossen, und das, obwohl ihre Schwester gerade in ein Ungeheuer verwandelt worden war. Ich konnte mir gut vorstellen, welche Gedanken ihr im Kopf herumschwirrten.
» Ich will Violet retten«, erwiderte ich und hoffte, dass Cora meine Aufrichtigkeit spürte. » Aber wir brauchen einen vernünftigen Plan. Wir wissen nicht einmal genau, mit wem wir es zu tun haben.«
Noch während ich sprach, wusste ich, dass Damon niemals zustimmen würde. Wenn er etwas wollte– Mädchen, Champagner, Blut–, wollte er es sofort. Und das galt erst recht für Rache.
Aus dem Augenwinkel sah ich, wie Cora die Zähne zusammenbiss. » Wir müssen nach London. Ich könnte es mir niemals verzeihen, wenn ich nicht versuchte, alles für meine Schwester zu tun«, sagte sie . Sie schlug die Zeitung in ihrer Hand raschelnd auf und zeigte auf eine weitere Zeichnung. Ich zuckte zusammen und erwartete, erneut Damon zu sehen. Aber stattdessen entdeckte ich Samuel, mit gerecktem Kinn und selbstbewusst winkend wie ein Politiker.
» Lassen Sie mal sehen«, verlangte Damon und riss Cora die Zeitung aus der Hand.
» Samuel Mortimer, der für das Amt des Londoner Regierungsrats kandidiert, verspricht, die Straßen der Stadt sicher zu machen. ›Ich werde den Ripper wenn nötig mit bloßen Händen töten‹, verkündet Mortimer unter jubelndem Applaus«, las Damon vor. » Na, das will ich sehen.«
Ich zuckte zusammen. Samuel Mortimer, abgeleitet von dem französischen Wort für Tod. Natürlich. Doch weder ich noch Damon waren darauf gekommen, obwohl Damon so stolz auf seine Idee war, sich selbst Graf de Sangue zu nennen. Graf des Blutes. Wahrscheinlich war das sogar der erste Hinweis für Samuel auf Damons wahre Natur gewesen.
Ich schüttelte den Kopf. Gab es noch andere Fingerzeige, die wir übersehen hatten? Immerhin war ich selbst auf Samuel hereingefallen. Auch ich hatte geglaubt, dass Damon der Ripper sei.
» Versprechen Sie mir, dass Sie nichts tun werden, bis Violet in Sicherheit ist«, bat Cora. » Dann können Sie ihn meinetwegen töten. Nur lassen Sie bitte nicht zu, dass Violet zu einer bloßen Schachfigur in diesem Spiel wird.«
Ich wollte Cora kein Versprechen geben, das ich vielleicht nicht würde halten können. Ich war nicht einmal davon überzeugt, dass Damon und ich Samuel besiegen konnten, aber ich wusste, dass sich Damon keine Chance entgehen lassen würde, es zu versuchen. Am liebsten hätte ich Cora geraten, vor alledem davonzulaufen, so weit sie konnte. Sie sollte nach Paris gehen, ihren Namen ändern und versuchen, die Vergangenheit zu vergessen. Aber das würde sie nie tun. Violet war ihre Schwester. Cora war mit ihr verbunden– genauso wie ich mit meinem Bruder verbunden war.
Ich nickte Cora schwach zu und das schien ihr zu genügen. Dann rieb ich mir die Augen. Ich fühlte mich wie betrunken. Alles was in den vergangenen vierundzwanzig Stunden passiert war, erschien mir wie durch einen Nebel, als hätte ich es gar nicht erlebt, sondern nur geträumt. Aber es war wirklich geschehen.
Die Abstände zwischen den Feldern wurden immer größer und schon bald waren gar keine mehr zu sehen. Die Luft verlor ihre Klarheit und nahm eine düstere gräuliche Färbung an. Ob es mir gefiel oder nicht, wir näherten uns der Stadt.
» Machen Sie sich keine Sorgen. Wir werden Violet finden«, sagte ich mit hohler Stimme. Ich hoffte, ich konnte Violet lehren, wie man Tierblut trank, wie man seine Blutgier unterdrückte, wie man mit dem ständigen Hunger lebte, so wie Lexi es mich gelehrt hatte. Ich hoffte, dass es für sie nicht zu spät sein würde.
Ein großväterlich wirkender Schaffner mit drahtigem grauem Haar zog den Vorhang zurück und trat ins Abteil. Er tippte sich an seine Mütze und lächelte Cora freundlich an. Ich fragte mich, was er wohl über uns dachte: Drei Geschwister bei einem Ausflug? Zwei junge Liebende und ein Aufpasser? Ich tröstete mich damit, dass er selbst in seinen wildesten Träumen nie die Wahrheit erraten hätte.
» Nächster Halt London!«, verkündete er mit einem argwöhnischen Blick auf Damons blutbeflecktes Hemd. Es war nicht derselbe Schaffner, den wir mit einem Bann belegt hatten, um überhaupt ein Erster-Klasse-Abteil zu bekommen, und ich wusste, dass er uns gleich um unsere Fahrscheine bitten würde.
Damon drehte sich zu ihm um und zog eine Augenbraue hoch. » Vielen Dank«, sagte
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