The Weepers - Und sie werden dich finden: Roman (German Edition)
kümmerte sich mehr um die Straßen, und so wuchs inzwischen Gras aus den Rissen. Mein Magen knurrte. Sollten wir etwa ohne Essen zum Bunker zurückkehren? Was dann? Wenn es wirklich hart auf hart kam, würden wir wohl auf die Jagd nach wilden Hunden oder Katzen gehen müssen.
Dad blieb ohne Vorwarnung stehen. Ich wäre fast in ihn hineingelaufen.
Zwei Leichen lagen auf einem Rasenstück. Ich taumelte ein paar Schritte zurück.
Die Leichen waren zerfetzt, als hätten wilde Tiere ganze Stücke aus ihnen herausgerissen. Die Haut war von blauen Adern durchzogen und die Bäuche schienen aufgebläht. Noch waren die Maden nicht geschlüpft. Diese Menschen waren erst vor Kurzem gestorben, andernfalls hätte die Sonne ihr Fleisch innerhalb weniger Tage ausdörren lassen.
Schließlich erkannte ich sie als unsere Nachbarn. Ein Ehepaar, an dessen Namen ich mich nicht erinnerte, das ich aber tausendmal gesehen hatte – sehr freundliche Leute. Selbst im Tod stand noch der Schock in ihren weit aufgerissenen, leblosen Augen.
Mit einem Zischen entwich Gas aus einem der Körper. Der Gestank war grauenhaft – süßlich, faul und ätzend zugleich. Ich würgte und hielt mir eine Hand vor den Mund. Dad packte mich am Arm und zog mich weg.
»Was ist mit ihnen passiert?«, flüsterte ich.
Dad sah sehr traurig aus. Er hatte sie besser gekannt als ich. »Irgendetwas hat sie angegriffen.«
»Irgendetwas?«
Er sah mich mit gequälter Miene an. »Wahrscheinlich Tiere. Aber ich wüsste nicht, welche wilden Tiere hier in der Gegend dazu fähig wären. Klar, Rotluchse und Kojoten fressen menschliches Aas, aber sie würden ihre Beute niemals so zurichten. Einfach so.«
Ich schluckte. »Was war es dann?«
»Keine Ahnung, Sherry.«
Er log.
»Glaubst du ... glaubst du, das war ein Mensch?« Allein beim Gedanken daran drehte sich mir der Magen um. Bevor die Regierung alle in die Bunker geschickt hatte, waren Gerüchte über eine regelrechte Welle der Gewalt kursiert, die die Stadt heimgesucht hatte. Brutale Morde.
Dad antwortete nicht, doch er presste die Lippen zu einer dünnen Linie zusammen. Das war mir Antwort genug. Wir wussten beide, dass sie vor nicht allzu langer Zeit getötet worden waren. Gut möglich, dass der Killer noch immer irgendwo hier herumschlich.
Als wir zu unserem Auto in der Einfahrt zurückgingen, warf ich einen Blick über die Schulter, konnte jedoch nichts entdecken.
»Sherry?«
Ich drehte mich um.
Eine dicke Rußschicht bedeckte das Auto, so dass es jetzt schwarz und nicht mehr grau war.
»Hilf mir, die Fenster sauberzumachen«, sagte Dad und sah sich nach irgendetwas um, das er als Lappen benutzen konnte. Ich zog den Ärmel über meine Hand und fing an, die Scheibe abzuwischen. Dad beobachtete mich, dann schloss er sich an. Nach ein paar Minuten konnte man ins Innere des Wagens sehen.
Dad nahm die Schlüssel aus der Gesäßtasche sei ner Jeans und schloss auf. Die Tür quietschte, als er sie öffnete.
»Sollen wir mal die Gegend abfahren? Vielleicht treffen wir ja andere Überlebende oder finden sogar was zu essen.«
Dad betrachtete die Ruinen von Los Angeles. Ab und zu wanderte sein Blick zu den Leichen hinüber, die so weit entfernt waren, dass man nur noch ihre Umrisse erkennen konnte.
Ein Brüllen ertönte in der Stille.
Ich zuckte zusammen und hätte fast die Pistole fallen lassen. Mit zitternden Fingern entsicherte ich sie und hob sie hoch. Dad sah sich mit der Flinte im Anschlag um. Das Brüllen hatte sich wie von einem Tier angehört – nur dass mir kein Tier einfallen wollte, das solche Geräusche von sich gab.
»Steig in den Wagen.« Dads Stimme klang ruhig, doch seine Augen konnten seine Panik nicht verbergen.
Ich war wie gelähmt – meine Beine, mein ganzer Körper wollte mir nicht gehorchen. Als ob er gar nicht da wäre, als ob ich nicht da wäre. Verschwunden wie alle anderen. Eine Eiseskälte erfasste meine Zehen, kroch die Beine hinauf und schließlich bis in den letzten Winkel.
»Sherry, steig verdammt noch mal ein!«
Dieses Mal gehorchte mein Körper. Ich öffnete die Tür und glitt auf den Beifahrersitz. Mit zitternder Hand schlug ich die Tür zu und fuhr bei dem Geräusch ein weiteres Mal zusammen. Dad setzte sich hinter das Lenkrad und stellte die Flinte zwischen den Beinen ab. Er brauchte drei Anläufe, um den Schlüssel ins Zündschloss zu stecken.
Ein weiteres Brüllen durchschnitt die Stille – näher diesmal.
Mit der Pistole auf dem Schoß spähte ich durch die
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