The Walking Dead 3: Roman (German Edition)
schmaler, und er schürzt die Lippen. Für einen Augenblick sieht er so aus, als ob er einen besonders schwierigen Fall zu diagnostizieren hätte.
Endlich sagt er: »Ich muss nur ein paar Sachen aus der Krankenstation holen, und dann können wir los.« Er schenkt ihnen sein sardonisches Lächeln, das typisch für ihn ist. »Dauert nicht lange.«
Die kleine Gruppe eilt vor den zerfallenden Eingangstoren der Arena über den Parkplatz und vermeidet dabei so gut es geht, von den Einwohnern Woodburys gesehen zu werden.
Die Wolken im Himmel über ihnen lösen sich langsam auf, und Sternenlicht dringt bis zum Boden auf sie herab. Der Mond ist weit und breit nicht zu sehen. Sie schleichen im Gänsemarsch voran, schnell, aber nicht so schnell, dass sie aus Versehen ein verdächtiges Geräusch oder den Eindruck machen würden, als wären sie auf der Flucht. Einige Passanten winken ihnen sogar zu. Niemand erkennt die Fremden – Rick und Glenn –, aber der eine oder andere schaut zweimal hin, als er die Frau mit den Dreadlocks sieht. Martinez treibt sie an.
Einer nach dem anderen klettert über den Zaun im Westen des Parkplatzes. Sie überqueren ein unbebautes Grundstück und gehen auf die Hauptstraße zu. Der Arzt bildet die Nachhut, in der Hand seine Tasche mit den rasch zusammengeklaubten Sachen aus der Krankenstation.
»Was ist der schnellste Weg aus der Stadt?«, will Rick wissen. Er ist völlig außer Atem, und Martinez und er halten im Schatten der Läden an, um Luft zu holen. Die anderen kommen nach.
»Hier entlang.« Martinez deutet auf den menschenleeren Bürgersteig auf der anderen Straßenseite. »Folgt mir einfach, ich bringe euch hier raus.«
Sie eilen über die Straße und tauchen in die Schatten auf der anderen Seite. Der Bürgersteig erstreckt sich über vier Häuserblöcke nach Westen hin, führt unter Markisen und Vordächern hindurch, sodass sie neugierigen Blicken entgehen können. Im Gänsemarsch laufen sie durch die Dunkelheit.
»Je weniger wir uns in der Öffentlichkeit bewegen müssen, desto besser«, meint Martinez zu Rick. »Wir nehmen die nächste Gasse und klettern dann über einen Zaun. Die sind nicht so streng bewacht wie der Haupteingang, da sollten wir keine Probleme haben.«
Sie legen einen halben Häuserblock zurück, als plötzlich eine Stimme ertönt.
» DR . STEVENS !«
Alle werden abgelenkt, und die Haare stellen sich auf Martinez’ Nacken auf. Sie halten abrupt an. Martinez dreht sich um und sieht eine Gestalt um die Ecke des Gebäudes hinter ihnen kommen.
Rasch und instinktiv, ohne nach unten zu schauen, legt er den Finger um den Abzug seines Maschinengewehrs – er ist jetzt zu allem bereit.
Eine Sekunde später stößt Martinez einen Seufzer der Erleichterung aus und nimmt den Finger vom Abzug, als er die Person erkennt, die auf sie zukommt. »Dr. Stevens!«, ruft die Matrone erneut mit schwacher Stimme.
Der Arzt dreht sich um. »Oh, hallo, Mrs. Williams.« Er nickt ihr nervös zu, als die Hausfrau mittleren Alters auf ihn zukommt. Die anderen suchen Zuflucht im tiefen Schatten außerhalb des Blickwinkels der Frau. Der Doktor stellt sich vor sie auf. »Was kann ich für Sie tun?«
»Es tut mir leid, Sie so in Anspruch zu nehmen«, beginnt die Frau. Sie trägt ein abgenutztes, unförmiges Hemdkleid und kurzes Haar, schaut jetzt mit großen Augen unterwürfig zu ihm auf. Ihre Fettleibigkeit und die herunterhängenden Wangen lassen nicht darauf schließen, dass sie früher einmal als Schönheit gegolten hat. »Mein Sohn, William, hat Fieber.«
»Oh … äh …«
»Ist wahrscheinlich nichts Gravierendes, aber ich möchte auf Nummer sicher gehen.«
»Schon verstanden.«
»Haben Sie später vielleicht Zeit?«
»Selbstverständlich. Ich … Ich muss nur kurz …«, stammelt der Arzt, was Martinez auf die Palme bringt. Warum zum Teufel wimmelt er sie nicht einfach ab? Dr. Stevens räuspert sich. »Nur … äh … Schauen Sie doch später in meinem Büro vorbei … Wenn es Ihnen nichts ausmacht … Ich kümmere mich dann um ihn. Ich werde … Es wird schon irgendwie passen.«
»Vielen Dank. Ist alles klar bei Ihnen, Dr. Stevens?« Sie schaut auf die Schatten hinter ihm und wirft ihm dann mit ihren großen, traurigen Augen einen fragenden Blick zu. »Sie scheinen etwas durcheinander.«
»Ja, danke. Es geht mir gut.« Er klammert sich an die Tasche mit den Medikamenten. »Ich bin nur gerade … ich habe etwas Dringendes zu erledigen.«
Martinez beobachtet
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