Themiskyra – Das Versprechen (Band 2) (German Edition)
ich so frei gewesen. Ich war geflogen. Obwohl ich wusste, dass das wunderbar überwältigende Gefühl, das mich dabei durchströmt hatte, das Grauen des vergangenen Abends größtenteils aufgelöst hatte, wagte ich immer noch nicht, die Augen zu schließen.
Er schlang seinen Arm um meine Taille, zog mich näher an sich und sah mich an – und zwar auf eine Art und Weise, als käme ich vom anderen Stern. Ich runzelte die Stirn, weil ich nicht wusste, ob das ein gutes oder schlechtes Zeichen war, und er glättete sie wieder mit seinem Zeigefinger.
„Ich bin kein Alien“, murmelte ich.
„Nein, du bist wunderschön.“
„Pah.“ Das kam wohl allzu verächtlich. Die Bewunderung in seinem Blick verschob sich zu Sorge.
„Geht's dir gut?“
„Ja“, seufzte ich. „Besser als jemals zuvor. Die perfekte Gelegenheit für eine Zeitblase.“ Ich drückte ihm einen Kuss auf den Hals. „Oder?“, fragte ich sicherheitshalber nach einer kurzen Pause nach. Konnte ja sein, dass es gar nicht so toll gewesen war, wenn man einen Vergleich hatte.
„Definitiv.“ Die Tiefe seines Blicks ersparte mir weitere Nachfragen.
„Du?“
„Ja?“
„Ich muss mal.“ Ich wollte den Moment nicht zerstören, aber es ging wirklich nicht anders.
„Na gut.“ Unwillig ließ er mich los und sah mir dabei zu, wie ich mit wackligen Knien Kleidung zusammensuchte, nachdem ich über ihn drüber aus dem Bett geklettert war. Da ich mich nicht dazu aufraffen konnte, mich wieder in meine klamme Hose zu quetschen, schlüpfte ich nur schnell in die Unterwäsche, mein Oberteil und die Stiefel und zog mir Louis' Hemd drüber, das lang genug war, um für mich als Minikleid durchzugehen. Jetzt war ohnehin niemand mehr unterwegs, alle schliefen und erholten sich von den Schrecken des Abends.
Ich nahm die Laterne von der Veranda und lief über den Platz zu einem kleinen Haus, das die sanitären Anlagen für die Hüttensiedlung beherbergte. Auf der einen Seite war der Eingang für die Herren, den kannte ich aus der Zeit, als ich Dante gesundgepflegt hatte, auf der gegenüberliegenden Seite der Zugang zu den Damentoiletten. Auch hier befanden sich drei abschließbare Kabinen mit jeweils einer Dusche, einer Toilette und einem Waschtisch mit Spiegel, alles sehr schlicht, aber sauber und einigermaßen modern. Da ich kein Aufsehen erregen wollte, ließ ich das elektrische Licht aus.
Nachdem ich auf der Toilette war, wusch ich mir die Hände und sah mich dabei aufmerksam im Spiegel an. Ich hätte gedacht, dass ich irgendwie anders aussehen müsste. Ich fühlte mich anders. Ich konnte keine Einhörner mehr sehen. Nicht, dass ich vor dieser Nacht jemals eins gesehen hätte. Jetzt war es jedenfalls zu spät dafür. Ich trocknete meine Hände ab, trat näher an den Spiegel – und verharrte. Plötzlich konnte ich es erkennen. Louis hatte recht. Völlig unglaublich, aber unbestreitbar.
Ich war schön.
Gut, ich hatte Schatten unter den Augen, einen blauen Fleck an der Schläfe und mein Kinn war etwas geschwollen, aber trotzdem. Meine Wangen waren leicht, meine Lippen stark gerötet, meine Augen leuchteten und meine Haare glänzten im Kerzenschein. Alles war in perfektem Verhältnis zueinander angeordnet, Stirn, Augenbrauen, Nase, Lippen. Auf einmal. Ich sah weg und wieder hin. Das Bild blieb. Zog eine grausige Grimasse. Trotzdem schön.
Wild. Ich bin gespannt, ob die Schönheit morgen wieder verschwunden ist. Morgen, ach morgen … Morgen würde es viel zu schnell sein und ich vertrödelte kostbare Louis-Zeit, indem ich diese zauberhafte Außerirdische begaffte. Eilig schnappte ich mir die Laterne und lief zurück zur Hütte. An der Treppe sah ich mein Schwert lehnen, aber ich hatte nicht die Kraft, mich zu bücken und es hochzuheben. Ich wollte nie wieder ein Schwert in der Hand halten.
Ich schloss die Tür hinter mir und drehte mich um. Es war heller im Raum, offenbar hatte Louis Holz nachgelegt. Er saß an das Kopfende des Betts gelehnt und seine Haut, noch gebräunt von der Sommersonne, wirkte golden im Licht des Feuers. Er sah auf, lächelte mich an und streckte die Arme nach mir aus. Mein Herz machte einen Satz und mir wurde bewusst, dass mich dieser Anblick glücklicher machte, als alles andere auf der Welt, dass er sogar besser war, als die Ekstase, die ich zuvor erlebt hatte. In Windeseile schlüpfte ich wieder aus den Stiefeln und der Kleidung und zu ihm ins Bett. Er breitete die Decke über uns aus und nahm mich in den Arm.
Seine Hand strich
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