Themiskyra – Die Begegnung (Band 1) (German Edition)
Doch das wurde auch nicht verlangt. Keine wurde gezwungen, an den Zeremonien teilzunehmen, aber aus Respekt vor dem Glauben der anderen und weil ich es interessant fand, wollte ich nicht darauf verzichten.
Atalante erbat sich einen Segen von der Göttin, der die künftigen Mütter auf ihrem Weg begleiten, sie erfolgreich und wohlauf wieder nach Themiskyra zurückbringen sollte. Die Amazonen stimmten daraufhin Jubelrufe an und der offizielle Teil war beendet. Atalante gab jeder Yashta eine Tasche mit Proviant mit, bevor sie unter fröhlichen Rufen zu ihren Pferden begleitet und verabschiedet wurden.
„Sie feiern gar nicht mehr mit?“, wunderte ich mich.
„Die sind so nervös, dass sie sowieso keinen Bissen herunterbekämen“, kommentierte Polly respektlos.
Nachdem ich Padminis Verfassung vorhin mitbekommen hatte, konnte ich mir das gut vorstellen. Als die drei im dunklen Grün des Sommerwaldes verschwunden waren, kehrten wir zum Festplatz zurück und das große Fressen begann. Danach fanden Spiele und andere Zerstreuungen statt, aber meiner Schwester, Victoria, Corazon und mir war nach dem reichhaltigen Mahl eher nach einem Spaziergang zumute und so liefen wir durch den Wald zum Fluss.
Das Hochwasser hatte das Flussbett an dieser Stelle seitlich ausgespült, sodass sich eine etwas tiefer liegende Gumpe gebildet hatte, in die das Wasser hinein floss und einen kleinen Strudel bildete, bevor es wieder an einigen Felsbrocken vorbei in den Fluss zurückströmte. Wir ließen unsere erhitzten Beine hinein baumeln und genossen die Kühle des Wassers.
Meine Gedanken wanderten automatisch zu Louis, wie immer in letzter Zeit, wenn sie sich unbeschäftigt wähnten, aber mein Verstand verbannte ihn sofort aus meinem Kopf und wandte sich anderen Dingen zu, die mich fast genauso intensiv beschäftigten.
„Werdet ihr euch als Yashti melden, wenn ihr alt genug seid?“, fragte ich und verfolgte mit den Augen eine Libelle, die über dem Wasser schwebte.
„Klar“, kam es wie aus der Pistole geschossen von Victoria. „Die Chance werde ich mir nicht entgehen lassen! Ich will doch nicht als Jungfrau sterben.“
Corazon und Polly sahen sie fast angewidert an.
„Was?“, fragte Victoria trotzig, wurde aber rot. „Das war nur eine ehrliche Antwort!“ Dann grinste sie Corazon schräg an. „Und du solltest das auch in Betracht ziehen – dann hast du endlich mal einen triftigen Grund, dir die Nächte um die Ohren zu schlagen.“
Corazon streckte ihr weit die Zunge heraus.
„Ich werde mich nie und nimmer melden“, sagte sie entschlossen und ließ ihre Beine bekräftigend ins Wasser platschen. Flusswasser spritzte uns um die Ohren. „Erst hast du einen 'Shim an der Brust und dann einen schreienden Säugling. Und dazwischen wirst du aufgedunsen und schwerfällig. Ohne mich.“ Sie schüttelte den Kopf.
„Ich bin auch raus“, meldete sich Polly zu Wort.
„Geht nicht. Du musst“, versetzte Corazon und Polly verzog ihr Gesicht, als stünde ihr eine Weisheitszahn-OP bevor.
„Wieso muss sie?“, fragte ich. „Ich dachte, das Ganze findet auf freiwilliger Basis statt und keine muss mehr?“
„Polly schon“, erklärte Victoria. „Polly ist Atalantes Tochter und wird die nächste Paiti. Also muss sie zusehen, dass sie selbst zu einer Tochter kommt, die dann dereinst Themiskyra anführt.“
Pollys Miene heiterte sich auf einmal auf.
„Ell ist auch Atalantes Tochter“, sagte sie triumphierend und mir gefiel nicht, welche Wendung das Gespräch plötzlich nahm. „Wenn ich Paiti bin, setze ich ihre Tochter als Diadoka ein. Das ist gestattet. Das gab's schon öfter. Ich bin also doch raus!“
„Vergiss es“, sagte ich schärfer als beabsichtigt. „Ich bin vielleicht ihre Tochter, aber ich bin hier nicht geboren. Ich werde nie so dazugehören wie ihr …“ So gut es mir tat, dass die drei sich sofort überschlugen, um mir zu widersprechen, es änderte nichts an meinem Standpunkt.
„Wie auch immer, ich mach dir auf keinen Fall die Leihmutter, Polly, und schon gar nicht lass ich mich auf dieses Zuchtprogramm mit irgendwelchen degenerierten Hinterwäldlern ein.“ Wenn überhaupt, dann will ich … fuhr ich im Geiste fort, vor dem ohne mein bewusstes Zutun ein Bild von Louis entstand. Dem netten, der auf dem Hof stand und zu mir hochlächelte, nicht dem arroganten von eben.
Verdammt!!! Als ich merkte, welche Richtung meine Gedanken eingeschlagen hatten, stieß ich mich ohne zu überlegen vom Ufer ab und sprang in
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