Themiskyra – Das Versprechen (Band 2) (German Edition)
mit, die aufgestapelten Kisten und Säcke aufzuladen und in die Trainingshallen zu bringen. Alle Verletzten und die weiblichen Toten waren bereits abtransportiert worden. Arbeiter waren damit beschäftigt, die Leichen der Andraket auf einen Karren zu legen und diesen irgendwo jenseits der Stadtmauern abzuladen.
Irgendwann zwischen der gefühlten dreißigsten und vierzigsten Wagenladung stieß Jacintha zu uns. „Wir haben Talya gefunden“, berichtete sie. „Sie lag oben auf dem Turm, tot.“
„Das muss John gewesen sein – oder wie auch immer er heißt.“ Langsam setzten sich die Details in meinem Kopf zusammen. „Zuerst legte er das Feuer. Dann nutzte er das Durcheinander, das während unserer Löschversuche herrschte, und lief den Kamin hoch. Dort hat er Talya hinterrücks …“ Fragend sah ich Jacintha an.
Sie ergänzte grimmig: „Erstochen.“
„… und ihr ihre Waffe abgenommen. Danach wollte er im Stall die Tore zur Weide öffnen, um die Vatwaka einzulassen, aber ich habe ihn dabei erwischt. Jacintha, meinst du, es gehörte auch zu ihrem Plan, uns anzugreifen, während wir nicht voll besetzt waren? Oder war das nur ein Zufall?“
„Sie konnten nicht wissen, ob und wann wir den Viesca-Amazonen zu Hilfe kommen würden. Womöglich haben sie es darauf angelegt und abgewartet, bis deine Mutter und die anderen unterwegs waren.“
„Meinst du … es geht ihnen gut?“ Eine neue Angst breitete sich in mir aus. Was, wenn auch sie in einen Hinterhalt geraten waren?
„Ich gehe davon aus, dass alles in Ordnung ist, und das solltest du auch tun. Wenn sie mehr Mannen zur Verfügung gehabt hätten, um noch eine parallele Strategie zu fahren, hätten sie sie eher hierher geschickt.“
Das klang logisch. Ich würde also versuchen, mir keine Sorgen zu machen. Leichter gesagt als getan. Aber mir brannte noch etwas auf der Seele: „Weißt du, wie es Corazon geht? Habt ihr sie gefunden?“
„Ja, sie war ohnmächtig, hat aber das Bewusstsein auf dem Weg in die Klinik wiedererlangt. Ihr Arm ist gebrochen und sie hat eine Bandverletzung am Sprunggelenk, davon abgesehen ist sie kerngesund.“
Ich atmete auf. „Wen haben wir alles verloren?“
„Von der Wache Johanna und Talya, außerdem Jadea, Aimee, Rehani und Amastris. Von der Arbeiterschaft Cosima und den jungen Bodyguard deiner Schwester.“
„Und Tetra“, ergänzte ich traurig. So viele Leben verschwendet. So viel Leid. Amastris war die Mutter von einem der jüngeren Mädchen gewesen, Sophie. Mein Herz zog sich vor Mitleid zusammen. Und durch Grace hatte ich Idiotin ihr ausrichten lassen, dass alles wieder gut sei … Ich seufzte.
Jacintha schüttelte den Kopf und zuerst dachte ich, sie könne es genauso wenig fassen wie ich. Dann aber sagte sie: „Nein, Tetra lebt, auch wenn es sie ziemlich übel erwischt hat. Sie ist auch in der Klinik. Sevishta operiert noch.“
Ich riss die Augen auf. „Was?“
„Sie wird wieder, bestimmt. Sie ist hart im Nehmen.“
Meine Erleichterung ließ die Welt einen Moment lang taumeln. Tetra lebte. Mein Gesicht machte komische Sachen und mit Verwunderung analysierte ich, dass es sich dabei um ein fettes Grinsen handelte. Es musste Monate her gewesen sein, seit ich dazu das letzte Mal fähig gewesen war. Dankbar fiel ich Jacintha in die Arme und drückte sie kurz, dann sprintete ich zur Klinik hinüber.
Sie ließen mich nicht zu ihr, obwohl die OP inzwischen beendet war. Sevishta versicherte mir aber, dass es Tetra den Umständen entsprechend gut ging, und versprach mir, dass ich sie am nächsten Tag würde sehen dürfen. Dann hetzte sie weiter, in dieser Nacht gab es viel für sie und Deianeira zu tun. Ich reinigte und desinfizierte im Eilverfahren meine offenen Wunden, dann suchte ich Corazon auf. Obwohl ihr linker Arm in einer Schlinge lag und ihr Fuß mit einem Verband umwickelt und hochgelagert lag, war sie putzmunter.
„Ist ja auch nach Mitternacht“, teilte sie mir heiter mit.
Ich denke aber eher, dass es an den Schmerzmitteln lag – und an ihrem Stolz, die erste richtige Schlacht mit so heldenhaften Verletzungen überstanden zu haben.
„Geht es den anderen gut?“, erkundigte sie sich.
Ich zögerte. „Victoria und Polly sind unverletzt“, begann ich.
„Aber?“ Corazons Augen glommen ängstlich auf.
„Rehani ist tot.“ Was half es, die Wahrheit weiter hinauszuzögern. Also berichtete ich, was geschehen war.
Ihr Entsetzen und ihre Trauer wichen rasch einem rasenden Zorn. „Hast du den
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