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Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition)

Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition)

Titel: Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dani Aquitaine
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Apotheke gewesen. Diese war zwar, wie fast alles, seit etwa einem Jahr geschlossen – verbarrikadiert wäre wohl der bessere Ausdruck dafür. Die Arzneimittelbestände retteten uns aber nun auf andere Weise das Leben – als Tauschmittel waren sie pures Gold wert. Mein Vater hatte mir nur erlaubt, die „ungefährlichen“ Medikamente zu tauschen, aber auch für einfache Schmerzmittel und Vitamintabletten konnte man fast alle Dinge des täglichen Bedarfs auf dem Markt bekommen. Mir persönlich wäre es egal gewesen, was ich den Leuten hätte geben müssen, damit sie mich dafür mit Lebensmitteln versorgten. In Folge des Verfalls waren so viele Menschen an Typhus, Cholera und anderen Krankheiten gestorben – ein paar zu hoch dosierte Tabletten hätten die Statistik sicherlich kaum in die Höhe getrieben. Aber ich hielt mich an die Regeln.
    Die wichtigen, „gefährlichen“ Tabletten hatte mein Vater aber auch deswegen zurückgehalten, damit er im Notfall helfen konnte. Das war der Grund dafür gewesen, dass wir nicht wie so viele andere aufs Land hinaus gezogen waren, um dort den Wirren der Großstadt zu entgehen. Mein Vater hatte gewusst, dass er hier noch gebraucht wurde, dass er einer der wenigen sein konnte, die das Leid zumindest etwas lindern konnten. Deswegen war er Tag und Nacht unterwegs gewesen, um den Kranken zu helfen und die Seuche in Schach zu halten.
     
    „Ja, die Medikamente“, äffte mich der Tattooschädel nach.
    „Die sind im Keller“, flüsterte ich erschöpft.
    „Da haben wir schon nachgesehen“, widersprach Lederjacke. „Der Mann hat auch gesagt, dass das Zeug da ist, aber wir haben nichts gefunden.“
    Grauen rieselte mir die Wirbelsäule entlang. „Ihr wart zu blöd zum Suchen und habt deshalb meinen Vater umgebracht?“, fragte ich mit bebender Stimme.
    „Wir hätten ihn sowieso umgebracht“, sagte Vokuhila ungerührt. „Also, wo genau ist das Zeug?“
    „Im Keller …“
    „Wo da?“, knurrte Tattooschädel und machte eine ungeduldige Geste mit der Pistole.
    Lederjacke bog meinen Arm weiter hoch und ich keuchte vor Schmerz auf.
    „… in der Banktruhe in der Sauna“, stieß ich aus.
    „Sehr brav.“ Tattooschädel ließ die Waffe sinken und kniff mir in die Wange. Ich erwog kurz, ihm in die Hand zu beißen, aber es grauste mich zu sehr. Er sah zu Vokuhila und nickte in Richtung Kellertreppe. „Schau nach.“
    Vokuhila zog eine weitere Taschenlampe aus der Jackentasche und verließ die Küche. Wir warteten.
    „Was wollt ihr denn mit dem Zeug?“, fragte ich schließlich.
    „Verkaufen“, sagte Tattooschädel.
    „Verkaufen“, wiederholte ich wie betäubt und dachte an die Ausbeute meines heutigen Verhandlungsgeschicks auf dem Schwarzmarkt. Die paar Pillen schienen mir nicht den Aufwand und zwei Morde wert zu sein. Andererseits – was war ein Menschenleben noch wert?
    Ich hatte mittlerweile jeglichen Widerstand aufgegeben und starrte nur wie paralysiert ins Leere.
    Sie werden dich umbringen, sagte mein Verstand, aber die Erkenntnis entsetzte mich nicht mehr.
    Es ist mir gleich. Vielleicht ist es ja auch gar nicht so schlimm zu sterben. Ich könnte wieder bei meinem Vater sein. Und bei meiner Mutter, unbekannterweise. Ich fühlte mich unglaublich schwach. Meine Beine zitterten, meine Arme schmerzten vom Grabschaufeln und vom brutalen Griff meines Verfolgers. Ich war nicht mal mehr zu der Wut fähig, die ich zuvor empfunden hatte. Ich wollte einfach nur noch schlafen. Und wenn der Tod die einzige Möglichkeit war, ein bisschen Ruhe zu bekommen, dann wollte ich ihn mit offenen Armen empfangen.
    „Hab's gefunden!“, hörte ich Vokuhila gedämpft aus dem Keller schreien.
    „Gut“, befand Tattooschädel. Er besah sich das Durcheinander auf dem Küchenboden und hob eine breite Rolle Textilklebeband auf, die er neben uns auf den Küchentisch legte, genauso wie den Revolver. „Fessel sie, aber lass sie vorerst am Leben und sorg dafür, dass sie bei Bewusstsein bleibt. Vielleicht ist wo anders auch noch etwas versteckt, dann kann sie uns bei der Suche behilflich sein“, sagte er mit einem hässlichen Grinsen, bevor er sich auf den Weg machte, um mit Vokuhila die Bestände zu sichten.
    „Jep“, sagte Lederjacke.
    Tattooschädels Aussage ließ meine Hoffnung auf einen schnellen und vergleichsweise entspannten Tod schwinden – und riss mich zugleich aus meiner Betäubung. Das war vielleicht meine letzte Möglichkeit zur Flucht. Einem Einzelnen konnte ich womöglich

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