The Weepers - Und sie werden dich finden: Roman (German Edition)
liebsten vergessen hätte. Und zwar für immer und ewig.
»Ich muss mir nur noch einen Pullover oder eine Jacke oder so was holen. Es ist ziemlich kalt hier«, sagte ich, deutete auf mein T-Shirt und stand auf. Ich hätte schwören können, dass seine Augen länger auf meine Brust gerichtet waren als nötig.
Joshua zog seinen Kapuzenpullover aus und hielt ihn mir hin, obwohl er selbst nur ein T-Shirt darunter trug, das die Muskeln seines Oberkörpers und seiner Arme betonte. Ich sah den Pullover stirnrunzelnd an.
»Jetzt nimm schon«, drängte er.
Ich schüttelte den Kopf. »Dann frierst du ja.«
»Nein, nein, keine Sorge. Nimm.«
Ich nahm den Pullover mit einem gemurmelten Danke entgegen und zog ihn über mein T-Shirt. Er war noch warm und roch nach ihm. Wie ein herbstlicher Wald. Ich lächelte ihn verlegen an. Er griff nach meiner Hand und hielt sie fest. Es fühlte sich genau richtig an. Perfekt.
Wir schlenderten durch das enge Tor in den Garten. »Apfelbäume.« Er deutete auf eine Baumgruppe und führte mich in die andere Richtung. »Das hier ist das Gemüsebeet. Marie kümmert sich darum. Sie ist ziem lich empfindlich, was ihr Gemüse angeht, deswegen hal ten wir uns lieber davon fern.«
Als er über die verschiedenen Gemüsesorten redete, versuchte ich, aufmerksam zuzuhören, aber seine Nähe lenkte mich ab. Ein paar Hühner pickten auf der Suche nach Futter im Gras herum. Ein Hahn stolzierte in ihrer Mitte. Bei jedem Schritt wackelte sein roter Kamm. Misstrauisch beobachtete er mich. Vielleicht glaubte er, dass ich seine Hennen entführen wollte. Als er plötzlich loskrähte, zuckte ich zusammen und klammerte mich an Joshuas Arm.
Er lachte. »Du bist ganz schön schreckhaft.«
Ich sah ihn böse an. »Ich kann ja nicht ahnen, dass er plötzlich loskräht. Ich dachte, Hähne krähen nur bei Sonnenaufgang.«
»Unser Hahn kräht, wenn er Lust dazu hat – wie es echte Gockel halt so machen.« Ein Grinsen huschte über sein Gesicht.
Ich stieß ihn mit der Schulter an. »Du musst es ja wissen«, sagte ich grinsend und ließ meinen Blick über die angrenzenden Weinberge schweifen.
»Ich würde mir gerne mal das Weingut ansehen, okay?« Ich sah zu Joshua auf. Der Wind blies ihm das blonde Haar ins Gesicht.
Er starrte auf den Horizont.
»Ist es zu gefährlich?«, fragte ich.
Er hob das T-Shirt, sodass die Pistole zum Vorschein kam, die er sich in den Hosenbund gesteckt hatte – und sein braungebrannter, muskulöser Bauch. Eigentlich hätte mich der Anblick der Waffe beruhigen sol len – tat er aber nicht. Stattdessen widerte es mich an, in einer Welt leben zu müssen, in der man nur be waffnet in seinen eigenen Garten gehen konnte. Ich seufzte.
»Was glaubst du, wann wird das endlich aufhören?«, fragte ich. »Was wird als Nächstes geschehen?«
Joshua schüttelte den Kopf. »Wir können nicht ewig so weitermachen – nach Essen und Benzin suchen, Weepers jagen, irgendwann ist das alles völlig sinnlos. Wir müssen irgendwas anderes machen, vielleicht neue Orte auskundschaften.«
»Du meinst, wir sollen Safe-haven verlassen?«
»Nein, das nicht. Eine Zeit lang möglicherweise. Um uns im Rest des Landes umzusehen.«
»Vielleicht sollten wir noch mal versuchen, mit den anderen Überlebenden Kontakt aufzunehmen?«
»Ja. Das wäre eine Möglichkeit. Wenn wir sie überhaupt erreichen können.« Er dachte nach. »Findest du es nicht auch komisch, dass die Funkgeräte alle zur selben Zeit ausgefallen sind?«
»Was meinst du?« Über die Funkgeräte hatte ich mir noch gar keine Gedanken gemacht.
»Unser Funkgerät hat funktioniert, und wir konnten mit den anderen Überlebenden Kontakt aufnehmen. Und dann plötzlich nicht mehr. Und du hast mir erzählt, dass euer Funkgerät auch funktioniert hat, und auf einmal – pfft – nicht mehr. Das ist doch komisch. Als wollte jemand verhindern, dass wir untereinander Kontakt aufnehmen.«
»Aber wer? Es ist doch niemand mehr da.« Offensichtlich war ich nicht die Einzige, die langsam paranoid wurde.
Er sah zum Himmel auf. Etwas in seinem Blick ließ mich verstummen. »Das habe ich noch nie jemandem erzählt. Aber vor ein paar Wochen habe ich während der Jagd etwas Seltsames bemerkt.«
Mit einem Mal war ich mächtig stolz, weil er mir vertraute. Aber ich fühlte noch etwas anderes, das ich nicht genau einordnen konnte. Ich beugte mich vor. Vor lauter Neugier war ich ganz kribbelig. »Was denn?«
»Geoffrey hatte mich gebeten, nach Funkgeräten zu suchen,
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