Themiskyra – Die Suche (Band 3) (German Edition)
er lange nicht so sauer war, wie nach der Sache mit Gio, belastete mich sein Schweigen.
„Ces, wenn ich dir sagen würde, dass es nicht so ist, wie du denkst, klänge das wohl ziemlich abgedroschen, oder?“
„Und ziemlich unglaubwürdig“, gab er zurück, ohne aufzusehen. „Mich interessiert eigentlich nur eines: Willst du deine Suche nach meinem Bruder fortsetzen?“
„Natürlich“, sagte ich nachdrücklich. „Ich liebe ihn.“
Von nebenan drang ein genervt-gelangweilter Laut durch die Wände.
„Keine Sorge, ich bin gleich weg!“, rief Ces und zog den Reißverschluss seiner Tasche mit einer entschiedenen Geste zu.
„Was heute Abend geschehen ist“, sagte ich laut und deutlich, „wird nicht wieder passieren und es wird mich nicht von meinem Ziel abbringen.“
Bevor Ces aus dem Zimmer gehen konnte, trat ich ihm in den Weg und umarmte ihn. „Ich danke dir. Dass ich unter deinem Schutz stehen durfte. Dein Clan kann stolz auf dich sein“, sagte ich so leise, dass Will es nicht hören konnte. Da Ces die Hände voll hatte, konnte er meine Geste weder erwidern, noch abwehren, aber als ich ihn losließ, sah ich, dass er gegen seinen Willen ein kleines bisschen lächeln musste. „Es war mir eine Ehre.“
„Wohin ziehst du?“
„Erst mal ins Kinderzimmer ein paar Räume weiter. Ich wollte schon immer mal in einem Stockbett schlafen.“
„Okay. Gut. Dann … schlaf gut, ja?“
„Du auch.“
Ich war wirklich ein bisschen wehmütig über Cesares Auszug; ich hatte mich an ihn gewöhnt und hatte das Gefühl, dass etwas zu Ende gegangen war, was nie wieder so sein würde. Aber ich war so vieles in dieser Nacht. Erleichtert, schockiert, erschöpft, aufgeregt, enttäuscht, frustriert – und vielleicht ein kleines bisschen verliebt.
Nachdem ich die Kerzen gelöscht und mich hingelegt hatte, fragte Will plötzlich aus dem Nachbarzimmer: „In welchen Vogel verwandelst du dich bei Vollmond?“
„Ich selbst kann mich nie erinnern, was in den Vollmondnächten passiert. Aber wahrscheinlich in einen Spatz.“
Als mich der Schlaf übermannte, lachte Will immer noch.
Nach diesem Abend mied ich Charondas' Erben. Sie waren mir anfangs nur lächerlich erschienen – und da hatte ich sie schon nicht gemocht. Nun aber wusste ich, dass sie auch gefährlich waren.
Wenn ich ihre Uniformen nur von fern sah, ging ich Umwege, um einen Kontakt zu vermeiden, und wenn das nicht möglich war, wechselte ich zumindest die Straßenseite. Ich hatte keine Lust darauf, von diesen Möchtegern-Ordnungshütern durchsucht und gedemütigt zu werden, außerdem konnte ich nicht ausschließen, dass sie mich doch noch mit den Vorfällen an der Awin in Verbindung brachten.
Ich konnte nachträglich kaum nachvollziehen, dass Miller uns die Geschichte abgekauft hatte. Aber ich wollte mein Glück nicht überstrapazieren, indem ich ihm nochmal über den Weg lief und ihm dabei womöglich ins Gedächtnis rief, wie unglaubwürdig unsere Vorstellung auf der Brücke gewesen war.
Will hatte versucht, mir meine Vorbehalte auszureden. „Es ist eigentlich eine gute Truppe, mutige Leute, die an die Zukunft dieser Stadt glauben. Sie haben sich ein Ziel gesetzt und halten daran fest, obwohl ihnen klar sein muss, dass es kaum zu realisieren ist. Trotzdem haben sie schon einiges geschafft. Weißt du, es ist schon schwierig genug, sich vor dem Übel zu verstecken, aber es gehört einiges dazu, ihm entgegen zu treten. Und irgendjemand muss ja versuchen, die Ordnung wieder herzustellen.“
„Indem sie diejenigen bestrafen, die ihre eigentliche Aufgabe erfüllen und Verbrecher bekämpfen?“, fragte ich beißend.
„Neulich ist das einfach blöd gelaufen. Wenn ich mich an die Regeln gehalten und keine Schusswaffe benutzt hätte …“
„Dann wäre ich jetzt tot oder verkauft. Diese Regeln sind lächerlich, wenn sich nur diejenigen dran halten, die ohnehin niemandem etwas tun, während sich Vatwaka ungestraft mit Munition eindecken.“
„Watwa- was ?“
„Nix“, winkte ich schlecht gelaunt ab.
Er hingegen grinste mich an. „Sieh es doch mal positiv! Der Abend hatte durchaus auch erfreuliche Aspekte …“ Ich schüttelte seine Hand ab, die meinen Rücken entlang zu meinem Nacken gewandert war. Und zwar bevor sie eine Gänsehaut erzeugen konnte, mit der ich mein inneres Höhlenweibchen nicht belasten wollte.
Mein Erlebnis mit Guys Gang hatte mich misstrauischer und vorsichtiger werden lassen. Ich war wachsamer als zuvor und ging,
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