Themiskyra – Die Suche (Band 3) (German Edition)
meinen Ohren waberte nur ein kakophonisches Durcheinander.
Lasst mich doch endlich in Ruhe! wollte ich schreien, aber meine Kehle war wie zugeschnürt.
Plötzlich wurde ich aus meiner Starre gerissen. Physisch. Nicht nur in meinem Kopf. Kraft, nicht meine, zog meine Beine, meinen Rücken nach oben, in die Wärme, und durch das Rauschen in meinen Ohren drang das schnelle Klopfen eines Herzens. Nicht meines. Und ein unendlich guter, vertrauter Geruch strömte mir in die Nase und setzte ganz langsam meine Denkprozesse wieder in Gang. Vage Hoffnung durchfuhr mich in unregelmäßigen Schüben und die unverständlichen Laute formten sich zu Worten.
„Ell!“, rief Louis und seine Stimme klang panisch und erleichtert zugleich. Mehr Stimmen.
„… weniger Licht …“ Das war Munin.
Das grelle Rot meiner Lider wurde etwas weniger unerträglich und ich öffnete die Augen einen winzigen Spalt. Zuerst erkannte ich nur verschwommene Helligkeit, dann wurde ein dunkles Augenpaar sichtbar, das mich voll Besorgnis betrachtete.
„Ell“, sagte Louis sanfter. „Du bist in Sicherheit.“
Ich konnte wieder sehen.
Angestrengt begutachtete ich die Umgebung, erblickte die Wände eines Gangs, der aus denselben groben Steinen gemauert zu sein schien wie meine Zelle, aber im Gegensatz zu ihr ohne sichtbares Ende in beide Richtungen verlief. Ein Strahler, auf den Boden gerichtet. Waffen, grimmige Gesichter, Schmutz, Blut. Nia, Will, Phoenix, Ces, weitere Gestalten, weiter weg.
Ich glaube, diesmal sind sie echt.
Louis redete weiter beruhigend auf mich ein, während er mich an seine Brust gedrückt hielt. „Llandre ist tot. Alles ist gut.“
Munin, Shirokko, Chiara.
Und Celeste.
Alles war gut, bevor du zu dämlich warst, die verdammte rosa Bürste zu verstecken! Bevor Erleichterung auch nur Fuß fassen konnte, brandete Wut in mir auf und gab mir neue Kraft. Ich kämpfte gegen seine Arme an, die mich zögernd losließen und auf dem Boden absetzten. Meine Glieder schmerzten von der langen Bewegungslosigkeit, aber ich hielt mich aufrecht.
Ungefähr zwei Sekunden lang. Will machte einen schnellen Schritt auf mich zu und streckte die Arme aus, um mich zu stützen, aber Reste meines Verstandes diagnostizierten alarmiert Nicht vertrauenswürdig! Ich wich ihm aus, hielt mich kurz an der Wand fest und taumelte dann auf Ces zu.
Ces war sicher. Nie hatte er mich belogen, nie im Stich gelassen. Er fing mich auf und hob mich hoch. Das letzte, was ich wahrnahm, war Louis' völlig niedergeschlagener Gesichtsausdruck, dann verschluckte mich erneut die Dunkelheit.
Sie hatten mich wieder in Lancelots Raum einquartiert. Phoenix hielt Wache und ließ weder Louis noch Will zu mir, die jedoch getrennt voneinander immer wieder vor der Tür auftauchten. Ich vernahm hitzige Diskussionen bis hin zu Streit und Drohungen, aber Phoenix blieb standhaft. Sein Schwur von ewiger Treue und Gefolgschaft bis in den Tod machte sich bezahlt.
Die meiste Zeit schlief ich nur. Munin sah regelmäßig nach mir und überwachte meinen Gesundheitszustand; Chiara brachte mir Essen und half mir, meinen Magen ganz langsam wieder an feste Nahrung zu gewöhnen. Sie war es auch, die dafür sorgte, dass die Kerzen im Zimmer nachts nicht ausgingen. Ich fragte mich, ob sie sich für meinen Zustand verantwortlich fühlte. Ob sie sich wünschte, in der Ordensvilla noch fester mit dem Pokal zugeschlagen zu haben.
Manchmal war Ces da, manchmal Verne. Nia besuchte mich nicht, aber ich konnte verstehen, dass sie sauer auf mich war, weil ich mich nach meiner Befreiung Ces so in die Arme geworfen hatte. Bis auf Chiara hatten es alle aufgegeben, sich mit mir unterhalten zu wollen. Ich konnte nicht sprechen und wollte nicht hören, was sie sagten. Chiaras muntere Stimme strich einfach über mich hinweg, wenn sie mir von Banalitäten aus dem Alltag erzählte, während sie geflissentlich alle Themen mied, die mit meinem Verschwinden zu tun hatten.
Tage vergingen und obwohl ich sie nun durch Licht und Dunkel voneinander unterscheiden konnte, hatte ich keinen Anreiz, sie zu zählen, sie waren ohnehin alle gleich. Irgendwann war ich kräftig genug, um aufzustehen, aber den Raum verließ ich nicht, obwohl ich mich regelmäßig davon überzeugte, dass die Tür nicht versperrt und Phoenix noch da war.
„Gestern Nacht gab's wieder Ärger“, erzählte er mir eines Tages. „Hoffe, der Lärm hat dich nicht geweckt.“
Ich schüttelte den Kopf. Lärm war phantastisch, wenn ich nur niemals
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