The Weepers - Und sie werden dich finden: Roman (German Edition)
Niemand weinte, nicht mal Grandma.
Tyler warf die letzte Schaufel Erde auf das Grab und trat einen Schritt zurück. Larry hatte schon lange aufgehört zu reden, und wir schwiegen. Der Wind wurde stärker, zerzauste mein Haar und ließ mich frösteln, weil ich nur das T-Shirt anhatte. Langsam entfernten sich alle vom Grab, bis nur meine Familie zurückblieb. Dann führte Mom Grandma zum Cottage. Bobby folgte ihnen. Ich blieb noch einen Augenblick zurück, als ich plötzlich ein vertrautes Summen hörte. Ich sah zum Himmel auf und bemerkte einen schwarzen Punkt, der immer kleiner wurde. Schon wieder? Jetzt war ich wirklich davon überzeugt, dass ich verfolgt wurde. Was zum Teufel war das nur?
Ich ließ meinen Blick über die mit Rebstöcken überwachsenen Hügel schweifen, aber davon erhielt ich auch keine Antwort. Da bemerkte ich eine Bewegung in der Entfernung. Weepers? Blanke Angst packte mich.
Ich kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können. Aber da war nichts. Erst der schwarze Punkt, dann diese seltsame Bewegung. Hatte ich jetzt schon Halluzinationen? Das war kein gutes Zeichen. Ganz und gar nicht.
Ich drehte mich um und zuckte zusammen, als ich Joshua bemerkte. Er saß auf der Mauer und beobachtete mich. Ich rieb mir die Arme, um mich aufzuwärmen, und ging zu ihm hinüber. Wenn er nichts bemerkt hatte, dann war da auch definitiv nichts gewesen.
Er sprang von der Mauer und landete geschickt auf den Füßen. Ich hätte mir bei einem solchen Sprung glatt die Beine gebrochen.
Dann kam er mit den Händen in den Hosentaschen auf mich zu. Sein blondes Haar war völlig zerzaust. Er blieb vor mir stehen. Sein Blick huschte über das frische Grab.
»Ich wünschte, ich hätte meine Mutter so begraben können.«
Ich blinzelte ihn an und wusste nicht, was ich darauf sagen sollte. »Was ist mit ihr passiert?«
Sie hatten mein Haar völlig ruiniert.
O Mann.
Ich sah mich im Spiegel an: Tränen in den Augen, eine rote Nase und das, was sie eine Frisur nannten. Ich sah wie ein Freak aus. Eine totale Katastrophe. Ein Stufenschnitt – dass ich nicht lachte.
So konnte ich unmöglich in der Schule auftauchen. Was, wenn Brittany mich sah? Sie und ihr Hyänenrudel würden mich wochenlang verspotten. Und Alex erst …
Ich schnäuzte mich.
»Rudolph das kleine Rentier, mit der roten Nase dran …«
Ich wirbelte herum. Bobby stand grinsend in der Tür. Wenn meine Nase rot vom Weinen war, sang er immer dieses Lied, um mich auf die Palme zu bringen.
»Rudolph …«
Ich stürzte mich auf ihn, aber der kleine Mistkerl war zu schnell für mich. Er rannte den Flur hinunter in sein Zimmer und schlug mir die Tür vor der Nase zu. Ich hämmerte darauf ein, während er weiter das blöde Lied grölte. Wieder und wieder und wieder.
»Hör auf!« Das Holz erzitterte unter meinen Fäusten. »Bobby, ich schwör dir, ich bring dich um, wenn du nicht damit aufhörst!«
Aber er hörte nicht auf – er wurde nur noch lauter.
Ich rutschte an der Tür herunter. Früher oder später musste er aus seinem Zimmer kommen. Und dann würde ich ihm kräftig in den Hintern treten.
Dreizehn
Joshua kam einen Schritt näher und nahm meine Hand. Unsere Finger verschränkten sich. Er führte mich zu einer alten Holzbank neben der Mauer, setzte sich und zog mich zu sich herunter. Ich lauschte dem heulenden Wind, während Joshua versuchte, die richtigen Worte zu finden. Ich ließ ihm Zeit. Ich wollte ihn nicht unter Druck setzen.
»Das war noch im Bunker. Wir waren seit über einem Jahr dort, und die Stimmung wurde jeden Tag schlechter.« Er schluckte. »Meine Schwester Zoe hatte Hunger. Das Essen wurde von einer Gruppe von Männern be wacht. Zoe ging zu ihnen. Wahrscheinlich sagte sie ihnen, wie hungrig sie war. Keine Ahnung.«
Ich wartete geduldig, bis er weiterredete. Die Erinnerungen an diesen Tag machten ihm schwer zu schaffen. Er drückte meine Hand noch fester.
»Jedenfalls schubste sie der Anführer dieser Gruppe von sich weg. Sie fiel hin. Mom hat das mitbekommen und ist auf sie zugerannt. Sie sagte irgendwas zu dem Mann, und dann fingen der Mann und seine Freunde an, sie zu schlagen und zu treten. Ich versuchte, sie aufzuhalten, aber es waren so viele. Niemand kam uns zu Hilfe. Alle hatten Hunger und keiner wollte Ärger. Als sich die Männer irgendwann beruhigten, hatte ich überall Beulen. Und meine Mutter war bewusstlos.«
Eine Träne rollte seine Wange hinunter.
»Sie ist nie wieder aufgewacht. Zwei Tage später war sie
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