Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition)
müde zurück. Ich hatte nicht mal mitbekommen, wer von den beiden wer war.
Tetra verabschiedete sich und lenkte Hekate durch das Tor; wir ritten bis in die Mitte des menschenleeren, aber ebenfalls mit einigen Fackeln erleuchteten Hofes. Sie saß ab und reichte mir ihre Hand. Ich fiel mehr vom Pferd, als ich abstieg, aber Tetra fing mich auf. Meine Beine konnte ich vor Schmerzen kaum bewegen und was den Zustand meines Hinterns betraf, war ich davon überzeugt, nie wieder sitzen zu können. Tetra legte mir fürsorglich einen Arm um die Schulter und schwenkte den anderen mit einer ausladenden Geste.
„Willkommen in Themiskyra, Ell. Willkommen in der Stadt der Amazonen.“
Kapitel 4
Ich hätte fast gelacht, aber dann sah ich Tetras Gesichtsausdruck und mir wurde klar, dass sie es ernst meinte.
„Wie … Amazonen?“, brachte ich schließlich nicht sehr intelligent hervor. Von der Thematik hatte ich nur eine sehr vage Vorstellung. „Kriegerische Mannweiber, die sich halbnackt im Schlachtgetümmel wälzen?“
Tetra wirkte amüsiert. „So ähnlich. Aber eigentlich ganz anders. Du wirst das alles in den nächsten Tagen erfahren. Jetzt musst du dich erst mal ausschlafen.“
Obwohl ich so müde war, protestierte ich – man konnte mich doch nicht mit ein paar Details neugierig machen, aber mir das große Ganze, das dahintersteckte, verschweigen! –, aber sie schob mich kommentarlos auf ein mehrstöckiges Gebäude zu, an dessen Eingang sie die Zügel des Pferds locker um einen Pfosten schlang.
Wir traten durch eine massive Eisentür und gingen einen kurzen, von einer Fackel beleuchteten Gang entlang, der mit Metall vertäfelt war – vermutlich ein Erbe aus Heizkraftwerkzeiten. Er mündete in einen etwa zwanzig auf zwanzig Meter großen Innenhof mit gemustertem Mosaikfußboden und einer Glaskuppel, die sich gut fünfzehn Meter über uns wölbte und durch die ich die Sterne funkeln sah. Es war zu düster, um Details ausmachen zu können, aber ich erkannte Ledersofas und Sessel, einen steinernen Kamin und viele hohe Pflanzen, die im Schein vereinzelter Fackeln ziemlich unheimlich aussahen. Umgeben wurde der offene Bereich von vielen schlichten Eisensäulen, die die oberen drei Stockwerke trugen. Ihre Flure führten als Galerien rund um das Atrium. Insgesamt wirkte es wie eine wilde Mischung aus Industrie-Schick und Landhausstil mit Gewächshauseinflüssen.
Tetra nahm eine der Fackeln aus der Halterung und ging mir voran die Metalltreppe hoch. Außer dem nachhallenden Geräusch unserer Schritte war es vollkommen still. Ich folgte staunend und stumm – und mit schmerzenden Beinen. In der ersten Etage liefen wir den Flur entlang, von dem rechts viele Türen abgingen. Links konnte man über ein schlichtes Eisengitter nach unten ins Atrium blicken.
An einer der Türen blieb Tetra stehen und klopfte leise an. Als sich nichts rührte, klopfte sie kräftiger, ein verschlafenes „Jaaa?“ ertönte und sie öffnete die Tür.
Ein Mädchen mit dunklen, schulterlangen verstrubbelten Haaren hatte sich im Bett aufgesetzt und rieb sich müde die Augen, während es mit der anderen ein brennendes Streichholz an eine Kerze hielt. In dem Moment, als es mich sah, riss es jedoch die Augen auf und starrte mich groß an.
„Polly, entschuldige, dass wir dich stören, aber ich brauche deine Hilfe“, sagte Tetra und schob mich ins Zimmer. „Das ist Ell, sie wird hier bei dir schlafen. Könntest du dich um sie kümmern? Wir sind gerade erst angekommen und ich muss Hekate dringend versorgen – wir hatten heute einen anstrengenden Tag.“ Mit einem Seitenblick auf mich fügte sie hinzu: „Wir alle . Das heißt, ich wäre dir sehr dankbar, wenn du unserem Gast die nötige Bettruhe zukommen ließest und sie nicht die ganze verbleibende Nacht mit Fragen wachhieltest.“
Polly war schon nach dem ersten Satz aus dem Bett gehopst und strahlte Tetra aus hellbraunen Augen an.
„Aber natürlich! Mach dir keine Sorgen, Tetra. Ich übernehme das.“ Mit diesen Worten schob sie sie aus der Tür, aber Tetra blieb nochmal stehen und nickte mir zu.
„Schlaf gut, Ell. Hier bist du sicher.“ Lächelnd ließ sie mich in der Obhut dieser lebhaften Person zurück.
„Hallo“, begrüßte mich diese.
Wir beäugten uns gegenseitig. Sie war einen halben Kopf kleiner als ich, schlank, aber muskulös, trug ein knielanges weißes Nachthemd am Körper und ein begeistertes Grinsen im Gesicht. Sie musste dreizehn oder vierzehn Jahre alt
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