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Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition)

Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition)

Titel: Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dani Aquitaine
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in meinem Herzen war auch wieder jede Menge Platz frei geworden, nachdem ich Louis aus meinen Gedanken verbannt hatte.
    Sein abweisendes Verhalten bei unserer letzten Begegnung machte es mir etwas leichter, ihn aus meinem Kopf herauszuhalten, aber nicht viel, denn mein trickreiches Herz schob mir ausschließlich die positiven Bilder vor die Linse – wie sich sein erleichtertes Gesicht aus der Dunkelheit geschält hatte, als ich aus meiner Ohnmacht erwacht war. Unser Heimritt, seine Nähe, sein Lächeln. Dennoch gelang es meinem Verstand, stets eine negative Erinnerung hinterher zu schicken und damit die Oberhand zu behalten.
    Und eines Nachmittags stellte ich fest, dass mein erster Gedanke am Morgen nicht Louis gegolten hatte. Darüber war ich so erleichtert, dass ich den Rest des Tages mein Amazonen-Höhlenweibchen-Mantra gedanklich in Liedform trällerte und ihm, als ich ihm das nächste Mal über den Weg lief, ohne nachzudenken ein strahlendes Lächeln schenkte. Er erwiderte es nicht, natürlich nicht, aber es führte dazu, dass aus seiner eisigen Ablehnung für einen Moment lichte Verwirrung wurde. Mein Verstand hieb daraufhin bitterböse auf mich ein und ich biss mir auf die Lippe und sah zu, dass ich weiterkam.
     
    Im Monat darauf wurde ich auf Atalantes Befehl der Jagd- und Fischerei-Gruppe zugeteilt. Das war ein Problem. Zumindest für mich. Den anderen mochte das Gemetzel nichts ausmachen, mir aber wurde schon beim Gedanken daran schlecht, Tiere ausnehmen, häuten oder abschuppen zu müssen. Genau das hatte ich auch einige Wochen zuvor unvorsichtigerweise zu Atalante gesagt. Meine Mutter war natürlich entsetzt gewesen, dass ich mich diesbezüglich als solcher Weichling herausstellte.
    „Wenn du Fleisch essen möchtest, musst du auch imstande sein, ein Tier zu töten“, hatte sie gesagt.
    „Dann“, hatte ich konsequenterweise erklärt, „werde ich in Zukunft kein Fleisch mehr essen.“
    Das hatte ihr nicht gepasst, aber sie hatte es damit vorerst auf sich beruhen lassen. Da es ohnehin nicht oft Fleisch zu essen gab, fiel es mir meist nicht schwer, mein Vorhaben durchzusetzen. Die paar Mal jedoch, wenn in der Woche dampfendes, duftendes Fleisch aufgetragen wurde und ich mit steinerner Miene in meinem Gemüse stocherte, während mir beim Anblick des Bratens das Wasser im Munde zusammenlief, war die Versuchung sehr groß, nachzugeben.
    Was mich schließlich dazu brachte, meinen Protest-Vegetarismus wieder aufzugeben, war die Tatsache, dass ich meinen Proteinbedarf kaum decken konnte. Da ich den ganzen Tag auf den Beinen war, davon mehrere Stunden exzessiv Sport trieb und an den Nachmittagen bei der Feuerfühlenden Clonie in der Schmiede schuftete, war ich Abends fast am Verhungern, fühlte mich jedoch gleichzeitig fast zu schwach, die Treppenstufen hinunter zum Speisesaal überhaupt zu meistern. Ich begann, mir jeden Morgen ein Pausenbrot für zwischendurch zu schmieren, aber das reichte nicht. Und als ich eines Tages beinahe nach hinten umfiel, als ich den Schmiedehammer hob, hatte ich genug.
    Ich entschuldigte mich bei Clonie, lief in die Kardia und stürmte ohne anzuklopfen in Atalantes Zimmer. Sie sah verwundert von den Papieren auf, die sie gerade studierte.
    Hitzig teilte ich ihr mit: „Du hast gewonnen. Ich gebe auf!“
    Ohne ihr den Triumph einer Erwiderung zu gewähren, rannte ich wieder treppab und direkt in die Küche, wo ich mich unter lautem, aber amüsierten Protest der Küchenamazonen über einen Schinken hermachte. Diesmal hätte mich auch die dicke Myrto nicht aufhalten können.
    Als ich meinen ersten Rehbock erlegt hatte, weinte ich bittere Tränen. Polly war bei mir. Sie tröstete mich und zeigte mir, mit welchen Worten ich mich bei Artemis dafür bedanken musste, dass sie uns das Tier geschenkt hatte. Ich wusste, dass mir den Bock keiner geschenkt hatte, sondern dass ich, eine Mörderin, ihn aus dem Leben gerissen hatte. Nachts warf ich mich hin und her, geplagt von Albträumen, in denen mich große, langbewimperte Rehaugen anklagend ansahen. In bizarren Träumen versuchte ich, die Tiere auf alle möglichen Arten zu retten, aber es gelang mir nie. Und auch im richtigen Leben konnte ich sie nicht vor dem Tod bewahren, aber mir wurde bewusst, wie kostbar das Fleisch war, das ich nun wieder verzehren durfte.
    Auf der anderen Seite hatte die Jagd auch schöne Aspekte. Wir ritten stundenlang durch den sonnendurchfluteten Wald und folgten den Fährten der Wildtiere oder saßen in den

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